Kein Auflockern

Text zum Thema Missverständnisse

von  Prinky

Der Himmel war total wolkenverhangen.
Als ich die Jacke angezogen hatte, den Regenschirm mit der rechten Hand packte, und die Türe hinter mir ins Schloß fallen ließ, bemerkte ich, daß es mir eigentlich recht gut ging, obwohl ich mich die letzten Tage eigentlich recht mies fühlte.
Mein Gang führte mich auf den nahen Stadtfriedhof, der von dieser schrecklichen Steinfigur, in Form eines speienden Drachen, bewacht  wurde.
Wenn mich meine Wege zu ihr führten, dann musste ich immer an dieser scheiß Figur vorbei.Und wenn es nach mir gehen würde, wäre schon längst ein Bagger oder ähnliches vorbei gekommen, und hätte diesem Monstrum den Garaus gemacht, aber es ging ja wiedermal nur um meine Wünsche.

Jetzt ist es ca. drei Wochen her, seitdem ich meine große Liebe verlor. Und obwohl mein Weg zu ihr im Nachhinein ergebnislos blieb, war er mir dennoch wichtig. Ich konnte ihr nah sein, auch wenn sie mich keines Blickes mehr würdigen würde. Aber das war mir egal. Ihr auf diese Weise nahe zu sein, war so erfüllend und gut für mich, daß eventuelle Nebensächlichkeiten eben nur solche darstellten.

Es waren neben mir nur sehr wenige Leute auf dem Friedhof. Vor allem Ältere. Ich fragte mich, warum ausgerechnet ich hier sein musste oder wollte. War ich nicht zu jung, um diese Erfahrung machen zu müssen?
Als ich um die große Tanne bog, die am Ende des Hauptweges stand, sah ich einen Typen, der sich auf einer Parkbank aufhielt, die nur wenige Meter von ihr stand. Er schaute immer in ihre Richtung, und es war augenscheinlich ein Interessierter. Ich blieb stehen, und tat so, als ob ich mich über ein anderes Grab hermachte, in dem ich es anscheinend beharkte.
In mir stieg eine Menge Wut auf, die sich ein Ventil zum platzen suchte, aber es fand sich keines, was mich zunehmend nervöser machte.

Plötzlich stieg er von der Bank, und ging in die Richtung eines Grabes. Er packte sie, schlang seine Arme um sie, und mir war, als würde sich der Himmel über mir auskotzen. Verdammt, und als sie sich küssten, wußte ich, das ich sie wohl doch verloren hatte. Mir war, als müsste ich dorthin, mich mit ihm prügeln, ihr so bewusst machen, daß ich nach wie vor in sie verliebt sei, doch mich hielt etwas zurück. Vernunft oder Feigheit? Bewußtsein, ach, ich weiß es nicht!
Ja, sie hatte Schluss mit mir gemacht, und ich wußte das sie als Friedhofsgärtnerin öfter als oft allein anzutreffen war, aber das sie schon einen Neuen hatte, das konnte ich nicht wissen oder ahnen. Ich schlich mit mit tränenreichen Augen aus ihrem weiten Blickfeld und warf den Regenschirm, den ich vorher noch als Harke nutzte, in eine nahstehende Tonne.
Der Himmel war immer noch total wolkenverhangen. Aber am Ende der dicken Wolkenschicht sah ich wohl doch den klitzekleinen Schein einer sich langsam durchkämpfenden Sonne.

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