cold girl fever.

Skizze zum Thema Veränderung

von  Erdbeerkeks

Mein Blick zielt geradewegs in den Himmel und versickert im Sternenblau. „Er ist hier größer“, sage ich fest überzeugt. „Das kommt nur davon, dass die Wolken höher hängen“, lachst du, aber ich weiß, dass das nicht wahr ist. Mein Kopf liegt in deinem Schoß, knisternd fräst die Glut weiße Ränder ins Papier und wir warten auf Sternschnuppen. Du nimmst einen Schluck von deinem Wein, mir ist schon ein bisschen schwummrig davon, und ich kann mir dein Lächeln vorstellen, obwohl ich es nicht sehe.  Das Gläserklirren, diese Sommergeräusche, das Dunkel, das Klingeln des Weckers deiner Nachbarin und dieser dichte Rauch in meinem Kopf hinter meinen Augenlidern.
„Ich hab ein bisschen Angst.“, gestehe ich. „Vor dem, was kommt.“ Hilfesuchend vergrab ich meine Nase in deinem Shirt. Meine Fingerspitzen schauen aus den Ärmeln der Jacke hervor, die mir viel zu groß ist und ich betrachte verschwommen die fleckigen Reste meines roten Nagellacks, meine Finger, feuerzeugrau. Ich fühle mich wie das Ende langer Wochen.
Langsam nickst du, legst deinen Arm um meine Taille und ich lege meine Zweifel ab.
„Es gibt Menschen“, sagst du leise, „die einfach dazu bestimmt sind, nur einen kleinen Teil unseres Seins mitzuerleben. Du brauchst sie, entweder weil du ihnen hilfst oder sie dir – vielleicht ihr euch auch gegenseitig. Und irgendwann gehen sie wieder, einfach so, und es tut nicht mal mehr besonders weh.“
Ergeben lauern die Worte unter der Holzbank vor deinem Haus. Ich möchte nicht sagen, dass ich es nicht geahnt hätte, aber solche Dinge eignen sich eine gewisse Endgültigkeit an, wenn sie so offensichtlich sind, dass selbst Außenstehende sie erkennen. Schweigend nehme ich noch einen Zug und fühle Nikotin und dich in meiner Lunge.
Ich weiß, dass du weißt, dass ich mich frage, ob es sich lohnte. Du siehst es mir an, an meiner gerunzelten Stirn und der Art, wie ich träge den Rauch in die schwüle Luft puste. Ob es nötig ist, sich in so einem Dilemma zu verstricken. „Alles nur, damit wir endgültig das werden, was wir jetzt sind.“, beendest du. Wir werden erwachsen und klettern an Schmerzen dem Mond entgegen. Tragen Kratzspuren, Lasten und Geheimnisse. Wer liebte, weiß, dass man Verluste verzeichnet, die über gebrochene Fingernägel und verschmiertes Makeup hinausgehen, aber Augenringe kann man sich nicht einfach aus dem Gesicht wischen – genauso wenig wie Lächeln falscher Leben.
Als du mich tröstend auf die Stirn küsst, weiß ich, dass du mir ein neues Alles gibst, während mein altes irgendwo eingeklemmt zwischen meinen Herzklappen stirbt.


Anmerkung von Erdbeerkeks:

i promised to leave if you ever went cold,
don't hold onto me when there's nothing to hold.

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Kommentare zu diesem Text

Karmesin (20)
(28.08.11)
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 SunnySchwanbeck (28.08.11)
das ist nicht mehr erdbeerkeks. das ist meine jess und alles, was sie ausmacht.

 princess (29.06.12)
Ich mag diesen Text. Ich mag diese leisen Töne, diese unspektakulären Bilder. Und die Wahrheit darin. Allein das:
Wir werden erwachsen und klettern an Schmerzen dem Mond entgegen.
Ja! Sehr toll gemacht, Frau Erdbeerkeks!

Liebe Grüße, Ira
(Kommentar korrigiert am 29.06.2012)
MarieM (55)
(16.07.12)
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 Erdbeerkeks meinte dazu am 16.07.12:
Vielen Dank :) Freut mich, dass der Text dir gefällt. Werde das mit dem Satz mal überdenken. Vielleicht klingt es so wirklich besser.

Grüße, Keks.
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