Kunst und Künstler. Streitbare Aphorismen

Aphorismus zum Thema Kunst/ Künstler/ Kitsch

von  EkkehartMittelberg

Dieser Text ist Teil der Serie  Aphorismen
1. Heute gibt es mehr selbsternannte Künstler als Besenbinder in alter Zeit.
2. Wenn sich alle selbsternannten Genies gleichzeitig telefonisch melden oder ins Netz einloggen, brechen die Leitungen oder Netze zusammen.
3. Zuerst schrieb er unter Beifall naiv, dann mehr und mehr gekünstelt. Als er endlich Kunst schrieb, blieben ihm nur wenige Bewunderer.
4. Caligula machte sein Pferd zum Konsul. Es ist nichts Überraschendes, wenn heute Esel als Kunstkritiker fungieren.
5. „Kunst kommt von Können, käme sie von Wollen, hieße sie Wunst.“(geflügeltes Wort) - Kunst kommt von Können, käme sie von Gönnen, hieße sie Gunst. (E.M.)
6. Nicht jeder, der sein Wohlgefallen/Missfallen zum Ausdruck bringt, hat einen Dunst von Kunst.
7. Im Handwerk gibt es noch Lehrjahre. Pseudokünstler verlieren damit keine Zeit.
8. Wenn Schlampigkeit Zeichen von Genialität wäre, könnten wir uns vor Genies nicht retten.
9. Wenn Kreativität und Geduld sich verbinden, hat Kunst eine Chance.
10. Alte Meister findet man in Kirchen, neue auf Laufstegen.

© Ekkehart Mittelberg, August 2011

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (13.08.11)
Ad 4: in südostasien hat ein regierungschef seinen hund zum minister (außenminister wäre allzu pikant!) ernannt - gar nicht so lange her. wer googelt mal?

affen können sogar malen, mit einem faible für farbkompositionen. bei einem "modernen" kunsthappening wären sie nicht chancenlos. nr. 9 gefällt insbesondere dem schachspieler(.) lothar

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Vielen Dank, Lothar. Dein kommentar zu Nr. 9 legt nahe, den kreativen Schachspieler als Künstler zu sehen. Ich stimme dem voll zu. Interessant daran ist, dass der Akzent auf den künstlerischen Vorgang gelegt wird, ähnlich wie bei den Romantikern. Das Bleibende des Kunstwerks tritt bei dieser Betrachtung in den Hintergrund, denn nach dem Spiel werden die letzten Figuren abgeräumt. Freilich gibt es von den Kunstwerken großer Schachspiele Aufzeichnungen.
Ekki

 Peer (13.08.11)
Punkt 3 finde ich für meinen Teil am treffendsten.;-) Die anderen treffen aber auch ins Schwarze.:)
LG Peer

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 13.08.11:
Lieber Peer, es ist ein Phänomen, dass naive Kunst, die sich ihrer Kriterien nicht bewusst ist, besonderen Beifall findet. Das bewusst durchkomponierte Kunstwerk, das kaum Angriffspunkte bietet, schreckt die ab, die sich der Disziplin der Bearbeitung nicht unterwerfen möchten. Vielen Dank fürs Kommentieren.
Ekki
magenta (65)
(13.08.11)
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 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 13.08.11:
Vielen Dank, Magenta, an Nr. 7 liegt mir sehr viel. In dem Entwicklungsroman "Der grüne Heinrich" erzählt Gottfried Keller, dass sein Protagonist immer wieder glaubte, ein Künstler zu sein, von neuen Meistern aber auf den Boden der Realität zurückgeholt wird. Vielleicht waren die Ansprüche des Realismus an einen Künstler in dem Maße zu hoch, in dem sie heute zu gering sind.
Liebe Grüße
Ekki

 Vessel (13.08.11)
ich habe noch einen: wäre jeder Satz ein Aphorismus, bräuchten Aphorismen den namen Aphorismen nicht.

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 13.08.11:
Danke Vessel, ich versuche mir gerade vorzustellen, wie es wäre, wenn alle Mitteilungen aus Aphorismen bestünden. In diesem Kontext wäre eine platte Äußerung Kunst.
Schmunzelnde Grüße
Ekki
keinGast (48)
(13.08.11)
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 13.08.11:
Vielen Dank, kein Gast. Mit dem Belobigungsaustausch verhält es sich wohl so, wie du es sagst. Wenn du länger hier bist, wirst du freilich erkennen, dass sich einige Freunde bei allem Lob mit konstruktiven Veränderungsvorschlägen fördern. In diese Richtung müssen wir uns vielleicht alle verbessern.
Liebe Grüße
Ekki
Nimbus (35)
(13.08.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Liebe Heike, ich freue mich sehr darüber, dass wir beide Oscar Wilde so mögen. Auch für mich ist er einer der bedeutendsten Aphoristiker. Als Schüler habe ich ohne Hilfe von außen "The importance of being earnest" entdeckt . Darauf bin ich heute noch ein bisschen stolz.
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki
Nimbus (35) meinte dazu am 13.08.11:
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KoKa (42)
(13.08.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Besten Dank, lieber John, ich kann mich nicht erinnern, dass du hier jemals einen Anspruch verkündet hast, den du für dich nicht einlösen kannst. Im Gegenteil, wer deine Texte richtig liest, erkennt Selbstkritik genug und darauf kommt es an. Ich behaupte, dass die meisten von uns hier Dilettanten sind und das auch wissen. Das schließt ja nicht aus, dass uns gelegentlich mal ein Beitrag gelingt, den andere begründend für Kunst halten. Dann sollten wir uns einfach freuen.
Weiterhin unbeschwertes Schreiben wünscht dir
Ekki
(Antwort korrigiert am 13.08.2011)
KoKa (42) meinte dazu am 13.08.11:
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 Momo (13.08.11)
Ich finde 3. und 5. besonders gelungen.

Liebe Grüße
Momo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Ja, vielen Dank, Momo. Man kann doch jemandem mitteilen, dass er seinen Möglichkeiten entsprechend etwas sehr Gutes geleistet hat. Ob das Kunst ist, steht auf einem anderen Blatt. Ich bin für sehr sparsamen Umgang mit diesem Prädikat.
Liebe Grüße
Ekki

 ViktorVanHynthersin (13.08.11)
Mir ging es ähnlich wie John. Unweigerlich stellt man sich auf den Prüfstand und überlegt, ob man der Definition eines Künstler gerecht wird. Gleiches gilt für die eigenen Texte. Wenn man dabei vor sich selbst besteht (und die Nase nicht zu hoch trägt), hat man bestenfalls (nur) für sich selbst ein persönliches Kunstwerk geschaffen.

Kunst kommt von Können. Bei denen, die denken sie wären Künstler, entsteht Dunst )

In diesem Sinne
herzliche Grüße
Viktor

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Dankend unterschreibe ich jeden Buchstaben deines Kommentars, Viktor. Ein neuer - durchaus nicht anmaßender Gedanke - in diesem Thread ist das "persönliche Kunstwerk".
Herzliche Grüße
Ekki
(Antwort korrigiert am 13.08.2011)
ichbinelvis1951 (64)
(13.08.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Ich schmunzle, nein, ich lache mit dir, Klaus.
Vielen Dank
Ekki
Anne (56)
(13.08.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Ich freue mich sehr, Anne. dass dir mehrere Aphorismen gefallen und wünsche auch dir ein heiteres Wochenende.

Herzlichen Dank und liebe Grüße
Ekki

 Songline (13.08.11)
Oh, da hat jetzt bei 10 alles, aber auch wirklich alles in mir laut aufgeschrien! ) Ich lasse mal ein Lob auf die alten Meister hier. Und auf deine Aphos natürlich auch.
Liebe Grüße
Song

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Herzlichen Dank, Song. Ich freue mich für die alten Meister und auch für mich.
Liebe Grüße
Ekki
SigrunAl-Badri (52)
(13.08.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.08.11:
Herzlichen Dank für deine Beispiele, Sigrun, die noch einmal aufzeigen, wie relativ doch der Begriff "Kunst" ist.
Ich wünsche dir einen entspannenden Abend.
Liebe Grüße
Ekki

 TrekanBelluvitsh (22.04.13)
Der Misanthrop in mir jubelt! Da haust du ja ganz schön drauf. Aber vielleicht kann ich dich ja ein wenig überraschen, wenn ich sage, dass mir die Nr. 9 am besten gefällt und da wird ja niemand verdroschen... zumindest nicht so offensichtlich...

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 22.04.13:
Vielen Dank, Trekan, an der 9 liegt mir sehr viel.
LG
Ekki
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