Medizin im Mund

Text zum Thema Erkenntnis

von  Erdbeerkeks

Flüchtest dich in alte Lieben, mit gebeugten Blicken hinter Schultern. Es wird doch alles gut, am Ende, wird es doch. Oder? Streichel dir durchs Haar und forme Seifenblasenlügen mit Märchenlippen.
Ich häng mich wie einen Schatten um deinen Hals und bettele nach Lieb-Mich. Kralle mich in deinen Rücken, schrei dir bröckliges Glück ins Ohr, kleb mich wie Staub toter Küsse auf deine Schultern und doch ist es nur, als ob du Schmerztabletten nimmst, wenn du Krebs hast. Sie heilen nicht, sie übertünchen. Mein Schatz. Und glaub mir, wenn ich sage, dass wir keine Wahl sind.
Sag mir nicht, dass du mich willst, wenn du weißt, dass wir uns alle ähneln. Wenn eine Zigarette der anderen gleicht, ist es egal, ob du die erste oder die achte von uns rauchst. Wir schmecken alle gleich und letztlich zerkrümeln wir ohnehin zu toter Asche. Jede von uns, nicht? Lüg mich nicht an.
Als ob deine kleinen Lügen ungesehen blieben. Sie schwammen in diesen traurigen Augen wie zerberstetes Treibholz und bohrten sich wie Pflöcke in Hoffnung. Ich hab sie gesehen und gefühlt, Schatz. Jedes einzelne mal.
Ich weiß nicht, was du in dir retten wolltest. Mit nackter Haut und müden Nächten. Mit nebligen Augen und leichten Köpfen. Ich weiß nicht, was in dir übrig war, denn als ich in deinem Herz wühlte, fand ich nur Stillstand und leises Aufgeben. Ich hab es füllen gewollt. Glaub mir, Schatz.
Aber ich bin doch nur eine Schmerztablette.
Nun sind es Regennächte, die mich an dich erinnern. Wenn das Wasser auf herbstgebrochene Bäume prasselt und das Fenster offensteht, dann denk ich an warme Hände und Quecksilberlügen.
Ich wär so glücklich gewesen, wenn wir beide getäuscht hätten. Wenn wir beide so getan hätten, als ob. Wir hätten gegleichgültigt und unser Schmerz hätte sich auf halber Strecke ausgeglichen. Zwei Gleichstarke gegeneinander, richtig? Aber ich hab nicht gekämpft, Schatz.
Und Schmerztabletten bricht man einfach in der Mitte durch, wenn man sie nicht ganz braucht.

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Kommentare zu diesem Text


 SunnySchwanbeck (27.08.10)
Flüchtest dich in alte Lieben, mit gebeugten Blicken hinter Schultern. Es wird doch alles gut, am Ende, wird es doch. Oder?

kenn ich liebes, weißt du, fühlst du, sowieso.
zigaretten, schmerztabletten, leichte köpfe, lügen, alte lieben.
meine welt quasi, you know?
du hast mir diesen text aus dem herzen gepflückt und dafür danke ich dir.

kuss mit sonne,
sunny.

 Fuchsiberlin (27.08.10)
Einige Absätze würden diesem wirklich gutem und sehr gefühlvollem Text sehr gut tun.

Ganz liebe Grüße
Jörg
inomine (40)
(10.09.10)
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 Erdbeerkeks meinte dazu am 10.09.10:
Genau darum geht's.
Danke für den Kommentar und den Text verstehen.

Liebe Grüße vom Keks
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