1. Szene: Des Wartens überdrüssig

Einakter zum Thema Reisen

von  Dart

[Die Bühne ist eine Wartehalle eines Flughafens. Sie ist nahezu voll besetzt mit Passagieren, von denen etwa die Hälfte „typisch“ russisch aussieht und einen dichten Vollbart trägt. Im Hintergrund ist eine Glasfassade, durch die man auf die Landebahn sehen kann. Außerdem sieht man sehr nahe an der Fassade das Heck einer Linienmaschine bis zum Flügel mit der Turbine, an der Mechaniker herumschrauben. Im Vordergrund auf einer Bank sitzt der Geschäftsmann Ahorn mit seinem Aktenkoffer. Immer wieder schaut er ärgerlich auf seine Armbanduhr.]

Ansage: [/i]
Erneut einen wunderschönen guten Tag an unsere werten Gäste in Abflughalle neun. Ich bin ihr DJ Heiko mit der aktuellen Verkehrsdurchsage: An Gate neun ist die Boeing 747, mit der sie heute noch nach Moskau wollen, immer noch nicht repariert.
[Alle Anwesenden stöhnen entnervt auf.]
Unsere Techniker sind aber so optimistisch, dass ich ihnen sagen kann, dass das hier vermutlich meine letzte Ansage für sie sein wird.
[Alle Anwesenden atmen erleichtert auf.]
Denn ich habe in einer halben Stunde Feierabend und mein Kollege Ingo wird sie dann weiter durch den Vormittag geleiten.
[Alle Anwesenden stöhnen entnervt auf.]
Zum Trost lege ich ihnen noch einen Song von den Beatles auf, der sie hoffentlich etwas aufmuntert: A hard Days Night.
[Das Lied ertönt. Neben Ahorn setzt sich Rummelsburg hin.]

Rummelsburg:

Danke, dass sie meinen Platz frei gehalten haben.

Ahorn:
Kein Problem, ich hatte ja eh nichts zu tun.

Rummelsburg:
Ach ja, ich kenn das.

Ahorn:
Auch Vielflieger?

Rummelsburg:
Kann man so sagen – Pilot. Sogar derselben Airline.

Ahorn:
Aha, dauert das bei ihnen immer so lange?

Rummelsburg:
Na ja, an der Maschine muss halt noch was gemacht werden, das ist ganz normal.
[Er deutet auf das Flugzeug im Hintergrund, wo die Mechaniker mittlerweile hektisch in dicken Büchern wälzen und dabei diverse Kleinteile mit irgendwelchen Abbildungen in den Büchern vergleichen.]
Bei uns wird Sicherheit halt groß geschrieben.

Ahorn:
Das mag ja orthografisch durchaus korrekt sein, aber halten sie auch die entsprechenden Bestimmungen ein?
[Pause.]

Rummelsburg: [/i]
Ich bin mir sehr sicher, dass wie heil ankommen werden.
[Auf der Tragfläche erscheint ein afrikanischer Medizinmann, der einen wilden Tanz auf derselben aufführt. Gleichzeitig bespritzt ein Priester das Triebwerk mit Weihwasser und schlägt ein Kreuz.]

Ahorn:

Aha…sofern nicht etwas dazwischen kommt wie Gewitter, Triebwerksschaden oder Terroristen mit Bomben an Bord!

Rummelsburg:
Vor Terroristen habe ich keine Angst. Bereits vor Jahren habe ich eine Methode entwickelt, wie man mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit nicht in einem Flugzeug mit einer terroristischen Bombe sitzt.

Ahorn:
Gar nicht erst fliegen, sondern laufen?

Rummelsburg:
Das bringt nichts, da könnte man ja immer noch auf eine Antipersonenmine treten. Was ich mir ausgedacht habe, beruht auf Statistik. Sehen sie – eigentlich ist es doch sehr, sehr unwahrscheinlich, in einem Flugzeug mit einer Bombe zu sitzen, oder?

Ahorn:
Ja, das leuchtet mir ein.

Rummelsburg:
Tja, und nun kommt meine Methode ins Spiel!
[Er hält seine Aktentasche hoch.]
Der es ist noch sehr viel unwahrscheinlicher, sich an Bord eines Flugzeugs mit zwei Bomben zu befinden!

Ahorn:
[Entgeistert.]

Sie haben eine Bombe in ihrer Tasche?!

Frau:
Wie – er auch?

Ahorn:
Was, haben sie etwa auch eine Bombe dabei?

Älterer Herr:
Na klar, wegen der Statistik.

Rummelsburg:
[Zu den Anwesenden in der Wartehalle.]

Hat hier noch jemand aus Sicherheitsgründen eine Bombe dabei?
[Alle außer Ahorn heben die Hand.]
Das nenne ich mal unwahrscheinlich. Ich sehe, dass die persönliche Sicherheit immer mehr beim Kunden selbst liegt.

Ansage:
Hallihallo – hier ist doch noch mal ihr DJ Heiko, leider mit zwei schlechten Nachrichten.
[Alle blicken zur Hallendecke.]
Die erste schlechte Nachricht: Ihr Pilot ist mit seiner Privatmaschine abgestürzt. Aber keine Sorge, ein neuer ist bereits unterwegs. Und die zweite schlechte Nachricht: Auch ihr Flugzeug ist abgestürzt.
[Alle blicken gleichzeitig nach draußen in Richtung des Flugzeugs, an dem die Mechaniker gerade die Tragfläche mit Klebeband einwickeln. Alle schauen wieder zur Hallendecke.]
Sie müssen sich das wie bei ihrem Computer vorstellen – irgendwann bleibt der Rechner halt mal hängen und dann muss man ihn wieder neu hochfahren. Die daraus resultierende gute Nachricht: Sie dürfen jetzt an Bord und ich sage ihnen schon einmal: Have a nice Flight!

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