Grob- und Feinheiten der parabola

Text

von  Akzidenz

Die echten Moralisten beherrschen die schwerblütige Geburt des Ethos wie kein zweiter; sie brüsten sich aber auch dafür einer viel zu hohen Empfindlichkeit, einer fast vorgeblichen Einsicht, die, so entlegen sich die Ungunst aller Betroffenen auch dagegen auflehnen möge, von den inneren Stimmungen ihrer Philotimie und ewiger Ritterlichkeit geweckt zu werden scheint. Das ist dann immer so ein Wunder, dass sie obendrein jedwedem Übel standhalten, das die Straße hergibt - nicht in Wirklichkeit, aber moralisch.

Ich kann auch diese Instinkte nicht ohne die Begeisterung entlassen, die Ich für sie übrig habe - wenn aus rechtem Grund Moral geschieht, so ist das ihre Grandezza: die Courtoise des Hofes, der Anstand, die Hoffart älterer Genossen, Greise, Weiser, Mediatoren. Ein Altertum vergreister Ehrenmänner. Selbst in den unbequemsten Lagen einer anderen Art Promenade, die wir leider nicht kennenlernen dürfen, siehet sich der heilige Ernst dieser Menschenretter irgendwo- und wann bewogen, unbeirrte Reden zu halten und altertümliche Suaden der Moral und der Verscheidung auf die Kanaillen fallen zu lassen, dass man glauben wird, es hätte sich etwas Herzliches, ja beinahe Beruhigendes darin entboten, was die Endzeitstimmungen überdauern könnte. Denn der echte Moralist entblößt die Feigheit, sich als erster Mensch geziemt zu sehen, freilich über alle die, die nicht das Rückgrat haben, sich zu denaturieren; denn die große Peinlichkeit der Straße, sich zum Passanten zu bekennen, beweist nur dem, der bloß vorbeigeht, den, der in ihm bleibt zu übergehen. Und das ist ihre Dignität: sie machen nicht viel Geheimkult daraus.

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Kommentare zu diesem Text

fragilfluegelig (49)
(05.12.11)
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 Akzidenz meinte dazu am 05.12.11:
Vielen Dank für diesen liebevollen Kommentar, fragilfluegilg!

Es ist mehr als eine große Gunst,
sich etwas derart Bezeichnendes
über den eigenen Text anhören zu dürfen.

Ganz beglückend,
vielen Dank!
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