Zacharias Bretzelburgs wundersame Antenne

Text zum Thema Weihnachten

von  Lala

VI.

Es war super. Es war sogar extrem super. Aber eines verstand Zacharias Bretzelburg überhaupt nicht: Er erkannte nicht einen einzigen Sender wieder. ARD, ZDF, RTL? Nicht da. Von wegen, die Antenne empfängt alles. Es gab genau genommen keinen einzigen deutschen Sender. Auch keinen englischen. Jedenfalls nichts, was der englischen Sprache geähnelt hätte. Trotzdem konnte er Programme im vierstelligen Bereich abrufen. Um ehrlich zu sein, war er sich sicher, dass er die Sender noch nicht einmal alle durchgezappt hatte. Es waren einfach zu viele. Trotz dieser nicht unwesentlichen Einschränkung, kein einziges Wort zu verstehen, war das Fernsehprogramm einfach „cool“.

Bis zu dem Tag wo es ZAPP! im Hause Bretzelburg gemacht hatte, hatte Zacharias überhaupt nicht gewusst, dass in seinem aktiven Wortschatz das Wort „cool“ vorkam. Er konnte sich nicht erinnern, dass er es davor jemals gesagt hätte. Aber an dem Abend, als er sich wieder eingekriegt hatte und anfing mit Natascha durch die Kanäle zu switchen, wobei er kaum zum weiterschalten kam, so fasziniert war er von jedem einzelnen Programm, an jenem denkwürdigen Abend, ertappte er sich dabei, wie er schon nach fünf Minuten des Staunens einfach „Cool“ und sonst nichts weiter sagte, nein, sogar sagen musste. Es war „verdammt arschcool“ wie Natascha hinzufügte.

Was war das Besondere? Einfach alles. Die Farben, die Musik, die grandiosen Landschaften und die Technik, die sie zeigten und mit der sie ausstrahlten. Es war überwältigend. Manche Sendungen liefen als Hologramm in seinem Wohnzimmer. Da saß Bretzelburg in seinem Zimmer und die Vehikel, die Wesen, einfach alles passierte um ihn herum und er war mittendrin. Es war wie auf diesem Holodeck von der Enterprise; nur dass er nicht interagieren konnte. Dass sein Fernseher mit der Antenne von Fock so etwas überhaupt abspielen konnte, war schlicht sensationell zu nennen und bestätigte ihm erneut, dass er damals eine sehr clevere Kaufentscheidung getroffen und Pepe ihn ausgezeichnet beraten hatte.

Zacharias hatte es nicht erwarten können, Pepe von seinem neuartigen Fernsehprogramm in der nächsten Mittagspause zu erzählen. Aber Pepe glaubte ihm kein Wort. Pepe verlangte Beweise: „Das glaube ich Dir erst wenn ich es sehe, Bretzelburg!“ Zach willigte natürlich ein und freute sich, den stolzen Spanier endlich mal, beeindrucken zu können. Natascha hatte er an diesem Abend nicht bei sich haben wollen, denn es sollte ein Abend unter Männern werden.

Als der Fernseher lief und Pepe seinen Mund für mehr als zehn Minuten nicht mehr geschlossen hatte, war Zacharias Befriedigung vollkommen gewesen. „Herrlich“, dachte er und fragte schließlich ganz gelassen, als hätte er Pepe gerade einen popligen Pokal für den zweiten Platz im Wunsiedelwettbackwettbewerb gezeigt:
„Nicht schlecht, oder?“.

„Nicht schlecht?“ Pepes Stimme klang hohl und sein Blick kam von weit her. „Nicht schlecht? Hast Du `ne Macke?“ Pepe hatte das Gefühl gehabt, er hätte durch ein Fenster in eine neue, eine bessere Welt geblickt. Eine Welt, die einfach cool war. Er war schlicht benommen von den Farben, der Musik – so musste es auf Droge sein.
Pepe begriff schnell, dass sein Kumpel Bretzelburg die arschcoolsten Programme des Universums empfing. Er wurde so aufgekratzt, dass er die nächsten drei Stunden am Stück plapperte. Am eindringlichsten blieb Bretzelburg davon in Erinnerung, dass Pepe von Millionen und der Zukunft schwätzte: „Zach, weißt Du was wir da sehen? Wir sehen unsere Zukunft. Man, ist das abgefahren. Du siehst Programme aus der Zukunft der Menschheit. Das sind wir, oder? Oder? Patentier das Ding, Zach. Du wirst reich. Du wirst mega-reich.“

So verlockend die Pläne von Pepe klangen, Bretzelburg wollte gar nicht reich werden. Ein bisschen vor Pepe anzugeben, hatte ihm schon gereicht. Aber eine Firma gründen? Patente anmelden? Welche überhaupt? Das eine abgelaufene Pay TV Karte in einen Schlitz gehört? Albern. Was würde Frau Silberstein dazu sagen? Was machte sie überhaupt? Nein, das war ihm alles zu komplex und unübersichtlich.

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