Römische Geschichtsforschung

Erörterung zum Thema Historisches

von  loslosch

Phoenices primi, famae si creditur, ausi mansuram rudibus vocem signasse figuratis (Lukan, 39 n. Chr. bis 65 n. Chr.; Pharsalia). Die Phönizier (waren), wenn man der Überlieferung folgt, die ersten, die es wagten, das Wort, das überdauern soll, in rohen Erscheinungsformen einzukerben.

Da hat aber der Neffe von Seneca dem Jüngeren (ebenfalls dem angeblichen Nero-Komplott 65 n. Chr. zum Opfer gefallen) heftig danebengegriffen. Die moderne Spurensuche nach den ältesten schriftartigen Aufzeichnungen ergibt ein anderes Bild: Die Phönizier, jenes alte Seefahrervolk, ursprünglich beheimatet in der heutigen Levante (Israel, Syrien), entwickelten etwa ab 800 v. Chr. eine Schriftsprache. Die Assyrer hatten ihre Keilschrift knapp 1000 Jahre eher, und die alten Ägypter benutzen ihre Hieroglyphen, eine Mischung aus Bilderschrift und konsonantischen Schriftzeichen, weitere 1500 früher, etwa ab dem 4. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung. Wesentlich älter sind Funde von Schriftzeichen aus dem fernen China. Dieser Irrtum jedoch wäre den Römern des 1. Jhs. n. Chr. nicht vorwerfbar, denn so weit reichte das damalige geografische Auge nicht, maximal bis zum Indus.

Alles, was älter ist als die Gründung Roms (753 v. Chr.), die Geburtsstunde des römischen Weltreichs, vermochten die Römer 800 Jahre später mit ihren beschränkten Methoden der Altersschätzung in der zeitlichen Abfolge nicht richtig zu bestimmen. Erstaunlich dennoch die falsche zeitliche Einordnung der phönizischen Kulturleistungen - angesichts der gewaltigen Monumente im alten Ägypten. Den Römern standen wohl die phönizischen Seefahrer mental näher als die Assyrer mit ihren Kulturleistungen im alten Mesopotamien, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, und die zeitlich erheblich früheren ägyptischen Pharaonen mit ihren pyramidalen Denkmalen aus dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung.

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Kommentare zu diesem Text


 Lluviagata (15.11.11)
Vielleicht wurde auch nur ein römischer Geschichtsschreiber schnöde bestochen, in seinen Aufzeichnungen zu flunkern.
Man weiß es nicht.
Geschichtsunterricht auf unterhaltsame Art! Und das bei dem Nebel ...

 loslosch meinte dazu am 15.11.11:
ich musste spekulieren, andrea. die plausible erklärung wäre, dass die römer mental sehr viel mit den phöniziern verband. dem artikel sieht man kaum an, dass er mir viel mühe (aber auch freude) gemacht hat. danke dir, andrea lothar
(Antwort korrigiert am 15.11.2011)

 EkkehartMittelberg (15.11.11)
Wir können nur spekulieren, Lothar, warum Lukan, dem die kulturellen Hochleistungen der Ägypter, auch auf dem Gebiet der Schrift, gewiss bekannt waren, sie zugunsten der Phönizier nicht erwähnte. Vielleicht war Lukan wie vielen Römern bewusst, dass ihre besten Leistungen nicht kulturelle waren (aus der Überlegenheit der Griechen machten sie keinen Hehl), und er hat die diese Konkurrenz bewusst totgeschwiegen.
Ekki

 loslosch antwortete darauf am 15.11.11:
du denkst mehr an das bewusste unterdrücken älterer schriften, ekki. ich mehr an das unbewusste. die phönizischen runen waren zurzeit lukans gut 800 jahre alt, die ägyptischen mehr als 3000 jahre. ob 800 oder 3000, beides ist "sehr alt", wenn man keine verlässlichen methoden der altersbestimmung zur hand hat. lukan war ein junger mann, als er aus röm. quellen trank. lothar, gratias agens
RobertaRupp (48)
(15.11.11)
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 loslosch schrieb daraufhin am 15.11.11:
kommst auf kluge gedanken, roberta. ich las bei dir ausladende oberseminargedanken. das ist grotest.

nicht deine groteske. lothar
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