Zellverband

Text zum Thema Biographisches/ Personen

von  Momo

Diese Zellen wollten nicht sterben, sie wollten leben, auch, wenn alles um sie herum starb, auch, wenn es niemanden mehr gab, dem sie angehören würden. Ihr unbändiger Lebenswille führte dazu, dass sie sich in einem Reagenzglas teilten und teilten und 1951 schließlich begannen, ihren Siegeszug um die Welt anzutreten.

Es waren die Krebszellen der farbigen Tabakarbeiterin Henrietta Lacks. Mit ihnen gelang es dem Medizinerehepaar George und Margaret Gey erstmals, außerhalb des Körpers menschliche Zellen zu züchten. Sie entwickelten ganz unabhängig von einem lebendigen Körper ein Eigenleben, das bis heute existiert und die Basis der Zellforschung bildet.
Im gewissen Sinne ist Henrietta Lacks dadurch unsterblich geworden, auch, wenn sie schon längst begraben wurde.

Mich brachte diese außergewöhnliche Geschichte auf den Gedanken, ob sie diese Zellen zu Lebzeiten auch als einen Teil ihres Körpers betrachtet hätte oder eher als Feinde, Eindringlinge, die bekämpft und ausgemerzt gehörten. So wie die meisten Menschen, die Krebs oder eine andere, schwere Krankheit haben, hätte sie sie wohl eher als Bedrohung wahrgenommen, die ihre Integrität in Frage gestellt hätte, nicht als Teil ihrer Selbst.

Und ob ihre Tochter, die Jahre später durch ein Mikroskop die Zellen ihrer Mutter bewunderte, sie ganz ergriffen wunderschön fand, sie auch noch schön gefunden hätte, wenn sie gewusst hätte, dass es ausschließlich Krebszellen waren, deren Aktivität sie sah? Das bleibt dahin gestellt.

Fakt ist, dass Henrietta Lacks mit ihrem Körper erst die moderne Zellforschung ermöglichte und damit sicher zur Heilung vieler Krankheiten und Entwicklungen neuer Therapien beitrug.


Anmerkung von Momo:

Aufmerksam geworden auf diese ungewöhnliche Geschichte bin ich durch einen Sat 3-Beitrag vor einigen Wochen über das Leben der Henrietta Lacks.

Ein neu herausgekommenes Buch heißt: The immortal life of Henrietta Lacks

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Kommentare zu diesem Text

steyk (57)
(19.05.10)
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 Momo meinte dazu am 19.05.10:
Da gebe ich dir Recht, manche Dinge entziehen sich einer eindeutigen Beurteilung und wollen nur betrachtet werden.

Mir fiel bei dieser Sendung auf, wie selbstverständlich der Zugriff der wissenschaftlichen Elite auf einen Teil des menschlichen Körpers gehandhabt wurde, ohne auf den Gedanken zu kommen, dafür vllt eine Erlaubnis der Verwandten einholen zu müssen, geschweige denn, diese an dem Geld teilhaben zu lassen, das mit ihm erwirtschaftet wurde. Lag es möglicherweise daran, dass es Schwarze waren, die sowieso nicht ihre Rechte wussten und darum auch nicht einklagen konnten? Ganz im Gegensatz zur heutigen wissenschaftlichen Forschungsindustrie, die sich Patente auf Rechte zuschreiben lassen, die eigentlich der Natur zustehen würden.
Das waren so Gedanken, die mir im Nachhinein auch noch kamen.

Mit Dank und lieben Grüßen
Momo

 AZU20 (20.05.10)
Ich habe die Sendung zwar nicht gesehen, aber das Thema ist natürlich faszinierend. Außerhalb des Körpers sind es natürlich wie innerhalb zunächst einmal ganz normale Zellen, die im Körpernur an ungeeigneter Stelle wieder mit der Teilung beginnen. LG

 Momo antwortete darauf am 20.05.10:
Ja, nicht wahr? Es sind normale Zellen, die sich dem übrigen Zellgefüge im Körper aber nicht mehr unterordnen, sondern eigene Zellkolonien bilden und damit beginnen, ins Uferlose zu wuchern.

Danke für Deinen Kommentar und *chen

L.G. Momo
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