Gute Aphorismen verkünden oft einseitige Meinungen

Aphorismus zum Thema Meinung/ Meinungsfreiheit

von  EkkehartMittelberg

Dieser Text ist Teil der Serie  Aphorismen
1. Gute Aphorismen verkünden oft einseitige Meinungen. Wer würde schon aufhorchen, wenn sie ausgewogen wären?

2. Kein Chirurg kann das wichtigste Merkmal der Schönheit implantieren: die Anmut.

3.Was unterscheidet den Ehrgeizigen vom Phlegmatiker? Der eine hat zu wenig Zeit, der andere zu viel.

4. Mode dient der Eitelkeit, Eitelkeit dient dem Ehrgeiz, Ehrgeiz dient der Macht, die Macht bedient sich selbst.

5. Zufrieden kann auch die vor Behagen schnurrende Katze sein, glücklich nur der Mensch.

6. Zufriedenheit ist oft von längerer Dauer, Glücksmomente sind kurz.
Die Erinnerung aber verweilt länger bei den Glücksmomenten.

7. Die Lüge ist die Schwester der Nachricht.

8. Lieber eine barmherzige Lüge als eine vernichtende Wahrheit.

9. Notorische Lügner sind bequemer als gewissenhafte Erforscher der Wahrheit.

10. Mancher glaubt am Ende seine Lüge selbst, wenn er sie nur oft genug wiederholt hat.

11. Schmeichelei schmeckt wie Zuckerwatte, Wahrheit wie Zitronen. Wenn man seinen Geschmack bildet, schmecken Zitronen besser als Zuckerwatte.

12. Wer tollkühn ist und niemals Angst hat, beweist keinen Mut.

Ekkehart Mittelberg, Januar 2011

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 loslosch (04.01.11)
Zur Nr. 8 eine Einschränkung: Klar darf man der fülligen Dame auf Anfrage sagen: Dein knallrotes Kleid steht dir gar nicht so schlecht. Nicht aber darf man einem mit Koffern schwer Bepackten aus "Mitleid" wahrheitswidrig sagen: Zu Ihrem Ziel sinds noch 100 m um die nächste Ecke. :) Lothar

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.11:
Mit einem (deinem) humorvollen Text bin ich immer einverstanden Lothar. Aber überlies bitte nicht "eine b a r m h e r z i g e Lüge"
Gruß Ekki
Manu (56) antwortete darauf am 04.01.11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch schrieb daraufhin am 04.01.11:
@Manu: Die hohe Kunst der Ehrlichkeit. @Ekki: Du kennst den Rheinländer schlecht. Der Handwerker am Telefon: Ich komme nicht morgen, nein, heute schon - und kommt gar nicht oder erst nach mehrfacher Erinnerung. Der freut sich über die Freude des Anderen und hat subjektiv (in dem Moment) eine Art Barmherzkeitsgefühl. Lo
janna (61) äußerte darauf am 04.01.11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 irakulani (04.01.11)
Kurz und prägnant sollte ein Aphorismus sein. Also muss er zwangsläufig polarisieren - davon lebt der Aphorismus ja, das macht ihn aus.

Dennoch ist es ein schmaler Grat, auf dem derSchreiber balancieren muss, um einen guten Aphorismus hervorzubringen.

Je weniger Worte, um so treffender muss sie die Pointierung sein. Du, lieber Ekki, scheinst das Seiltanzen jedenfalls meisterhaft zu beherrschen.

Herzliche Grüße
Ira

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 04.01.11:
Liebe Ira, du hast den Punkt mal wieder getroffen: "....also muss er zwangsläufig polarisieren". Manchmal fasst ein Aphorismus auch Wahrheit knapp zusammen. Aber wer Wahrheit in Aphorismen sucht, sollte lieber die Offenbarungen lesen. Und auch mit ihnen kann er nicht sicher sein.
Liebe Grüße von Ekki
SigrunAl-Badri (52)
(04.01.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.11:
Liebe Sigrun, das Schreiben von Aphorismen ist Trainingssache. Noch vor 10 Jahren wollte es mir gar nicht gelingen. Am besten geht es, wenn man sich ein Thema stellt und es ganz prosaisch gliedert. Danach feile ich erst an den Formulierungen.
Dein schöner Aphorismus über das Lächeln gehört zu den wenigen, die beanspruchen dürfen, wahr zu sein. Ich vermute, dass fast jeder Mensch dein Zitat schon einmal erlebt hat und bestätigen kann.
Lächelnde Grüße Ekki
SigrunAl-Badri (52) meinte dazu am 04.01.11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
seelenliebe (52)
(04.01.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.11:
Danke, iiebe Anne, als Schüler hatte ich ein Lateinbuch, in dem unter stinklangweiligen Grammatiklektionen immer ein Aphorismus stand. Manche von denen waren kreuzbrav und nicht gerade jugendnach, wie zum Beispiel "Arbeit macht das Leben süß." Andere aber hatten es in sich, etwa: "Freuet euch, dass ich zornig bin." Letztere beschäftigten mich so lange, bis ich ihren Sinn entschlüsselt hatte. Von daher stammt meine Liebe zu Aphorismen.
Liebe Grüße von Ekki

 AZU20 (04.01.11)
Wer könnte das alles nicht unterstreichen? LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.11:
Vielen Dank, Azu. Wenn' s denn so wäre, würde es mich freuen.
LG von Ekki

 ViktorVanHynthersin (04.01.11)
Das waren/sind (nach meiner Meinung) die besten Aphoristiker:

Mark Aurel (121–180), Erasmus von Rotterdam (1466–1536),
Francis Bacon (1561–1626), François de La Rochefoucauld (1613–1680), Jean de La Bruyère (1645–1696), Jonathan Swift (1667–1745), Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799), Wilhelm Heinse (1746–1803), Johann Wolfgang Goethe (1749–1832), Jean Paul (1763–1825), Friedrich Schlegel (1772–1829), Novalis (1772–1801), Ludwig Börne (1786–1837), Arthur Schopenhauer (1788–1860), Giacomo Leopardi (1798–1837), Friedrich Feuerbach (1806–1880), Mark Twain (1835–1910), Oscar Wilde (1854–1900), George Bernard Shaw (1856–1950), Arthur Schnitzler (1862–1931), Paul Valéry (1871–1945), Christian Morgenstern (1871–1914), Hugo von Hofmannsthal (1874–1929), Karl Kraus (1874–1936), Franz Kafka (1883–1924), Kurt Tucholsky (1890–1935), Theodor W. Adorno (1903–1969), Elias Canetti (1905–1994), Joachim Günther (1905–1990), René Char (1907–1988), Stanisław Jerzy Lec (1909–1966), Peter Ustinov, (1921–2004), Gerd W. Heyse (* 1930), Ekkehart Mittelberg (*1938) Peter Handke (* 1942)...

Herzliche Grüße
Viktor
Songline (45) meinte dazu am 04.01.11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 04.01.11:
Ich begann mit rhythmischem Kopfnicken der Zustimmung zu lesen, Viktor. Dann stutzte ich errötend.
Ich bin so frei, mich riesig zu freuen.
Herzliche Grüße
Ekki

 princess meinte dazu am 04.01.11:
Errötend? Quatsch! Cui honorem, honorem...!
Jack (33) meinte dazu am 12.06.11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin (04.01.11)
Hallo Ekki,

ich versuchte mich bisher nie an einem Aphorismus, weil ich mich dahingehend für talentfrei halte.

Doch Du besitzt hierfür das Talent und das Handwerk, da ziehe ich meinen Hut!

Ganz liebe Grüße
Jörg

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 05.01.11:
Vielen Dank, Jörg, Gott sei Dank verteilen sich die Talente, sodass jeder hier seinen Platz finden kann.
Liebe Grüße von Ekki

 moonlighting (06.01.11)
Ich finde die sind alle gut aber besonders hat es mir dieser angetan....
"Mancher glaubt am Ende seine Lüge selbst, wenn er sie nur oft genug wiederholt hat"

Da fällt mit die Westerwelle ein.

LG
Moonlight

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.01.11:
VielenDank, Moonlight, es ist interessant, dass die Lügen, die jemand durch Wiederhlung verfestigt hat, besonders resistent gegen die Wahrheit sind.
LG Ekki

 Janoschkus (07.01.11)
5 und 6 gefallen mir gut. 9 und 10 liegen irgendwie auf der hand. bin jetzt zum 2. mal auf diese aphorismen gestossen und diesmal hab ich auch die zeit gefunden uebers nachdenken hinaus auch zu kommentieren. gerne ich damit beschaeftigt. :)
gruss janosch

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.01.11:
Vielen Dank Janoschkus, wenn dich ein paar Aphorismen unterhalten haben, genügt mir das völlig.
LG von Ekki
wortverdreher (36)
(07.01.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.01.11:
zu 10 Außer Zeitungen nutze ich die anderen Medien kaum. Verzeih mir, mir war nicht bewusst, dass der Spruch hinlänglich bekannt ist. Vielleicht gilt das aber auch nur für einige wenige. zu 12. Der Gedanke, freilich nicht als Aphorismus formuliert, geht auf die Nikomachische Ethik von Aristoteles zurück. Der versteht als arete (Tugend, ohne den moralisierenden Beigeschmack) die Mitte zwischen zwei Extremen. Mut, der die Furcht kennt, liegt zwischen Feigheit und Tollkühnheit. Der Tollkühne riskiert zu viel, weil er keine Furcht kennt.
Danke fürs Lesen und kritische Kommentieren
Ekki
wortverdreher (36) meinte dazu am 08.01.11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
wortverdreher (36) meinte dazu am 08.01.11:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.01.11:
zu 12: Deiner letzten Stellungnahme zu 12 kann ich nicht folgen. Wer nicht sprachsensibel genug ist, zwischen "mutig" und "tollkühn" deutlich zu unterscheiden, dem kann ich nicht helfen. Daran ist meines Erachtens nichts spitzfindig. Mein Aphorismus verlangt vom Leser darauf zu kommen, dass Mut die Überwindung von Furcht erfordert. Das will ich ihm zumuten, und wenn er nicht darauf kommt, dann ist es eben so.
zu Nr. 10: Ich hoffe für mich, dass ich in dir einen besonders kongenialen Leser gefunden habe. Oder ich habe etwas formuliert, was in der "Luft liegt". Es könnte auch sein, dass ich dich langweile, weil du das alles schon gedacht hast. Aber das möchte ich dir nicht unterstellen. Anderfalls würdest du meine Aphorismen nicht so genau kommentieren.

 TrekanBelluvitsh (31.03.13)
Hier sind es die Nr. 4 und die Nr. 12 die mir am besten gefallen und ich glaube, dass liegt an meiner eigenen 'historischen' Vergangenheit, denn von dem, was du da beschreibst, wimmelt es in der Geschichte nur so, selten zum Wohl der Unbeteiligten.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.13:
Trekan, ich kann mich nur immer wieder dafür bedanken, dass du meine Beiträge durch deine Kommentare aktuell hältst.
LG
Ekki
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram