Das saumselige Ende eines Mützenmachers

Verserzählung zum Thema Entwicklung(en)

von  Didi.Costaire

Dieser Text ist Teil der Serie  Vierhebig
Der Mützenmacher machte tolle Mützen,
für Damen und für Herren, auch für Kinder.
Er konnte sich auf Einfallsreichtum stützen
und zauberte bezaubernde Zylinder,

Barette, Baschliks, Schiffchen und Melonen,
Sombreros, Schiebermützen, Kalabreser,
natürlich sämtlich Eigenproduktionen,
stets abgestimmt auf Mantel oder Blazer.

An schönen Einzelstücken, handgefertigt,
verdiente dieser Mützenmacher prächtig,
bloß eins hat er sich kaum vergegenwärtigt:
Die Stiche und Scharmützel pieksten mächtig.

Was schief saß, nahm er zwar auf seine Kappe
und wirkte wirklich kapriziös und witzig,
doch eines Tages fiel bei ihm die Klappe.
Es gab was auf den Deckel und er schnitt sich,

fand plötzlich all den Kappes überflüssig,
verlor den Kopf und kurz darauf den Faden.
Er war des Mützenmachens überdrüssig.
Schließlich schloss er seinen Laden...






beschloss, ihn wenig später wieder aufzusperren.
Es folgten Zeiten, als er ständig räumte,
begann, die Mützen hin- und herzuzerren,
wobei er kreatives Tun versäumte.

Das Schaufenster ist nun mal leer, mal voller.
Passanten sagen oft: „Du liebe Güte!
Hier kriegt man ganz allmählich einen Koller.
Das sind ja nur noch lauter alte Hüte.“

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (24.05.11)
Diagnose: Altersdemenz eines Hutmachers. Lothar

 Didi.Costaire meinte dazu am 24.05.11:
Hallo Doc, ich hoffe, deine eigenen Patienten werden auch so alt.
Danke für deine Diagnose und schöne Grüße, Dirk

 Jorge (24.05.11)
Vom erfolgreichen stichelnden Mützenmacher zum
Mützenladenlosen Verlierer.
So gnadenlos ist die Zunft.
Ich biete ihm die Chance als Softeisverkäufer.

 Didi.Costaire antwortete darauf am 24.05.11:
Hallo Jorge,
warum nicht? Ein Branchenwechsel könnte neue Kräfte entfalten...
Danke für deinen Kommentar und beste Grüße, Dirk
Nimbus (35)
(24.05.11)
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 Didi.Costaire schrieb daraufhin am 24.05.11:
Hallo Heike,
die Möglichkeit besteht durchaus. Leute, die alte Rezepte herunterbeten und am Sessel kleben, gibt es dort ja zur Genüge, und der eine oder andere hat vielleicht sogar mal Großartiges geleistet...
Danke für deinen Kommentar und liebe Grüße, Dirk

 Isaban (24.05.11)
Wie wäre es in S5, V4 mit "so schloss er schließlich seinen Laden"?

Wirklich hübsches Lehrgedicht, wunderbar auf diverse "Abbrecher" zu übertragen, passt auch hervorragend zur KV-Geschichte (Klasse, wie ähnlich Barette und Sonette klingen etc.) und den vielen Wiedergängern, die nach der Löschung nie wieder das finden, was sie durch ihren Abgang verloren - egal, wie oft sie wiederkehren, es wird wohl nie wieder so sein, wie vor dem ersten Abschied - und kein Leser ist mehr wirklich wild auf wiederauferstandene Texte, die er schon vor Jahren mal kommentierte, vor allem, wenn sie inflationär eingesetzt werden. Es ist wie bei diesen Filmen mit den lebenden Toten - die meisten Zombis sind (rollentechnisch kurzlebige) Statisten, nur selten schafft es einer von ihnen nach der Wiederauferstehung mal bis zur Hauptrolle, es sei denn, es wäre eine mörderische ... ;)

Liebe Grüße,

Sabine
LudwigJanssen (54) äußerte darauf am 24.05.11:
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 Didi.Costaire ergänzte dazu am 24.05.11:
Hallo Sabine,
was guckst du denn für wilde Filme?
Herzlichen Dank für die scharfsinnige Analyse meiner Zeilen. Die Bezeichnung Lehrgedicht passt auch gut - nicht nur weil es eine Leerstrophe enthält. Damit, den Trochäus an der Stelle herauszunehmen, die das eigentliche Ende kennzeichnet, kann ich mich noch nicht so ganz anfreunden, aber ich behalte es natürlich im Auge.
@Ludwig: Danke ebenso für deine Verse. Ja, Mützen sind hier auch Hüte, aber selbst Äpfel und Birnen sind gar nicht so verschieden, wie manchmal glauben gemacht wird. Die Sache an sich halte ich eher für ein Phänomen denn für einen Einzelfall, und sie ereignet sich neben kV auch in Fernsehen, Sport und anderen Lebensbereichen.
Liebe Grüße, Dirk
(Antwort korrigiert am 24.05.2011)
steyk (57)
(25.05.11)
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 Didi.Costaire meinte dazu am 25.05.11:
Hallo Stefan,
es freut mich, dass dir das Schnittmuster des Gedichtes samt Einschnitt gefällt.
Danke für deinen Kommentar und liebe Grüße, Dirk

 Emotionsbündel (26.05.11)
Schöne Arbeit, Schatzi
Feinfühlig, wortgewandt und witzig hast du kV gestochen scharf gesäumt ... Lehrgedicht? puuhh!
Sollte wohl jedem selbst überlassen sein, was er mit seinem Laden anstellt.

Liebe Grüße, Judith

 Didi.Costaire meinte dazu am 26.05.11:
Ja, meine Liebste, diese Entscheidung sollte man jedem selbst überlassen. Viele Mützenmacher, die gegebenenfalls gerne möchten, dass ihr Laden voller wäre, akzeptieren noch eher, dass er leerer ist als voller Lehrer. Hehe, das war jetzt auch ein alter Hut - aber wenigstens etwas umgeschneidert!
Ich freue mich, dass dich mein Gedicht angesprochen hat und grüße mit feinen Gefühlen! :-* Dirk
ichbinelvis1951 (64)
(19.06.11)
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 Didi.Costaire meinte dazu am 20.06.11:
Hallo Klaus,
ein klassischer Stil ist nicht verkehrt und den schicken Hut, den man als Kunde gekauft hat, sollte man gerne tragen und lange in Ehren halten. Es wird ja wohl auch kein Ladenhüter gewesen sein.
Danke für deinen Kommentar und liebe Grüße, Dirk

 harzgebirgler (24.03.17)
nicht jeder bringt’s zum hutmacher der queen / doch wer sich redlich müht, dem sei’s verzieh’n! beste wochenendgrüße aus goslar von henning

 Didi.Costaire meinte dazu am 25.03.17:
Die Queen kann ja die schärfsten Deckel tragen...
Das würde niemand aus dem Volk je wagen.

Danke für Kommentar und Sternchen
und beste Grüße, Dirk
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