Auf der Höhe der Zeit

Satire zum Thema Zeitgeist

von  Momo

Mein Sohn bekam gestern Besuch von seinem Freund, Typ Großkotz, die Hose rutschte ihm fast vom Hintern, weil man das heute so trägt, und auf der Nase eine große Sonnenbrille, weil das doch so cool ist.
Ich hätte ihn gar nicht in mein Haus gelassen, wenn es mein Besuch gewesen wäre, aber es war ja nicht meiner, war ja der von meinem Kind.

Seine Freunde sind auch meine Freunde, so habe ich’s immer gehalten, obwohl ich schon zugeben muss, dass ich leichte Aversionen verspürte, als er da so stand, vor der geöffneten Tür, breitbeinig, mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Hey, was geht, Alder?“ Und mein Sohn darauf: „Yeah Mann, Scheiß drauf, komm rein.“

Und wenn ich ihn dann später sogar noch in meiner Küche höre mit seinem lauten Organ und seiner fiesen Lache, die durchs ganze Haus schallt, dann nehme ich mir vor, ihn das nächste Mal ganz bestimmt nicht mehr rein zu lassen, auch wenn ich weiß, dass ich mich nicht daran halte, weil es ja der Besuch von meinem Sohn ist, nicht meiner.

Und seine Freunde sind auch meine Freunde, na ja, Freunde ist jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben, aber ich respektiere sie.

Ja.

Auch, als einer von ihnen mein Fahrrad klaute, weil er gerade mal eins brauchte, (ich sah es nie wieder) auch, wenn sie meinen Garten mit ihren Abfällen zu müllen und auch, als sie einmal nach einer Feier gemeinsam im Trupp besoffen durchs Dorf grölten und einer von ihnen sich danach vor meine Ladentüre zum Schlafen legte.

Auch das respektiere ich - und, sind wir nicht alle einmal jung gewesen?
Da sollte man doch genügend Toleranz aufbringen und darauf hoffen, dass sich noch einiges verwächst, oder?


Anmerkung von Momo:

Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob es nicht doch nötig sein wird, meine Sprache seiner anzupassen, damit er und ich uns nicht eines Tages noch völlig sprachlos gegenüber stehen.

Ich schwankte bei der Einordnung des Textes zwischen Satire und Gleichnis, musste mich aber entscheiden, und habe mich für Satire entschieden. :)

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Kommentare zu diesem Text

chichi† (80)
(27.06.10)
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 Momo meinte dazu am 27.06.10:
Nein, nicht verdammen, aber ins Grübeln kommen ist schon ganz angebracht, oder?

Vielen Dank, Chichi, und liebe Grüße
Momo
SigrunAl-Badri (50)
(27.06.10)
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 Momo antwortete darauf am 27.06.10:
Jeder bekommt die Kinder, die er verdient, ist es nicht so?

Danke für Deinen Besuch, Sigrun, hat mich gefreut, auch für die angenehmen Spuren, die er hinterlassen hat. ;)

Liebe Grüße, Momo

 AZU20 (27.06.10)
Jetzt zweifele ich aber auch ein wenig an deinem Sohn. LG in den sonnigen Sonntag

 Momo schrieb daraufhin am 27.06.10:
Ist doch "nur" ein Text, Azu. ;)

Zweifeln, verzweifeln, da liegen die Grenzen nahe beieinander und manchmal verschwimmen sie auch.

Danke Dir für's Lesen und *chen.
Ja, mein Sonntag ist auch sonnig und warm, hoffentlich bleibt er so

liebe Grüße, Momo
starfish8305 (49)
(27.06.10)
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 Momo äußerte darauf am 27.06.10:
Beim Schreiben dieses Textes habe ich zwar aus dem großen Fundus an Erfahrungen geschöpft, die ich in harten Zeiten gesammelt habe, aber einiges ist natürlich auch übertrieben. ;)
Sie gehören schon der Vergangenheit an, und, wie Du auch bemerktest, Zeiten ändern, sich, ihn, mich, Dich, und anderes.

14, hm, dann hast Du ja noch einiges vor Dir. :)

Ich freu mich, dass Dir der Text gefallen hat und bedanke mich für Komm und *chen

liebe Grüße, Momo
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