Der Geschmack von Scheiße

Parabel zum Thema Resignation

von  Ephemere

Lange ertrug ich es, die Scheiße zu fressen, die man mir vorsetzte,
indem ich leugnete, dass es sich dabei um Scheiße handelte:

Ich gab ihr schönere Worte und tieferen Sinn, tat unbeteiligt, hielt mir die Nase zu.

Schließlich jedoch gab es kein Entrinnen - der Gestank war zu penetrant,
als dass ich mich länger hätte belügen können.

Ich fraß also Scheiße. Widerlich. Wir war schlecht. Kotzübel, um genau zu sein.
Doch zum Kotzen fehlte mir der Mut - ich würgte nur gelegentlich, leise und schwach.

So wurde ich zum Zyniker, umgab mich mit dem bitter-maskulinen Duft der Selbst- und Weltverachtung, tarnte meine Resignation und mein Entsetzen davor mit falschem Sarkasmus. Hey, Leute, ich fresse Scheiße...wohlan, lasst uns richtig reinhauen. Bon appetit, der Gourmetkoch hat angerichtet. Schaut Euch an, Ihr sitzt am gleichen Tisch. Lassen wir es uns schmecken, wir Sucker, wir Geschlecht der Rückgratlosen! Und einen guten Whiskey hinterher. Cheers!

Der Zynismus hingegen ist auf Dauer zu trocken und auch zu zermürbend. Am Whiskey und anderen kleinen Tröstungen findet man indessen langsam Gefallen. Die Bedürfnisse sinken, zuviel Klarsicht ohne Fokus macht kurzsichtig und bescheiden.

Kurz - man arrangiert sich.

Ehrlich gesagt:

Mit etwas Zucker und einem guten Cappuccino schmeckt Scheiße gar nicht so übel.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Jack (33)
(09.10.10)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Ephemere meinte dazu am 09.10.10:
Zynismus ist hier doch gar nicht als Scheißefressen gedeutet...eher schon als das nicht-mehr-Hoffen, das einen Schritt in die Resignation sein *kann*.

P.S.: Ich würde den Lagavulin oder aber den Laphroig Quarter Cask bevorzugen.
Jack (33) antwortete darauf am 09.10.10:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Jack (33) schrieb daraufhin am 09.10.10:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Ephemere äußerte darauf am 10.10.10:
Das Problem ist: Woher bezieht man und was motiviert die Einsicht, dass man gewisse Dinge nicht ändern kann bzw. wie redlich und sicher ist sie? Also: Wie kann man das prinzipiell Veränderbare vom Unveränderlichen unterscheiden? Wo liegt die Grenze zwischen Zynismus und Resignation? Wo wird Zynismus ("das kann man nicht ändern") zur Entschuldigung für bzw. der attraktiveren Verkleidung von Resignation (...wenn man es nämlich eigentlich DOCH ändern könnte). Und zuletzt: Liegt nicht auch viel individuelle und generell menschliche Größe gerade im Aufbegehren gegen das Unveränderliche (Camus' Sisyphos...)?

Warum nicht gleich ganz klassisch - Ardbeg Ten, am Liebsten noch unter der alten Ägide vor der vorübergehenden Schließung.Wobei der Smokehead definitiv auch fein ist.
Jack (33) ergänzte dazu am 10.10.10:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Ephemere meinte dazu am 10.10.10:
Gesunde Einstellung Gegen einen solchen Zynismus richtet sich auch nichts im oder am Text...sondern nur gegen einen "Zynismus als Ausrede"
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram