Die Seifenblasengesellschaft

Gedanke zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Ganna

Als ich vor einigen Jahren  früh an einer Bushaltestelle in Berlin stand, betrachtete ich die Häuser gegenüber, die mitunter einfallsreiche Gestaltung der Fenster und Balkone und dachte:
Hinter diesen Fassaden wohnen im Durchschnitt vielleicht drei Menschen in einer Wohnung. Auf jeder Etage eines Hauses gibt es zwei oder drei Wohnungen und in jedem Haus fünf oder sechs Etagen.  Viele Häuser haben Hinterhäuser, rechte und linke Seitenflügel, mache auch einen zweiten oder dritten Hinterhof. In jeder Straße gibt es 37 oder 213 oder 587 Häuser, in jedem Stadtbezirk 245 oder 303 Straßen und 12 Stadtbezirke.
Die ganze Stadt beherbergt mehr als 3.405.000 Menschen, zu den offiziell gezählten kommen noch die Illegalen, Versteckten und Landstreicher auf der Durchreise.
Eine Zahl wie 3.405.000 nimmt so wenig Platz ein auf dem Papier.
3.405.000 Seifenblasen bilden dagegen einen großen Seifenblasenschaum. Genauso sind wir, wie Seifenblasenschaum. Jeder von uns ist so eine kleine schillernde Blase, die sich für einmalig und das Zentrum des Universums hält.
Dabei sehen wir für einen Seifenblasenunkundigen alle gleich aus. Was natürlich ein Trugschluss ist, denn tatsächlich ist jede Seifenblase einmalig. Jede schillert auf eine andere Weise, da das Sonnenlicht jede Blase in einem anderen Winkel trifft. Das erklärt auch, dass jede Blase ein individuelles Verhältnis zur Sonne hat und eine nur ihr eigene Sicht auf die Welt.
Blasen unterscheiden sich durch ihre Größe und Lage voneinander.  Die Lebensdauer einer Blase wird durch ihre Spannkraft bestimmt, die sich aus ihrer Größe im Verhältnis zur Menge und Qualität der Seifenlauge ergibt. Es kann beobachtet werden, dass große Blasen zu einem schnelleren Platzen neigen. Das haben sie nun davon, mag manch einer denken. Die Inanspruchnahme von mehr Volumen im Gesamtschaum kostet Kraft, was sich offenbar lebensverkürzend auswirkt. Wenn so eine große Blase sich erschöpft hat und platzt, ordnen sich die Nachbarblasen unverzüglich neu. Sie schieben sich zusammen, bestrebt die Lücke zu füllen, wobei es einer bis dahin unter der Oberfläche existierenden Blase gelingen kann, ans Licht vorzudringen.
Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob es für eine Blase von Vorteil ist, sich der Sonne auszusetzen – abgesehen vom schöneren Schillern – streben sie mehrheitlich dahin.

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Kommentare zu diesem Text

ETH (34)
(28.06.15)
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 Ganna meinte dazu am 29.06.15:
...ja, verstehe ich sofort...ich entferne ihn...

Danke!
Sätzer (77)
(13.08.15)
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 Ganna antwortete darauf am 15.08.15:
Hallo Uwe,

...ich bin heute sehr nachsichtig gestimmt und gebe zu, dass manche Blase nur des schöneren Schillerns wegen nach der Sonne streben mag, ohne sich für etwas Besonderes dabei zu halten...auch das ist möglich, insofern fehlt es dem Text an Differenzierung, aber es ist schließlich nur ein Bild...

lg Ganna
Sätzer (77) schrieb daraufhin am 15.08.15:
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Festil (59)
(18.12.15)
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