Zugverkehr-t

Erlebnisgedicht zum Thema Leben/Tod

von  Irma

Dieser Text gehört zum Projekt    "Auf Messers Schneide" - Selbsthass/-mord Lyrik
Näher kommt er, sehr schnell.
Gehst geradewegs auf ihn zu.
Er wird dir nicht ausweichen.

Letzte Sekunden -
gefüllt mit Verzweiflung.

Was hast du gefühlt?

Der Zug voller Menschen.
Die Luft voller Sirenen.
Die Augen voller Entsetzen.

Eine junge Frau
bricht
zusammen.
- Augenzeugin -
überrollt
vom Schmerz.

Verdammt zum Zuschauen,
hilflos, ohnmächtig.

Im Gleisbett ein Schuh.

Manche schauen hin. Treten
heran. Sehen betreten weg.

Zurück geblieben -
am anderen Ende des Bahnsteigs
die Tasche voller offener Fragen.

Kein Zugverkehr über Stunden.

Die Gleise leise
flüsternd. Flüstergleise.

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Kommentare zu diesem Text


 Peer (19.07.11)
Betroffen.:-(
Peer

 Irma meinte dazu am 19.07.11:
Ja. Das macht es. LG BirmchenIrmchen
(Antwort korrigiert am 19.07.2011)

 AZU20 (19.07.11)
Schlimm. LG

 Irma antwortete darauf am 19.07.11:
Für alle. LG BirmchenIrmchen
(Antwort korrigiert am 19.07.2011)
magenta (65)
(19.07.11)
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 Irma schrieb daraufhin am 19.07.11:
Ach liebe Magenta, wieso soll ich Dich denn nun nicht mehr liebhaben?
Das "einsam noch" ist wirklich überflüssig, das werde ich sofort streichen. Den Gedankenstrich hinter "Zurück geblieben" wollte ich haben, weil dadurch, wie ich finde, irgendwie dieses "Zurück bleiben!" beim Losfahren des Zuges noch einmal leise anklingt. Die Leerzeile nach "Kein Zugverkehr über Stunden" hatte ich auch schon erwogen, werde ich also nun zufügen. Und das "sehen" statt dem wiederholenden "schauen" - Geschmackssache. Aber vielleicht ändere ich auch das. Danke Dir jedenfalls ganz herzlich für Deine Vorschläge!
LG BirmchenIrmchen
magenta (65) äußerte darauf am 19.07.11:
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 Irma ergänzte dazu am 19.07.11:
Ach Du Schlimme, Du! Fünfzig Prozent meines Gedichtes willst Du mir also streichen... Wirklich unerhört!

Nein, es stimmt. Man könnte den zweiten Teil auch separat nehmen. Aber dann wäre es nur eine Zustandsbeschreibung, kein Ereignis. Miir ging es um dieses fürchterliche Hilflosigkeit, dieses Nicht-Eingreifen-Können.

Meine zwölfjährige Tochter saß in jenem Zug. Er hielt auf freier Strecke, die Fahrgäste wurden zum Bahnhof geleitet. Dort brach genau neben ihr diese junge Frau zusammen, die am Bahnhof auf den Zug gewartet und noch vergeblich den Notruf abgesetzt hatte.
LG BirmchenIrmchen
(Antwort korrigiert am 19.07.2011)
Steyk (61)
(19.07.11)
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Manu (56) meinte dazu am 19.07.11:
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 Irma meinte dazu am 19.07.11:
Ja, liebe Manu. Meine Tocher beschäftigt das Erlebte immer noch...
Dank an Euch beide, BirmchenIrmchen
chichi† (80)
(19.07.11)
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 Irma meinte dazu am 19.07.11:
Ja, auch er ist in so einem Fall verdammt zum hilflosen Mit-Ansehen-Müssen. Ein Rollentausch im Moment des Aufpralls. Der Zugführer wird vom Täter zum Opfer, das ab sofort mit dieser furchtbaren Erinnerung leben muss. Derjenige, der den Schienen-Suizid begeht, wird vom Opfer zum Täter, der einen Unschuldigen mit seinem Schicksal belastet. Und es trifft ja wohl statistisch betrachtet so ziemlich jeden Lokführer irgendwann einmal. (
LG BirmchenIrmchen
(Antwort korrigiert am 19.07.2011)
(Antwort korrigiert am 19.07.2011)

 franky (19.07.11)
Ein Text der mich zu tiefst berührt.
Der erste Teil beschreibt die ohnmächtige Verzweiflung die zu dieser Aktion führt. Der zweite lässt jeden einzelnen Leser das Warum und wie so in seinem Kopf austragen.
Die letzten Zeilen:
„Die Gleise leise
flüsternd. Flüstergleise.“
Hinterlassen eine Versöhnliche Botschaft.

Herzliche Grüße

Franky

 Irma meinte dazu am 19.07.11:
Danke Dir, lieber Franky. Am Ende kann eigentlich nur das betroffene Schweigen stehen. LG BirmchenIrmchen

 EkkehartMittelberg (19.07.11)
Für mich liegt der sehr gut gestaltete Text in der Nähe einer Ballade. Deswegen würde ich ihn auch nicht kürzen.
Ekki

 Irma meinte dazu am 19.07.11:
Danke Dir ganz herzlich, lieber Ekki! Für Deine Meinung und die **!
LG BirmchenIrmchen

 Dieter Wal (20.07.11)
Wie es momentan dasteht, ist es in meinen Augen noch kein Gedicht. Eher eine in Verse gesetzte Reportage. (Verständlich, nachdem du erwähntest, dass du es bzw. deine Tochter erlebt hast).

Befürworte den Vorschlag magentas. Bei mir sähe er so aus:


Zugverkehr


Im Gleisbett ein Schuh.

Manche schauen hin. Treten
heran. Sehen betreten weg.

Zurückgeblieben
am anderen Ende des Bahnsteigs
die Tasche voller offener Fragen.

Kein Zugverkehr über Stunden.

Die Gleise Flüstergleise.


Bei mir findest du in dem Ordner über das Thema Tod zwei Texte zum Thema Suizid meines ehemaligen Mitbewohners Hendrik.
(Kommentar korrigiert am 20.07.2011)

 Irma meinte dazu am 20.07.11:
Danke Dir, Araki. Aber wie schon bei Magenta erläutert, wollte ich nicht nur das "Nachher" zu Papier bringen. LG BirmchenIrmchen

 Dieter Wal meinte dazu am 20.07.11:
Ließe sich noch mehr verdichten:

Zugverkehr


Im Gleisbett ein Schuh.

Manche schauen hin. Treten
heran. Sehen betreten weg.

Zurückgeblieben
am anderen Ende des Bahnsteigs
die Tasche voller offener Fragen.


Aber versteh schon. Du möchtest die Reportage. Ok.

 Dieter Wal meinte dazu am 20.07.11:
Ein Freund ist Psychologe. Einmal wurde er als solcher an den Tatort einer ehemaligen Patientin gerufen. Sie hatte sich vor einen Zug geworfen. Er beschrieb mir die üppige Vegetation des Hochsommers. Als gehörten Leben und Tod zusammen.

Suizid ist immer ein Thema, das uns als Überlebende verstört. Hätte nicht jeder von uns Gründe, sich umzubringen? Die totale Negation des Lebens. Wir lieben in der Regel unser Leben so armselig es sein mag.

 HarryStraight (07.02.16)
Nicht schlecht.

 Irma meinte dazu am 09.02.16:
Dankeschön! LG Irma
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