Die Dame mit dem Apparat

Geschichte zum Thema Erotik

von  KayGanahl

Wunschgemäß lässt er sich abbilden von der Dame, die einigen Herren gerade einen Korb gegeben hat. Er strahlt über das ganze jugendliche Gesicht. Geklirrt haben Fensterscheiben. Eine Autotür wurde zugeworfen. Zwei, drei Schreie aus Wut waren zu hören. Mülleimer in einer Straße weiter könnten wohl umgeschmissen worden sein. Es dunkelt im Moment noch nicht, so kann sie ihren Apparat ruhig in Händen halten und handhaben. Er lächelt ins Objektiv, weil er glaubt, dass es dem Bild guttut. Sanft lächeln auch ein paar Sonnenstrahlen und hellen ihn, den jungen Kerl als Fotomotiv beträchtlich auf.
Diese Mexikanerin drückt mehrmals ab. Es macht ihr offensichtlich Freude, so zu arbeiten. Vielleicht ist sie ein Profi. Aber genau feststellbar anhand ihrer Vorgehensweisen ist es nicht. Sie beeilt sich durchaus.
Hinten sind noch ablenkende Geräusche hörbar. Aber entgegen seiner Befürchtung, wird die mexikanische Dame keineswegs noch eiliger, sondern behält ganz die Ruhe bei ihrer Tätigkeit. Ihr Gesicht ist während der fotografischen Tätigkeit leicht gerötet. Das kann er sehen; und: sie hat einen Teint, der sie offensichtlich als Mittel- oder Südamerikanerin, jedenfalls als Mensch aus den südlichen Breiten, zeigt. Langes schwarzes Haar ziert ihren Kopf, an dessen Hals eine Kette aus goldfarben bedrucktem Plastik hängt. Sie ist eher dürr an Gestalt, alles an ihr ist streng und dürr gestaltet. Man möchte ihr ausweichen, da sie wie ein Gespenst durch den Raum schleicht. Direkt aus der Wüste gekommen  - ist sie das? -  könnte man sie für ein verirrtes Wüstentier halten. Sie wirkt jetzt auch ziemlich erschöpft.
Nun betätigt sie den Winder. Es wird von ihr oftmals der Auslöser des Fotoapparats betätigt. Außerhalb der Stadt könnte sie vielleicht ein Superstar der Spiegelreflexkamera werden!
Der junge Kerl, der hier fotografiert wird, kommt aus dem Lächeln gar nicht mehr heraus.
Dann wird die Fotografin in ihrer großen professionellen Sachlichkeit ausgesprochen konkret, weil sie ihm über etwas Bericht erstattet. Er ist nun einmal bei ihr, deshalb darf er zuhören. Natürlich sollte sie den Bericht eigentlich einem anderen Menschen "erstatten", einem, der kompetenter ist, zudem ihr als Mensch weitaus näher steht. Sie berichtet, ein Herr wollte sie vor ungefähr einer Stunde hier in diesen Straßen belästigen, weshalb sie ihn umbrachte. In den letzten Atemzügen schoss er ihr ins linke Bein.
Dies ist hier und heute bestens zu erkennen: Blut rinnt noch durch den Nylonstrumpf. Anscheinend bemüht sie sich darum, das zu verstecken, weil sie nämlich den Strumpf mit einem Tuch bedecken möchte, was misslingt. Ihr Modell hilft dabei, indem es auf die Straße geht, dort nach einem geeigneteren Tuchfetzen sucht. Zum Glück sind keine anderen Leute anwesend.
Alsdann fragt er die mexikanische Fotografin nach dem Opfer, dem Platz, wo es liege. Hierauf antwortet sie, das das Opfer, falls es denn ein solches sei, zwischen Steinbrocken liege, die an Häuser gelegt wurden. Das Modell sieht an dem Platz nach, stellt sogleich fest, dass er, ein Mann irgendwo zwischen 50 und 60 Jahren, noch dort liegt. Die Fotografin geht - den Fotoapparat in der Hand - an ihm vorbei, als wäre nichts geschehen. Bald steckt sie den Apparat in eine Handtasche.

Sicher könnte der Arbeitstag beschlossen werden als einer, der etwas außergewöhnlich gewesen ist; trotzdem will sie den Eindruck erwecken, als ob nichts gewesen sei, weshalb sie ganz professionell ihre Tätigkeit wieder aufnimmt, was ihn, das Modell, überrascht. Aber er kennt ja seine Fotografin wirklich noch nicht lang!
Furchtsam posiert er gemäß den Anweisungen. Sie ist nicht zurückhaltend, kann selber keine Minute stillhalten. Außer ihnen hält sich keiner in der Sackgasse auf ... dieser Sackgasse mit den Jägerzäunen. Aus dem, was sie in diesen Minuten sagt, ist nicht viel Künstlerisches zu erschließen. Doch immerhin: sie spricht. Er hingegen beschränkt sich auf das Posieren!
Frage: Was soll hier Kunst sein? Sie möchte doch nur, dass ich sie besteige wie eine Hündin, sagt er zu sich selbst. Und agiert dabei, wie sie es will. Mehr tut er wirklich nicht. Im Grunde ist das aber auch schon genug, denn es sind Nacktfotos angesagt!
Viele Großmütter sitzen jetzt nicht an den Fensterscheiben dieser Sackgasse. Es ist dunkel. Es ist immer dunkler geworden in den letzten zwei Stunden.

"Das ist ein Mord gewesen“, so sagt sie. Sie strotzt vor Selbstbewusstsein. Schon zieht sie ihren Büstenhalter aus.
"Das ... ein ...?" fragt er sie. Er ist noch ziemlich höflich zu ihr. Unglaublich. Die Mexikanerin trägt den Namen Adelle, und ihr roter Büstenhalter liegt am Boden.
"Ich habe den Mann, weil mir danach war, ermordet. Er war zu heiß auf mich. Denn ich muss heißer sein als der Kerl, den ich an mich ranlasse ..., das muss zwischen uns gleich klar sein!" sagt sie unmissverständlich.
"Ja doch“, meint der junge Karl, das Modell. Noch immer fühlt er sich nicht aufgefordert, was zu unternehmen.
"… dieser Kerl hat geheult, als ich ihm das Messer in die Brust schlug ..., aber wie ...!" sagt sie. Sie steht, inzwischen weitgehend unbekleidet, nur noch da, - - -



Kay Ganahl
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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (12.12.11)
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