Klauen will gelernt sein

Satire zum Thema Alltag

von  tueichler

Mit G. neulich in Mainz abends auf eine Sause aus gewesen. Naja neulich war etwa so Mitte 1994, oder jedenfalls so um den Dreh herum. Wir fuhren also, ich aus Nieder-Olm kommend, G. aus Hochheim, beide mit dem Auto nach Mainz.

Der Anfang war irgend ein Film an dessen Inhalt ich micht nicht mehr erinnern kann, wird wohl nicht so spannend gewesen sein. Ich bin aber auch schon mal beim 'Englischen Patienten' eingeschlafen, also mein Kinogeschmack ist weder maßgebend, noch irgendwie wichtig für den Fortgang der Geschichte.

Nach dem Kino haben wir bei einem der damals zahlreichen Asiaten, ich glaube einem Koreaner, ein leichtes Abendessen eingenommen, um hernach in der damals noch vorhandenen Caipirinha-Bar einen Absacker zu nehmen. Nach dem Caipirinha wurde uns dringlich bewußt, was wir vorher noch verdrängt hatten, Autofahren geht nicht mehr. Also war der Startschuß gefallen, den Abend irgendwo in einer Kneipe ausklingen zu lassen. Weißlilienkeller, damals ein angesagter Irish Pub, kam uns gerade recht. Man bekam zwar in dem verquarzten Keller mehr kaum Luft, dafür aber Kilkenny, Cider und geile Musik.

Irgendwann ging der Abend zu Ende und unter Zuhilfenahme des jeweils anderen und zweier Taxis konnten wir den Heimweg halbwegs sorglos bewältigen. Am nächsten Tag dann bin ich mit dem Zug nach Mainz gefahren, um mein Auto abzuholen. Mein Auto, das war ein todschicker Rover 416 Hatchback, schwarz mit beigem Leder, Holzintarsien und allem Firlefanz einer 'Class of it's own'.

Noch einer leicht eingetrübten Wahrnehmung bewuß, schritt ich den Parkplatz mehrfach vergeblich auf und ab, ohne jedoch mein Auto zu finden. Ein Fäkalwort mit S am Anfang entwich mir, dann besann ich mich und wollte mein Auto als gestohlen melden. Nach einem Anruf bei der Polizei wurde mir mitgeteilt, dass mein Fahrzeug sichergestellt worden sei.
Ein Autodieb hatte die Seitenscheibe eingeschlagen und damit kein größerer Schaden entstünde, sei das Auto abgeschleppt worden. Ein Taxifahrer brachte mich gegen Einwurf kleiner und größerer Münzen zum zentralen Abstellplatz, damals Finthen, wie ich glaube. Mein Auto wollte man mir aber nicht zeigen oder aushändigen, bevor ich nicht Abschlepp- und Abstellgebühren bezahlt hätte. ein dreistelliger Betrag wurde fällig. Zusätzlich zum Taxi.

Als ich endlich mein Auto in Empfang nehmen konnte, besah ich den Schaden. Die Seitenscheibe lag fein verteilt auf Sitz und Fußmatte, zumindest der Teil, der nicht durch die Lüftungsöffnung der Klimaanlage in den Hartkunststoffkanal zum Klappern abkommandiert wurde. Am Erstaunlichsten war es aber, einen Blick auf das Radio zu werfen. Der Dieb hat tatsächlich das Bedienteil meines Radios geklaut. Ich möchte das Gesicht des Hehlers gesehehn haben, als die 'Ware' abgeliefert wurde. Es gibt ja arme Menschen, die immerzu stehlen müssen, damit sie irgendwie arbeitsfrei durchs Leben kommen. Wenn man aber zu blöd zum Klauen eines Autoradios ist, sollte man es vielleicht doch besser mit Arbeit probieren. Auch wenn's manchmal weh tut.


Anmerkung von tueichler:

ps.: Ich hab seitdem nie wieder mein Auto in Mainz stehen lassen!

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