Große Fahrt

Sonett zum Thema Alter

von  Isaban

Daheim im Schrank liegt, ordentlich gefaltet,
ein Stoß Geschenkpapier vom letzten Fest;
die hellen Augen sind mit Glanz entaltet,
der ihre Fältchen fast vergessen lässt;
da funkelt Neugier in den flinken Blicken
der Frau mit Hut: Sie hat das Morgen noch nicht satt,
trotz ihres Humpelherzens und der Haut aus Flicken,
mit der sie es im Krieg bezogen hat.

Tagtäglich sitzt sie dort im Wartehaus
am Busbahnhof, von sechs Uhr früh bis zehn.
Sie schaut den Bussen zu, dem Ein und Aus,
ist jeden, jeden Morgen dort zu sehn,
als führe sie noch heut ins Land hinaus -
die Wahrheit ist:
Sie kann nicht weiter gehen.

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Kommentare zu diesem Text


 Peer (18.01.11)
Wie so oft, ein Text mit individuellen Deutungsmöglichkeiten. Das gefällt. Die Wiederholung von "jeden" hätte ich anders gelöst, aber das ist Geschmacksache.
LG Peer

 Jorge meinte dazu am 18.01.11:
Das doppelte "jeden" ist doch Bestandteil der Schilderung der älteren Dame und somit unverzichtbar.
Viele ältere Menschen begeben sich so "auf die Reise" und erwecken den Anschein von Mobilität, geben ihren Träumen einen Gestaltungsrahmen.
DerAutor (42)
(18.01.11)
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Fidibus (51)
(03.02.11)
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janna (61) antwortete darauf am 03.02.11:
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 Isaban schrieb daraufhin am 04.02.11:
Es ist eines, lieber Fidi, eines, das - wie seine Protagonistin - nicht alle Erfordernisse erfüllt. Und denoch ein Klangstück. Eines, das seine Form an den Inhalt/ die Gegebenheiten angepasst hat.

Liebe Grüße,

Sabine
Fidibus (51) äußerte darauf am 10.02.11:
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