Seneca einmal weniger moralistisch

Glosse zum Thema Gerechtigkeit/ Ungerechtigkeit

von  loslosch

Quam multi indigni luce sunt, tam dies oritur (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; De beneficiis). Wie viele Unwürdige existieren unter dem (Sonnen-)Licht; dennoch bricht (stets) ein (neuer) Tag an. Frei übersetzt: Wie viele sind das Licht nicht wert. Dennoch bricht der Tag an.

Eine Sentenz voller Klarheit, ohne aufdringlichen moralisierenden Unterton. Modern: Die Sonne scheint über Gerechte und Ungerechte. Erweitert: Nicht entdeckte Ungerechte dieser Spezies fallen kriminologisch unter die Dunkelziffer.

Beleuchtet man den Kontext seiner Worte, so zeigt sich - wie so oft bei ihm - ein Highlight inmitten von moralischen Ergüssen, nämlich (in diesem Kontext) dass viele Menschen existieren, obwohl sie lieber tot wären, dass der Edle seine Wohltaten vollbringt, ohne nach der Belohnung zu fragen, usw.

Ein wichtiger, richtiger und nachdenklich stimmender Gedanke, verstellt von  unerquicklichen Erörterungen. Seneca, der Opportunistische, an dem zuletzt das Leben auf tragische Weise vorbeiging.

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Kommentare zu diesem Text

Jack (33)
(12.09.11)
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 star meinte dazu am 12.09.11:
Die Sonne ist, nicht mal eiskalt, der Rest ist "Kontext"

 loslosch antwortete darauf am 12.09.11:
verstehe ich nicht, star. lo

 Bergmann (12.09.11)
Einfach eine Tatsache, jenseits von Gut und Böse. Hiermit leider ins Moralische gezogen:

"Die Sonne scheint über Gerechte und Ungerechte."

Erstens: Wieso
leider
?

Zweitens: Moralisieren ≠ moralisch.

* * *

Ein kleiner, aber feiner Lotino.
T. t. U.

 loslosch schrieb daraufhin am 12.09.11:
danke, uli. ich werde aber in einer ruhigen stunde etwas nachfeilen müssen (s. unten). t.t. lothar
RobertaRupp (48)
(12.09.11)
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 loslosch äußerte darauf am 12.09.11:
o wie gemein! lothar (wieder) unter dem scheffel ...

 EkkehartMittelberg (12.09.11)
Man kann den Text ohne moralisierenden Unterton lesen. "Unwürdige" kann sich zum Beispiel auf Leistung beziehen. die moralisch indifferent beurteilt wird. Bei dem Stoiker Seneca muss man jedoch davon ausgehen, dass er die Senzenz moralisierend gemeint hat.
Ekki

 Lluviagata ergänzte dazu am 12.09.11:
Genau!

 loslosch meinte dazu am 12.09.11:
ja, ich hätte besser sagen sollen, dass sein oft moralisierender ton hier etwas in den hintergrund tritt. ich überlege noch. danke für den tipp. lothar

 loslosch meinte dazu am 12.09.11:
ja, madame lu. ich werde (später) nachfeilen müssen. lothar
KoKa (43)
(12.09.11)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 12.09.11:
*Nick* Ich schließe mich da KoKas Worten an.

GlG
Jörg

 loslosch meinte dazu am 12.09.11:
für vorschläge offen. warum auch nicht. lo
KoKa (43) meinte dazu am 12.09.11:
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 loslosch meinte dazu am 12.09.11:
die hälfte hab ich übernommen. danke.

 Lala (12.09.11)
Der Sonne und dem Licht wird's egal sein, oder? Erst die Reflektionen machen es kompliziert.
Graeculus (69)
(02.10.15)
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 loslosch meinte dazu am 02.10.15:
ob seneca passagen des AT kannte? wenn nicht, dann sind ideen daraus allgemeingut geworden. meine vermutung.

 Dieter Wal (07.10.15)
"verstellt von unerquicklichen Erörterungen" Las alle Briefe an Lucilius mit Vergnügen. Mir gefiel gerade, dass er eben nicht substanzlos schwafelt, wie man das in der neueren dt. Philosophie und auch Germanistik seltsamerweise gewohnt zu sein scheint, sondern wirklich etwas zu sagen hat.

Seneca war für mich nie Pflichtlektüre. Vielleicht daher so verschiedene Erfahrungen.

 loslosch meinte dazu am 07.10.15:
unerquickliche erörterungen sind ja nicht notwendig substanzlos. auf dichtem raum schafft seneca höhen und tiefen. sprachlich ist er stark wie nietzsche, philosophisch so angreifbar wie ebendieser.

 Dieter Wal meinte dazu am 07.10.15:
An einer Stelle erwähnt Nietzsche selbst, dass sein blumiger pathetischer Schreib-"Stil" schädlich auf die Leser wirkt, sobald sie ihn kopieren. Ausgerechnet diese größenwahnsinnige Schwafel-Fabrik würde ich nie mit Seneca in Verbindung gebracht haben. Ihr armen Nietzsche-Geschädigten! Das nächste Epikur-Garten-Essay handelt von N..
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