Herz-Kleber-Anekdote.

Text zum Thema Allzu Menschliches

von  Erdbeerkeks

Man kennt das sicher aus früheren Jahren, so Kindergartenzeiten.
Eifrig dreht man mit kleinen Kinderhänden den Deckel des Klebestifts ab, verteilt eine ganze Ladung Klebstoff auf zwei Papierhälften, drückt es fest zusammen und mit noch vorfreudig glänzenden Augen kapierst du dann, dass du es falsch zusammengeklebt hast.
Mh. Ist doch alles kein Problem. Einfach beide Papierchen am Ende mit spitzen Fingern anfassen und es langsam auseinanderziehen, während dieser ekelhaft vertraute Klebergestank dich umnebelt. Blöd nur, dass der Kleber schon halb angetrocknet war und man nun zwei kaputte und angerissene Papierteile in der Hand hält.
Weißt du, ich glaube so ähnlich war das auch mit uns. Vielleicht auch ohne diese kindliche Naivität, wenn auch mit selber Eile und diesem Eifer – Wir dachten, wir könnten alles wieder richten und dass es für nichts zu spät war, egal, wie verloren es aussah.
Wir klebten unsere Herzen mit dem billigsten Sekundenkleber aneinander, den wir fanden (Hätte es ein Etikett gehabt, stünde hinter Zusammensetzung: Hilfsbereitschaft, Mitleid, Verzweiflung und irgendwo, angereiht an noch ganz andere Zutaten, ganz klein gedruckt: Liebe.) und hofften, wir würden uns gegenseitig als Teile eines ganzen komplettieren. Wir schoben, bogen, rückten zurecht, bis der Kleber getrocknet war. Straßenschmutz und Staub hatte sich dazwischengesetzt und irgendwann hafteten wir ganz schief und unpassend aneinander. So war das nicht geplant gewesen, ich weiß doch.
Wir hingen mehr schlecht als recht an uns und machten das Beste daraus. Aber wenn das Beste einfach nicht gut genug ist, was tun wir dann?
Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis wir merkten, was für eine Bürde wir uns aufgezwungen hatten und wie wenig wir passten. Wie selten unsere Herzen im Gleichtakt schlugen und wie oft wir uns gegenseitig fast erschlugen.
Wir hätten uns mit Fäusten nicht mehr brechen können.
Ich fasste mir mein Herz und du fasstest dir deins und wir zogen langsam, so langsam und so verdammt darauf bedacht, niemandem weh zu tun und doch brachte es mich fast um. Pflastereffekt. Je schneller, desto schmerzloser. Du warst mir Pflaster für so vieles.
Als wir sie schließlich in Händen hielten, begriffen wir, dass uns mehr als die tatsächliche Separation und dieses stechende Wissen, sich geirrt zu haben, die Folgen schmerzten.
Denn das klebrige Gemisch, aus alldem, was wir waren – es hatte uns Löcher in unsere Herzen geätzt und sich tief hineingegraben. Wir zuckten hilflos mit den Schultern. „Wir hätten ja nicht ahnen können.“, sagtest du.
Ich nickte leise, lächelte und denke jedes Mal über die seltsame Bedeutung von Worten nach, wenn mir jemand sagt, ich sähe angefressen aus.

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Kommentare zu diesem Text

Jack (33)
(23.09.10)
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 Erdbeerkeks meinte dazu am 23.09.10:
Mh ist wie Hm ohne H. Ein schlichter M-Laut also.
Danke für den Kommentar.
(:
Liebste Grüße

Keks

 ViktorVanHynthersin (23.09.10)
Ich finde, die Geschichte ist er Hammer! Natürlich schmerzt sie, aber genau so ist das Leben!! Sehr, sehr gerne habe ich sie gelesen!
Liebe Grüße
Viktor

 SunnySchwanbeck (24.09.10)
Ich fasste mir mein Herz und du fasstest dir deins und wir zogen langsam, so langsam und so verdammt darauf bedacht, niemandem weh zu tun und doch brachte es mich fast um. Pflastereffekt. Je schneller, desto schmerzloser. Du warst mir Pflaster für so vieles.

das ist so viel und so schmerzlich dass ich es nicht in worte fassen kann. es ist so als würde ich grade merken dass ich nur ein klebeherz mit kleber habe, aber die andere hälfte fehlt, dass sich alle staubkörner und luftküsse daran festkleben und ich sie immer wieder abreißen muss. so fühl sich das an, deinen text zu lesen.

vielleicht brauchen wir beide keine papierherzen, sondern eins aus plexiglas.

 Ravna (15.07.11)
Kleines, Du schreibst echt gut.
Ist natürlich ein kitschiges Thema, aber das ist Liebe und Trennung und der ganze Kram immer irgendwie. Ist noch ungestüm, aber das wächst sich raus, so mit der Zeit.
Würde gern mal reine Dialoge lesen von Dir.
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