Mülldeponie

Alltagsgedicht zum Thema Umwelt/Ökologie

von  EkkehartMittelberg

Versteckt in Bergen dehnt sich der Moloch,
sein Rachen, der den Wohlstandsmüll verschlingt,
ein Laster nach dem andern Nachschub bringt,
ob Hausmüll oder Gift, wer weiß das noch?

Fernab der Straße seine Dünste stinken,
ein Cocktail, der aus Resten schön gemischt,
aus Ackerbau und Industrie gefischt,
wird nie ins Wasser, das wir trinken, sinken.

Nur Sonderlinge denken an Gefahren,
und unablässig fordern sie Kontrollen,
als wäre was passiert in all den Jahren.

Vergrabnes Gift kann völlig harmlos scheinen,
man soll nicht ins Verborgne schauen wollen,
und wer vorbeifährt, ist mit sich im Reinen.

© Ekkehart Mittelberg, Oktober 2011

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (14.10.11)
nachdem ich vorbeigefahren war, war ich mit mir im reinen, - sowas kann ein schlechtes gewissen erzeugen. zermürbendes finale. lothar

 loslosch meinte dazu am 14.10.11:
das ist nie und nimmer ein alltagsgedicht, ekki! wenngleich es etwas alltägliches behandelt ...

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 14.10.11:
Lieber lothar, mit einigen wenigen Gleichgesinnten habe ich lange Zeit fast alltäglich gegen gefährliche Ablagerungen in einer Mülldeponie gekämpft. Nur wer es selbst erlebt hat, kann sich vorstellen, welche Geduld es erfordert, Betreiber und Kommunalpolitiker dazu zu bringen, sich zu bewegen. Die Deponie hat endlich eine Basisabdichtung erhalten. Aber wie es darunter aussieht.......
Vielen Dank für deinen zutreffenden Kommentar.
Ekki

 Songline (14.10.11)
Bei uns in der Nähe liegt eine Deponie gleich an der Autobahn. Da gucken Entlüftungsrohre raus und erinnern an den Mist unter dem deckenden grünen Rasen. Da fährt keiner vorbei, ohne drüber nachzudenken.
Gutes Sonett!
Liebe Grüße
Song

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 14.10.11:
Vielen Dank, Songline. Die Mülldeponie in meiner Nähe liegt versteckt wie in meinem Gedicht. Die Ablagerungen sind also für die meisten Bürger unsichtbar. Da lobe ich mir die Entlüftungsröhren.
Liebe Grüße
Ekki

 Didi.Costaire (14.10.11)
Hallo Ekki,
so eine Mülldeponie ist eine schmutzige Sache.
Auch du hast nicht immer ganz sauber gedichtet, angefangen, vom Moloch, den du so gedehnt hast, dass er auf "Loch" betont steht, bis hin zum Schlusssatz, der unter dem Vorsatz zu stehen scheint, das Wortspiel mit dem Reinen hineinzubringen, insgesamt aber etwas unausgegoren wirkt.
Liebe Grüße, Dirk

 loslosch äußerte darauf am 14.10.11:
... bis hin ... suggeriert noch andere ungenauigkeiten. zähl sie doch einfach auf. die differenz zwischen metrik und rhythmus in v. 1 stört (mich) kaum. man kann doch das erste o im moloch etwas gedehnt sprechen, bevor man auf dem zweiten o betont. die kritik an "Reinen" habe ich nicht verstanden. es ginge aber auch gut: ... und wer vorbeifährt, scheint mit sich im Reinen ... mit sich im reinen empfinde ich als eine psychologisierende betrachtung. das gaspedal lenkt von den subtilen wahrnehmungen ab. lo

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 14.10.11:
Hallo Didi, mir war bewusst, dass der Moloch auch metrisch schillert. Deswegen hatte ich mich im Etymologie-Duden vergewissert. Beide Betonungen sind zulässig: Moloch: hebr. mólek > gr.Molóch. Mir liegt die jüngere Betonung näher. Deine Schwierigkeit mit dem Schluss kann ich nicht nachvollziehen. Lothar hat ihn erläutert. Man könnte, wie er anmerkt, auch statt „ist“ „scheint“ wählen. Ich bleibe bei dem apodiktischen „ist“. Wer wegsieht, hat keine Skrupel. Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki
(Antwort korrigiert am 14.10.2011)

 loslosch meinte dazu am 14.10.11:
die möglichkeit "scheint" ist sogar schlechter. ich übersah das scheinen zwei verse drüber.

 Didi.Costaire meinte dazu am 15.10.11:
@ Lothar: Ich halte es für problematisch, dass verschiedene Positionen alle im Indikativ und gleichen Tonfall gehalten sind. Schon die "Sonderlinge" kommen recht unvermittelt nach den kritischen Tönen zuvor, denn den Begriff würden nur deren Gegner verwenden.
Außerdem unschön klingende Inversionen in V 3 und V 6, obwohl jeder Reim nur zweimal verwendet wird und Kadenzen wechseln. Und "etwas" in V 11 müsste auf der ersten Silbe betont werden.

 loslosch meinte dazu am 15.10.11:
strophe 1 geht für mich als naturalistische schilderung durch. am ende der 2. strophe der sarkasmus: wird nie ins wasser ... sinken. prognose eines satirikers. somit sind die sonderlinge recht gut präpariert.

das in der tat unschön betonte etwas lässt sich leicht vermeiden. du kennst bestimmt die lösung, dirk:

... als wäre was passiert in all den Jahren.
(Antwort korrigiert am 15.10.2011)
chichi† (80)
(14.10.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.10.11:
Liebe Gerda, Gorleben ist eine Deponie mit unvergleichlich hohem Gefahrenpotential. Man darf für künftige Generationen nur hoffen, dass sie mit größtmöglicher Sorgfalt abgedichtet wird.
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki

 Georg Maria Wilke (14.10.11)
Brandheiß und du hast dies sehr interessant umgesetzt.
Gerade diese Spannung, die das formale ausgewogene Element und die harmonische Ordnung, die im Widerspruch zum Inhalt steht finde ich super gelöst.
Liebe Grüße

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.10.11:
Lieber Georg Maria, genau das war meine Absicht, die formale Ordnung des Sonetts mit dem brisanten Inhalt sich reiben zu lassen.
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki
(Antwort korrigiert am 14.10.2011)
KoKa (43)
(14.10.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.10.11:
Ja, John, zum einen wird der Hausmüll oft nicht sorgfältig getrennt, zum anderen denke ich an die Abfälle der Industrie. Sie haben zum Beispiel so harmlose Namen wie Formsande und Kernsande. Damit könnte man doch die kommunalen Sandkästen ausstatten -).
Vielen Dank
Ekki
Nimbus (36)
(14.10.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.10.11:
Heike, ich stelle mir gerade vor, welche Geräusche Radioaktivität von sich gäbe, könnte man ihre Gefahr akustisch wahrnehmbar machen.
Danke und liebe Grüße
Ekki
ichbinelvis1951 (64)
(14.10.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.10.11:
Vielen Dank, Klaus, du hast beklemmend beschrieben, was in alten Deponien eingelagert ist. Man hat sie später notdürftig gegen neue gefährliche Ablagerungen abgedichtet, aber viele Gifte unter den Abdichtungen wurden nicht entsorgt. Da ticken Zeitzünder!
Nachdenkliche Grüße zurück
Ekki
Steyk (61)
(14.10.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.10.11:
Vielen Dank, Stefan, die illegitime Entsorgung auf Deponien scheint häufig vorzukommen, weil, wie du schreibst, die Betreiber damit sehr viel verdienen können. In Kriminalfilmen erscheint jedenfalls oft das Motiv der strafbaren Ablagerung.
Liebe Grüße
Ekki

 AZU20 (14.10.11)
Passt. Vor Jahren habe ich als Umweltschützer mit einem Stein ein Loch in eine Folie gewortfen, die angeblich den Müll für alle Zeiten vom Grundwasser abhalten sollte. Noch heute fahren Tankwagen und pumpen das Giftwasser ab, das natürlich längst austritt. Wie dumm sind die Verantwortlichen eigentlich oder eher verantwortungslos? LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.10.11:
Da die Verantwortlichen immer wieder gewarnt werden, unterstelle ich eher Verantwortungslosigkeit als Dummheit.
Vielen Dank, Armin, und LG
Ekki
Gruszka (62)
(14.10.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.10.11:
"Mount-ever-Rest", eine geistreiche Anspielung, Irene.
Vielen Dank und herzliche Grüße
Ekki

 ViktorVanHynthersin (14.10.11)
Ich will nicht behaupten, schon viele Sonette (oder Gedichte) zum Thema Umwelt/Ökologie/Müll gelesen zu haben. Allerdings war keines dabei, welches so wortgewandt die Missstände anprangert wie Deines, lieber Ekkehart. Vom Atommüll abgesehen, ist das Thema ohnehin nahezu aus den Medien verschwunden, so scheint mir.
Herzliche Grüße
Viktor

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.10.11:
Lieber Viktor, es könnte ein Hinweis auf gewachsene Sorgfalt der Betreiber sein, dass das Thema Deponien in den Medien weniger Beachtung findet. Ich denke, dass in Zeiten wirschaftlicher Rezession die Menschen mehr mit ihren finanziellen Problemen beschäftigt sind und Umweltprobleme verdrängen.
Vielen Dank für deine Empfehlung und herzliche Grüße
Ekki
SigrunAl-Badri (52)
(14.10.11)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 15.10.11:
Besten Dank, Sigrun. Du hast auf den entscheidenden Punkt der Apathie gegenüber Umweltzerstörung verwiesen. Die Gefahr von Giften ist nicht sichtbar. Das vereinfacht die Verdrängung.
Liebe Grüße
Ekki

 TrekanBelluvitsh (05.12.17)
Das Brett vor dem Kopf erspart den Zimmermann.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 05.12.17:
Merci, Trekan. Das Brett passt zu Holzköpfen.

 Sanchina (05.12.17)
In Dessau, wo das Zyklon B hergestellt wurde, erzählten die Älteren, die Russen hätten den Müll in Eisenfässern vergraben.
Es ging durch die Presse. Doch schon bald kam von offizieller Stelle Entwarnung: es sei überhaupt kein Gift mehr da! Kein Mensch, nicht einmal einer der Kommunalpolitiker, hat das geglaubt, damals, 1994.

 Sanchina meinte dazu am 05.12.17:
Zyklon B ist das Gift, das in den Gaskammern der KZ's verwendet wurde.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 05.12.17:
Merci, Sanchina, so ist es, auf solche Warnungen folgen reflexartig die Entwarnungen und die Öffentlichkeit schläft weiter.

 Dieter Wal (05.12.17)
Beeindruckend!

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 05.12.17:
Danke für die Empfehlung, Dieter.
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