Stepf - Die virtuelle Liebe, oder nicht?

Erzählung zum Thema Ausweglosigkeit/ Dilemma

von  Prinky

Sechstes Kapitel

Es war einmal...
so beginnen bekanntlich Märchen. Und Märchen haben zumeist ein glückliches Ende. Aber dieses lief schon eine gewisse Zeit, jedenfalls in meinen Träumen, aber nun war der Zeitpunkt gekommen, ihr entweder zu helfen ihren angeblichen Traummann näher an sich ran zu lassen, oder die Sache zu beenden, bevor sie richtig beginnt. Ich spürte bei einem erneuten Treffen, das sie sich nicht recht wohl fühlte. Ihr Magen schien mit einem großen Sack Fragezeichen gefüllt zu sein. Ich wußte von IHM, und jener Internet-Seite, auf der sie erst seit kurzem ihr Glück versuchte. "Weißt du was," meinte ich locker zu ihr, "lass uns doch am Sonntag mal zum Schwimmen fahren."
"Ja," meinte sie, und ich merkte ihr an, das sie sich jetzt gerne mit mir über ihn unterhalten würde. Aber ich wollte das zu diesem Zeitpunkt nicht.
"Am Sonntag, ja? Am Sonntag!"
Irgendwie wollte ich ja immer für sie da sein, aber sie merkte nicht, daß sie mir weh damit tat. Sie fragte ausgerechnet mich, ob er ihr Traummann sein könnte. Ausgerechnet mich, den, der sie liebt.

Ich fuhr wieder nach Hause, und schaute in den Rückspiegel. Sie sah mir nicht nach. Alles war wie immer. Sie träumte von einem andern, mochte aber mich. Ich tat recht cool, war aber so nah am Wasser gebaut, daß mein Gesicht andauernd nass war. Aber ich versuchte es zu unterdrücken, wenn ich in ihrer Nähe war. Das war so etwas wie ein männliches Gen, welches nicht unterdrückt werden konnte. Am Abend lag ich wach. Der Sonntag rückte näher. Schon übermorgen würde sie wieder neben mir sitzen. So nah, und doch so fern. Die Zeit prüft mich, dachte ich, und schlief schließlich mit unruhigem Bauchgefühl ein.

Der Sonntagskaffee war gerade getrunken, als ich schon froh gelaunt im Auto saß. Während meiner Fahrt zu ihr, die nicht lange dauerte, zog ich mir ein Trance Stück rein, um meinen Träumen auf leichtem Wege näher zu kommen. Sie stand nicht an der Straße, als ich um die Ecke bog. Warum auch? Ich stellte meinen Wagen  genau vor ihrem Elternhaus ab, und ging zur Türe, um sie aus ihren Gedanken zu schellen. Aber ich kam nicht dazu, weil sie mir schon öffnete. Mein Finger bremste seinen Anflug auf die Klingel ab. "Hey, wow, du hast mich wohl erwartet," stellte ich süffisant fest. "Klar," entgegnete sie, "bei so einem tollen Typen muss man doch vorbereitet sein. Ich bin im übrigen fertig. Können wir, oder willst du noch einen Kaffee?"
"Nee du," meinte ich, "zuhause musste schon eine volle Kanne dran glauben. Ich denke, das muss reichen...für`s erste..."
Wir stiegen ein, und ich gab wenig Gas. Gerade soviel, das man spürte, das man fuhr. Denn ich genoss diese Fahrt jetzt schon, und von mir aus könnte sie ewig andauern.

Während der Fahrt waren wir schon im Gespräch. Es gab viel durchzukauen, und vor allem ein Thema. Es war so Facettenreich, daß wir nur dran gekratzt hatten, als wir nach ca. einer Stunde unser Ziel erreicht hatten. Als wir auf dem großen Parkplatz vor dem Schwimmbad geparkt hatten, und wir uns Richtung Eingang bewegten, nachdem wir ausgestiegen waren, fuhr mir ein sonderbarer Blitz ins Gehirn. Eine Art Aufhellung. Nun denn, somit wäre eine Zeit angekommenm, eine, die wegweisend würde. Denn nun würde sich mein Charakter offenbaren. Würde ich einen Fremden ausboten, den ich nicht kenne, oder sollte ich ihr eine ehrliche Antwort geben? Sollte ich ihn ihr schmackhaft machen, und mich so nebenbei aufs Abstellgleis schieben? Ich wußte, morgen schien die Sonne, die heute auch schon schien, aber würde sie dennoch anders sein? Meine Gedanken kreisten, als sie mich schlichlich aus meinen Gedanken zog.
"6 Euro für drei Stunden, oder neun bis heute Abend?
"Also mir würden drei Stunden reichen,"  meinte ich. Sie bejahte, und ich zahlte für uns beide.
Und als ich in meiner Umkleidekabine saß, dachte ich nur noch; Scheiße...dich mach ich madig Junge!!!

Der Whirlpool schien genau das richtige für uns zu sein. Wir stiegen rein, und ließen die Seele für einige Minuten baumeln.
"Denkst du, er wäre der Richtige für mich," sagte sie plötzlich in meine Richtung. "Wenn du das denkst, ist doch alles klar," meinte ich. "Ich kann dir nicht sagen, was du empfindest oder was du empfinden solltest, aber wenn du für ihn so empfindest wie ich für dich, dann kann es für dich nur das Richtige sein. Aber ob er dich so liebt wie ich dich, kann ich dir nicht sagen."
Sie schaute mich an. Sie wußte von meinen Gefühlen, aber sie konnte sie einfach nicht an ihr Herz lassen. Da war diese unüberwindbare Mauer.
"Denk an deinen Brief von damals," sagte ich überlegt. "Da warst du auch konsequent, oder wolltest es sein. Ich kann deinen Brief aktzeptieren, schon damals, aber ich werde deinen geschriebenen Worten dennoch niemals Rechnung tragen, sprich, ihnen glauben. Alles ist wandelbar. Und da du es jetzt bist, ist auch dein Gefühl mir gegenüber wandelbar. Einst! Irgendwann!"
"Ach Micha," antwortete sie, "ich würde wenn ich könnte, und wollen, wenn es nur ginge."
"Zurück zum Thema," warf ich zurück. "Ich kenne ihn nicht, aber er sieht nett aus, jedenfalls auf dem Bild, das du mir letzte Woche zeigtest. Er ist so klein wie du, das passt ja schon mal gut"
Sie musste lachen, und ich strich ihr ein wenig Haar
aus ihren Augen. Es blitze wohl nicht, aber ich spürte, wie mich ein wohliges Gefühl überkam. Gut, das ich im Wasser saß, so musste ich meine immerwiederkehrende kleine Versteifung nicht zwanghaft verstecken.
"Wenn du also glaubst, in ihm den Richtigen gefunden zu haben, dann zögere dein erstes Treffen mit ihm nicht in die Länge. Stell dich deiner möglichen Zukunft, und genieße den Kitzel des Neuen. Das Alte wird dich dennoch noch besuchen dürfen, oder?"
"Ach man," meinte sie, "doofe Frage, klar! Und du meinst es wirklich so? Ich weiß auch nicht weswegen ich noch zögere. Aber ich bin in einem Alter, in welchem man nicht mehr nurmehr probiert. Ich glaube, den nächsten werde ich heiraten."
"Dann wähle mich, " schrie ich ihr ohne Worte zu. "Dann hat er wohl Glück gehabt, denke ich," sprach ich leicht erstaunt, und stieg aus dem Whirlpool heraus. "Lass uns mal rutschen gehen!"

Der Tag verging, und ihre Zuversicht wuchs. Ich sah später zu einem Heiligenbild, das im Schwimmbad rumhing."Tja, wie ihr wollt`," dachte ich, als ich mir dieses Bild ansah. "Wenn das euer Wunsch ist, dann soll sie aber bitteschön auch glücklich werden. Ich gebe auf!"
Aber ich wußte, daß ich schon morgen anders denken würde. Vielleicht schon auf der Heimfahrt. Liebe lässt sich nicht verbieten. Nicht abstellen. Ich konnte nicht anders, und auch wenn sie vielleicht bald lieben würde, so würde sie auch mich einst lieben. Vielleicht erst in Rentnerjahren, aber das wäre schließlich egal. Denn Liebe ist zeitlos. Haut und Knochen vergehen, das Gefühl aber bleibt.

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