Draußen die herbstliche Sonne. Hier drinnen ich - allein - vorweg genommene Einsamkeit - und dazu viel Orgelmusik, eine goldgeschmückte Kirche mit hellem Gestühl. Die Kniebänke sind gepolstert. Eben noch draußen die Kinderstimmen des Kindergartens, danach verblühender Blumenschmuck auf dem Friedhof, an dem ich vorbeiging. Und jetzt Orgelklang.
Einige wenige Besucher schauen sich in der Kirche um. Sie ist berühmt. Der Organist probiert einige Passagen und hält die Schlussakkorde doppelt so lange aus, wie man es erwarten könnte. Unerklärlich lange. Eigentlich merkwürdig, wie selbstverständlich für uns die Kirche zur Orgel gehört und umgekehrt. Dabei ist die Orgel ursprünglich ein weltliches Instrument. Aber was war nicht zuvor weltlich und wurde durch den Gebrauch erst geistlich/kirchlich?
Es riecht nach Wachs und Weihrauch und feucht. Es reicht mir. Ich stehe auf und gehe wieder. Es ist still auf der Orgel-Empore. Der Organist ist sicher zur Mittagspause gegangen. Was es wohl bei ihm zu essen gibt? Eintopf? Spätzle? Salat? Gemüse?
Ich gehe durch das Seitenschiff. Der Beichtstuhl ist leer - wer möchte schon um diese Zeit von meinen Sünden hören? Ich spüre die Beklommenheit aus Kindertagen, als ich noch zur Beichte ging.
Vor der Kirche setze ich mcih in die Sonne und denke nach. Bin ich glücklich? Sicher ich habe im Moment alles: Arbeit, Lohn, Wohnung, ein Kind, einen Freund, der sich um mich bemüht, andere Freunde, die an mich denken. Besonders heute. Nur: Ich bin nicht zu Hause.
„Man muss mich nicht lieben“ ist eine DVD betitelt - ein Geschenk von meiner Mutter. Ich hatte sie mir voriges Jahr gewünscht. Nein, man muss auch mich nicht lieben. Ich kann es auch so aushalten. Manchmal ist es mir lieber so. Besonders, wenn ich verstimmt bin. Das hat nämlich keine Konsequenzen oder weniger. Denke ich.
St. Peter 1. Oktober 2009
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