Was mich gestern, heute oder morgen geärgert hat

Tragikomödie zum Thema Ansichtssache

von  Lala

Was mich heute geärgert hat? Bestimmt keine Spinnen oder Weberknechte oder andere acht- oder sechsbeinige.

Der Spatenstich eines SPD-Ministerpräsidenten für die Errichtung einer Potsdamer Fassade, der hat mich heute, am 25.3.2010, geärgert. Ach, wer denkt beim Anblick vom brandenburgischen Ministerpräsidenten und Sozialdemokraten Platzeck, der mit Spaten in der Hand, den Hohenzollern ein neues, altes Schloss bauen will, an das rote Wahljahr von 1912? Wer denkt: was für ein Hohn: „Preußen ohne Legende?“ Wohl nicht all zu viele.

Was fällt uns glücklichen Menschen in Germania ein? Was fällt uns ein, nachdem wir erleben durften, wie Mauern fielen statt Bomben? Was fällt uns ein? Fassaden alter Säcke, alter Bärte aufzubauen. Botox Spritzen zu verpassen. Botox gegen die Stirnfalten und die Vergangenheit; Botox-Fassaden für Zombie-Hohenzollern. Für Gespenster, die maßgeblich dafür sorgten, dass der Traum vom Platz an der Sonne mit dem Platz in der Hölle endete.

Aber? Das ist kein Problem. Nö. Schlimmer finden wir Deutschen anscheinend, die Jahre der bräsigen, ich-liebe-euch-doch-alle Klotz- und Imponierbauweise der Stalinisten, schlimmer als die Weltmachtfantasien eines Hauses, eines Staates, der 1947 endgültig und ohne Wiederkehr beerdigt worden ist und dessen Taten und dessen Romantisierung von Nationalkonservativen und sogenannten Unpolitischen, wenn man die Bekenntnisse eines Manns gelesen hat, die Welt in den Abgrund gestürzt und Massenmorde en gros begangen hat.

Preußen ist mit vollem Recht 1947 von den Alliierten beerdigt worden. Aber der Alte Fritz? Der 23 Jahre Krieg führte, der Kriegsfürst? Ist immer noch so glanzvoll, dass er jedem Deutschen Gefreiten, ZDF Zuschauer oder ungefreiten Staats- oder Pildungsbürger die Tränen derart in die zu kurz gekommenen Weichteile treibt, dass sie seinem Haus, dem Haus der Hohenzollern, dem wahrlich schwulen Fürsten und dem degenerierten Möchtegernkaiser ohne Bart, ihre Scheiß-Schlösschen wiederaufbauen wollen. So süßlich, zuckerbäckerhaft beschissen und romantisierend wie die Ruine, die man von Sanssouci erblicken kann.

Es ist wohl so. Wir Teutonen haben eben keine Fantasie. Keinen Mut, etwas Neues zu wagen. Obwohl wir spätestens seit 1990 neu sind. Sind wir etwa feige? Haben wir etwa keine Idee was wir wollen? Wer wir sind? Sind wir die Inkarnation als Nation des Dänenfürsten? Wollen wir wirklich nur einen historisierten Stadtkern für Japaner mit Fotokamera oder der Firma Disney eine schöne Vorlage für ein Logo für den Vertrieb von Zeichentrickfilmen liefern - auch wenn das die Wittelsbacher verbrochen haben?

Wahrscheinlich. Postkartenmalereien von historischen Stadtansichten rühren anscheinend unser Gemüt. Ergo: Postkartenmaler stehen bei uns eben hoch im Kurs. Noch immer.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(20.12.17)
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