Ach, der Herr Doktor!

Satire zum Thema Beobachtungen

von  loslosch

Mundus titulis titillatur (Johann Michael Moscherosch, 1601 bis 1669; Wunderbahre und wahrhaftige Gesichte Philanders von Sittewalt [Pseudonym von Moscherosch]). Die Welt wird mit Titeln gekitzelt.

Der aus dem Elsass stammende Moscherosch war ein gar wundersamer, satirisch begabter Schriftsteller und kleinteiliger Staatsmann in der bewegten Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In seiner Erzählung "Das Treffen in Telgte" (1979) lässt ihn Günter Grass zu Recht als Zeitzeuge des Barocks aufmarschieren. Wie Moscherosch seinen Geschichten und Reiseerlebnissen (Frankreich, Schweiz, Deutschland) immer wieder lateinische Sentenzen beimischt, auch selbst ausgedachte wie diesen gelungenen wortspielerischen Ausspruch, ist erfrischend und amüsant zu lesen. Immer noch stimmig, dieses titulis titillatur.

Dem Sommerurlauber des Jahres 1975 in einem kleinen Hotel in Pörtschach am Wörthersee schallte beim Eintreffen am Frühstückstisch allmorgendlich der Ruf entgegen: "Herr Dokter, des Eyli kimm gley!" Was will uns dieses sagen? Erstens: Im Nachfolgestaat von k. u. k. ist das Führen wie auch Benennen von Titeln stets eine große Ehre für alle Beteiligten. Zweitens: Verehrte, liebe Gäste, bei uns weilt (welch seltene Begebenheit) ein Herr Doktor zu Gast.

Im Brüssel (Belgien) der 1970er Jahre war das Anbringen des Doktorgrades an die Türklingel mit einem Risiko verbunden. Der Wohnungsinhaber lief Gefahr, von medizinischen Rat Suchenden behelligt zu werden.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (19.10.11)
Ich kannte einen Professor, der sich mit Prof. Dr. auf seiner Mülltonne verewigt hatte. Ich konnte freilich keinen besonders achtsamen Umgang der Leute von der Müllabfuhr mit dieser promovierten Tonne feststellen. Gerne hätte ich eine Parallele in Österreich beobachtet.
Ich denke, dass die Erkenntnis des Herrn Moscherosch für große Teile der Welt immer noch gültig ist. Der schöne Titelkonsul Weyer hat sich mit dem Verkauf von Doktortiteln auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit eine goldene Nase verdient.
Ekki

 Bergmann meinte dazu am 19.10.11:
Ich hatte einen Onkel, der schrieb auf seine Koffer: Professor Dr. habil. Kurt Albert B. ... Damit handelte er sich den Spitznamen Onkel Habil ein...

 loslosch antwortete darauf am 19.10.11:
@all: die promovierte tonne, tritt sie in dieselbe. ich kannte einen dr. werner, der schrieb auf die umlaufmappe: herrn x - y - z - dr. (!) werner. er war auch sonst ein arschloch. onkel habil war sehr ungeschickt! :) lothar
ichbinelvis1951 (64) schrieb daraufhin am 20.10.11:
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 loslosch äußerte darauf am 20.10.11:
warum nicht: ... macht sich klaus einen reim ... ? lo

 Irma (19.10.11)
Und die Ehefrau schmückte sich mit dem Namen ihres werten Mannes und gelangte so - aber auch nur so! - ganz ohne Umschweife ebenfalls in den Genuss eines solchen Titels: "Ach, die Frau Doktor!" LG BirmchenIrmchen
(Kommentar korrigiert am 19.10.2011)
(Kommentar korrigiert am 19.10.2011)

 loslosch ergänzte dazu am 19.10.11:
meine selige tante war mit einem dorfschullehrer verheiratet. nach dem umzug in eine kleine gemeinde mit zwergschule in den 1950er jahren sagten die "dorfältesten" zu ihr: "frau lehrer". sie hat sich das verbeten. mich tät mal interessieren, wie die bayern heute die ehefrau des protestantischen pastors anreden.

 ViktorVanHynthersin (19.10.11)
Der Herr Doktor, der Herr Pfarrer und der Herr Schulmeister waren neben dem Schulzen geachtete Personen in der Gemeinde. Lehrer haben diesen Status schon länger verloren, die anderen Berufsgruppen arbeiten mit Nachdruck daran.
Herzlichst
Viktor

 loslosch meinte dazu am 19.10.11:
... mit nachdruck daran, ohne dass sie es merken, viktor.
*Frieda* (48)
(19.10.11)
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 loslosch meinte dazu am 19.10.11:
das lyrIch ist jetzt sehr gehemmt .. :) lothar

 Didi.Costaire (19.10.11)
Hallo Lothar,
schwierig finde ich, dass der akademische Grad zugleich Berufsbezeichnung ist und in der Ansprache verwendet ist, insbesondere dann, wenn der Arzt gar kein Doktor ist. Mein Hausarzt jedenfalls ist zwar Doktor, aber nicht Dr. X..., sondern Herr X...
Mit dem Klingelschild seiner Privatwohnung wird er keine Probleme haben.
Beste Grüße, Dirk

 loslosch meinte dazu am 19.10.11:
ich hatte früher einen hausarzt namens dr. dockter. dem sagte ich: sie sind der einzige arzt, zu dem ich herr "dokter" sage. - das elsass hats mir angetan. ich sass wie auf einem erlass.

 Lluviagata (19.10.11)
Hier und heute würde man sich am Nachbartisch zuflüstern, dass der Herr Moscherosch als Doktor, der er nun mal ist, tztztztzzzz, einen unziemlichen Lebenswandel führt. Jeden Tag ein Ei! Aber aber! Und das zu Glanzzeiten eines Low Density Lipoprotein!

Heute glänzen Sie wieder mit feinster Ironie, Herr Doktor loslosch! ♥

 loslosch meinte dazu am 19.10.11:
meintest du den moscher-losch? lipoprrrrrr... kündigst du herz- und gefäßkrankheiten an? dazu ein trick: Der Eier-Trick aus den aphos, andrea lo
iseabail (46)
(19.10.11)
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 loslosch meinte dazu am 19.10.11:
a good idea. say it mr. karl-theodor zu guttenberg. many thanks, isea
drhumoriscausa (60)
(19.10.11)
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 loslosch meinte dazu am 20.10.11:
zerstreute professoren passen zusammen. lo
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