Die Vision der Rose von Jericho

Erzählung zum Thema Krankheit/ Heilung

von  Sanchina

Der Kranke war wie die trockene Rose von Jericho. Im heißen Wüstensand treibt sie dahin in der Hoffnung, Wasser zu finden, um wieder aufzublühen.

So lange die Rose von Jericho lebt, trägt sie tief verborgen die Vision ihres blü­henden Lebens in sich. Die Vision der trockenen Rose von Jericho ist unsichtbar. Doch dieses Bild existiert: es ist real in der Innenwelt der trockenen Rose von Jericho.

Jemand brachte sie dem Kranken als Geschenk und sagte: Gib ihr Wasser und sieh, was ge­schieht. Und vor seinen Augen faltete sich die Rose von Jericho auf, duftete nach Salz, Sand und heißem Staub und wurde grün und offenbarte sich. Sie ließ den Kranken tief in ihr Inner­stes schauen. Ihre Vision wurde Wirklichkeit vor den Augen des schwerkranken Mannes.

Darin spiegelte sich sein innigster Wunsch. Er wollte nur einmal noch seine Lebenskraft spü­ren, sich auffalten, ganz erblühen, bevor er starb.

Dabei hatte er der Rose von Jericho nur ein paar Tropfen Wasser gegeben. Dankbar zeigte sie ihm dafür ihren ewigen Traum. Da erkannte der Kranke, wie genügsam die Rose von Jericho war.

Ach, seufzte er, auch ich würde mich mit ein paar Tropfen Wasser begnügen - vielleicht bräuchte ich noch ein wenig Brot oder eine Handvoll Reis jeden Tag -, wenn ich nur einmal noch so aufblühen könnte wie du, schöne Rose von Jericho.

Da sprach die Rose von Jericho zu ihm: Gib dir ein paar Tropfen Liebe und sieh, was ge­schieht.

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Kommentare zu diesem Text


 franky (29.11.10)
Das ist eine ergreifende Geschichte, die ausser der Fantasie auch ein starkes Lebenszeichen von Liebe in sich trägt.
Diese Rose von Jericho spricht auch mich an.

Liebe Grüße

von Franky

 Sanchina meinte dazu am 29.11.10:
Danke, franky. In diesem Text steckt jetzt aber was Biographisches. Der Kranke hatte Multiple Sklerose und war schon total gelähmt. Ich habe den Mann sehr geliebt, und die Rose von Jericho erinnert mich immer noch an ihn. Gruß, Barbara
seelenliebe (52)
(29.11.10)
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 Sanchina antwortete darauf am 29.11.10:
Danke, Anne. Ich freue mich, dass ich dich mit diesem Text erreicht habe. Gruß, Barbara
SigrunAl-Badri (52)
(29.11.10)
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 Sanchina schrieb daraufhin am 29.11.10:
freut mich, liebe Sigrun, dass sie dir gefällt! Gruß, Barbara
Scrag (23)
(30.11.10)
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 Sanchina äußerte darauf am 30.11.10:
Danke, Markus. Ja, diesen Text hat mir eine große Liebe diktiert ...
Gruß, Barbara
Karuna (66)
(19.12.10)
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Laudalaudabimini (59)
(09.11.13)
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 Sanchina ergänzte dazu am 09.11.13:
1998!
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