Loli, meine neue Bekannte

Kurzprosa zum Thema Alltag

von  KayGanahl

Loli hat, seit ihr der sie ständig erotisierende Penissier begegnet ist, alles erfahren, was es zu gewissen Dingen des Lebens zu erfahren gibt. Ihr steht alles bis oben hin und darüber hinaus. Ich habe sie vorgestern kennen gelernt. Was sie mir über ihre Erfahrungen mitgeteilt hat, hat mein Interesse für sie als Mensch geweckt. Loli, so ihr Spitzname, kennt das Leben. Genau deswegen mag sie es so gar nicht mehr leben, das Leben.
"Ist das wahr, ... Loli?"
"Och, ja ... doch!" antwortet Loli sehr zurückhaltend und popelt in ihrer Nase. Schatten liegen auf ihren Augen. Ist sie depressiv? Furchen durchziehen ihr Gesicht, nun ja, sie sieht älter aus als sie ist. In ihrem roten Spitzenkleidchen wirkt sie auf mich weltfremd-verrückt, doch ich lasse sie meinen Eindruck nicht spüren.
Wir stehen unterhalb meines Fensters am Rasengrund, auf dem eine Kinderschaukel steht, die nicht mehr benutzt werden darf. Über uns braut sich ein Unwetter zusammen, wo sich noch ein paar Donnervögel den Weg durch den Äther bahnen. Ich blicke sie eingehend an. Sie erwidert meinen Blick mit einem Gesichtsausdruck der Zerstreutheit. Kindergeschrei. Rufe von Müttern. Gelächter von Dachdeckern auf den Dächern der Nachbarn. Eine Polizeisirene. Schadstoff-Emissionen vom Schreiner nebenan.
Ich gucke zu dem Fenster meiner Bude hoch, mein Schicksal ist - rein gefühlsmäßig - offen. Rein gefühlsmäßig!
Loli wendet sich kurz entschlossen von mir ab, so dass ich ihr in diesem Moment wirklich nur noch hinterher schauen kann. Wie es mit ihr weitergeht? Diesbezüglich habe ich keine Ahnung, es geht mich auch nicht wahnsinnig viel an, muss ich sagen! Sie ist äußerst sprunghaft in ihren Meinungen, Neigungen und Interessen, lässt sich mal anleiten, mal nicht. Und sie wechselt ihre Kleidung so oft wie ihre Meinung, auch ihre Neigung zu dem einen oder anderen Herrn der Schöpfung - vermutlich interessiert sie sich jetzt wieder mehr für ihren Penissier, dessen Gesicht ich am Holzzaun gesehen habe, der eines der Nachbargrundstücke vom Bürgersteig trennt, auf dem ich mehrmals täglich meinen Hund an der Leine ausführe.

Wer ist Loli? Ich vergesse sie nun. Das muss unbedingt sein. Es gibt wichtigere Dinge zu denken. Zum Beispiel: - Die Zeiten-Wende wird durch all unser Denken und Tun keineswegs eingeläutet werden. Brauchen wir sie überhaupt, diese Zeiten-Wende? Ich bin von Beruf Philosoph, arbeitslos. Meist habe ich Schlagseite, - die leeren Flaschen, die ich gern zum Fenster rauswerfe, werden vom Hauswart immer wieder aufgehoben und in die Mülltonne geworfen. Er schreit vorher kurz nach oben, wenn mein Fenster auf ist. Mit diesem "Mistkerl, Versauer!" im Ohr lege ich mich auf mein schäbiges Bett und schlafe ein. Dann ist es oft nachmittags und die Musik vom CD-Player schäumt mich in meine kleinen Träume. Dann kann ich ein bisschen nachdenken.
Und dann finde ich mich zurecht.
--- Denke,... durchaus, aber das Denken wird neuerdings teilweise verboten. Es wird über die Praktizierung aller Denkprozesse gewacht. Die Wächter, die im Irgendwo in Zimmern mit Hochtechnologie sitzen, wissen genau, was los ist in den Köpfen aller. Die Köpfe würden sie am liebsten abschlagen - allesamt, doch das wird ihnen von der Führung nicht gestattet. Sie bedauern es zutiefst, sind sich aber darüber einig, dass sie ihrer Führung nach wie vor bedingungslos gehorchen müssen. Aber tatsächlich kennen sie sich besser mit Hochtechnologie aus als mit Schwertern, mit denen Köpfe abgeschlagen werden. ---

Kay Ganahl
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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (11.08.18)
Doller Einstiegssatz, auch wenn ich keine Ahnung habe, was ein "Penisseur" ist.
Leider verliert danach der Text zunehmend, er hat kein Zentrum und keinen roten Faden, so mein Eindruck. Fast wirr ist der Absatz über die plötzlich auftauchende und unerläuterte Zeitenwende, verstehe ich gar nichts von.

Gute Nacht.
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