Wenn Nadelkissen Herz werden, und du deine Kleinheit vergisst.

Text zum Thema Stillstand

von  SunnySchwanbeck

Wir sitzen schon lange so da. Mit Magnetenhänden unter Gewitterwolken, lassen den Regen für uns sprechen. Die Stille drückt langsam auf meinen Brustkorb und ich kralle meine Fingernägel in ihre durchscheinende Haut. „Du bleibst doch, Lou, du bleibst doch.“ Kein "oder", dieses kleine Wort würde ihr Ticket sein, weg von mir, in einem VW Bus, weg von mir, in eine bunte Welt ohne Regengespräche, weg von mir und meiner Kleinheit.
Sie streicht sich ihre regennassen Locken aus dem ausgepeitschtem Gesicht und starrt weiter auf das trübe Wasser vor uns.
„Selbst wenn wir fallen, fliegen wir, richtig Nono? Das stimmt doch.“ Mit ihrem Blick starr auf die Wellen gerichtet fängt sie an zu weinen, zerquetscht meine Hand in ihrer.

Ich stehe auf, reiße, zerre, schleife sie hinter mir her in die belebte Stadt. Lasse sie mit jedem Idioten alleine, mit der Hoffnung in meinem Nadelkissenherzen, er könne ihr Leben einhauchen, ihr den Schmerz aus der Brust reißen und sein Herz darin platzieren.
Ich sitze so rum, trinke ein Glas nach dem anderen, irgendwas was warm macht denn um mich herum ist es so kalt und in mir drin erst recht. Ich trinke die ganze Flasche leer und fülle sie wieder, mit Gedanken und Abschieden und werfe sie über die Promenade in die Fluten.
„Flieg, flieg weg. Und wenn es irgendwo bunter ist, nimm mich mit.“

„Nono, er liebt mich, oder?“ Sie legt mir ihre Magnethand auf die bebende Schulter, in der anderen klebt bereits die Klaue eines Mistkerls der sie gleich hinter der nächsten Ecke vögeln wird, ich weiß das, all das. Lou und ihr Herz und ihre Liebe und all ihr Leid das sie mich intravenös immer wieder spüren lässt. All das kenne ich, so gut wie mich und meine Wunden.
Ich trinke noch einen Schluck aus fremden Flaschen, stopfe mein Nadelkissen mit fremden Nadeln und hauche ihr einen Kuss aufs glühende Gesicht.
Während die Nadeln zu Speeren werden und ich mein Herz mumifiziere flüstere ich.
„Lou, mein Schatz. Meine kleine, süße, Lou. Natürlich liebt er dich. Und wir sind alle riesengroß.“

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Kommentare zu diesem Text


 Unbegabt (18.08.10)
wortlos.
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