sogar erdbeerherzen frieren.

Text zum Thema Abschied

von  Erdbeerkeks

Wenn ich in den Spiegel sehe, sind meine Lippen blass und meine Lider geschwollen, aber wenn ich mich mit stillem Suchen in den Augen den Polaroids an meiner Wand zuwende, merke ich, wie schön ich war. Nicht so zum Niederknien, wie du, zugegeben, aber der kalte Winterwind und die wirbelnd tanzenden Flocken um unsere Nasen herum malten mir rosa Nebel auf die Wangen. Ich lächele im Stillen.
Wenn ich meine Knie zur Brust hochziehe, meinen warmen Atem an meinen Beinen spüre und ich diese ganzen alten Erinnerungen um mich herum sehe, geht es mir gut. Denn ich weiß ja. Es sind soviele bunte Bilder, aber sie sind so klein, so bescheiden, wie die winzigen Notizen, die ich an meinem Spiegel hinterließ, während du schliefst. Gott, du bist so schön gewesen. Du hattest das Bett vollkommen zerwühlt und inmitten dieses Chaos lag die Perfektion. Meine Perfektion. Und für eine kleine Weile war ich auch deine, weißt du noch?
Irgendwie vermisse ich dein Atmen.
Von den Sommerbildern habe ich die meisten. Ich habe ihn gehasst, Frühling und Herbst hätten ihn zermalmen sollen, während ich im Winter lag und auch, wenn ich sie heute ansehe, brechen sie mir das Genick. Unsere einst ehrlichen Lächeln verspotten mein Jetzt und mein Blick an dich, meine Gesten, meine kümmerlichen Worte, die nicht mal an deiner Fassade kratzten… Alles verlor an Wert.
Wenn ich jetzt noch Träume hätte, würde ich sie alle verschlucken. Träume sind was für Träumer und ich dachte immer, ich habe Fantasie. Ich hab mich in die falsche Schublade gesetzt, als du sie zuschobst, doch mittlerweile weiß ich, dass irreal sein nicht fantasieren ist. So hätte ich sie alle verschlungen, als du gingst und niemand hätte sie vermisst. Aber irgendwo zwischen diesem bittersüßen Glück und trügerischer Sicherheit hab ich sie ohnehin längst vergessen. Das tut nicht ganz so weh. Sie sind irgendwo zwischen dem Staub unserer Vergebung verloren gegangen und wie sehr ich auch blättere und wühle, ich finde sie nicht wieder. Vielleicht will ich das auch nicht. Sie waren nette Mitbewohner, die Kleinen, aber wir alle wachsen, nicht wahr? Und wir alle brauchen Platz. Wir alle breiten uns aus und werden zu den Größen, die wir als kleine Funken Nichts immer bewundert haben.
Und so packten sie ihre Koffer, traten aus der Tür und gingen.
Und mein Herz ist keine Zweiraumwohnung mehr.

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Kommentare zu diesem Text

SuseChrist (33)
(20.06.10)
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 Erdbeerkeks meinte dazu am 20.06.10:
danke erstmal (:
natürlich weiß ich was du meinst und ich verabscheue selber dieses abgegriffene und versuche es eigentlich immer zu vermeiden... mir persönlich kamen sie demnach nicht klischeehaft vor, aber gut, dass ich weiß, wie das so auf andere wirkt. ich werd nochmal schauen, was sich daran so ändern lässt, aber ich werde es wahrscheinlich so lassen müssen, weil sonst ne menge vom sinn verloren geht und sowas. trotzdem danke für die verbesserungsvorschläge (:

liebste grüße vom tiefgekühltem keks.

 SunnySchwanbeck (21.06.10)
Find ich gut.
Wird meiner Meinung nach, nach dem dritten Absatz ein bisschen holpriger aber insgesamt ist es keksig und der Schwanbeck gefällt es.
Vorallem die Sache mit den Polaroids. Ich liebe sie einfach.
Allerdings würde ich beim letzten Satz das "Und" streichen. Das brauchst du nicht, der Satz ist auch so stark genug. Finde ich übrigens auch nicht abgegriffen, auch wenn er ohne den Koffersatz noch genauso gut wäre.

Kuss.
S.

 princess (22.06.10)
Intensiv.
Konzentriert.
Leicht gepinselt, bei aller inhaltlichen Schwere.
Und: Die letzten beiden Sätze bleiben wie sie sind.
Alles klar?
;-)
LG Ira
Eiskristall (19)
(19.09.10)
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