Verflixte Woche

Tagebuch zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Anifarap

Eigentlich hätte ich es mir denken können, dass das auf Dauer nicht gut geht. Schließlich war der letzte Freitag ein dreizehnter.
Fazit:
1. Ein gekenterter Kreuzer vor der toskanischen Küste
2. Eine egoistische Erkenntnis
3. Ein schweigender Psychotherapeut und ein revoltierender, den Schein wahrenden Körper

Eigentlich bin ich nicht abergläubisch. Zwar glaube ich, aber...das ist schon eine verfuchste Sache, das mit dem Glauben.
Zum Beispiel die Geschichte mit dem Kreuzer. Eine Geschichte, die nur durch die Eitelkeit eines Menschen entstanden zu sein scheint. Da braucht man nur ein Mal seiner Schwäche nachzugehen und bei ungünstigen Umständen endet sie. In einer sogenannten Katastrophe.
Manchmal hilft nur die harte Tour, nicht wahr?
Warum mich die Geschichte so beschäftigt?
Nun, in meinem Kopf spielen sich solche Szenarien täglich ab, um die bestmögliche Verhaltensweise durchzuexerzieren.
Keine Ahnung, woher dieser ganze Katastrophenkram in meinem Kopf herkommt. Der war schon da, als ich begann meine Gedanken klar wahrzunehmen. Ich hatte  Angst vor Tsunamis, da wußte ich nicht ein Mal, was ein Meer, geschweige denn ein Ozean ist.
Die Meidung von Nachrichten hat bei mir oberste Priorität. Natürlich bekomme ich hier und dort etwas mit, das lässt sich gar nicht verhindern, wenn man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, aber irgendwie bekommen die, mit denen man zusammen lernt, noch weniger mit.
Und so kam ich zum zweiten Punkt, dem sich die Frage voranstellte:
Wie schafften meine Klassenkameraden das?
Abgesehen von der Frage musste hier noch etwas anderes vorangestellt werden: Ich dachte immer, je älter ich werde, desto schwerer wird es sein nochmal eine Schule zu besuchen:
Erstens: Die Mitschüler werden wesentlich jünger sein und ein leistungsfähigeres Gehirn haben.
Zweitens: Die Anforderungen im Unterricht sollen so enorm gestiegen sein.
Klar, nagte am zweiten Punkt der Zweifel. Schließlich war Pisa nach meiner Schulzeit und in den Medien wird kaum ein gutes Blatt am Schulsystem gelassen.
Aber ich bin unvoreingenommen und guten Gewissens bin ich also wieder in die Schule gegangen.
Das Resultat: Keiner weiß, wann der 2. Weltkrieg stattfand, auf welchen Grundlagen unsere Demokratie fusst. Keiner weiß, was SPD, CDU oder NSU sind. Keiner weiß, wie man einen Dreisatz anwendet. Keiner weiß, warum er einen sozialen Beruf wählt und zugleich Mobbing über Facebook betreibt. Keiner hat eine Ahnung, wie man einen Text mit einem Schreibprogramm formatiert.
Nun gut, vielleicht sind meine Anforderung zu hoch. Immerhin wissen sie, wie man ein Ego auf Nichtskönnen und Unwissenheit aufbaut und sie wissen, wie man sich mit Nichtskönnen durch den Unterricht bringt.
Vielleicht bin ich nicht ignorant genug, habe ich mir so gedacht.
Aber als ich dann krank war, machte mir das Bestehen des Probehalbjahrs sorgen.
Völlig überflüssigerweise. Mein Zeugnis wird einen Schnitt von 1,5 haben. Traurig, wenn man mit vielen entschuldigten Fehlzeiten so einen Schnitt erreichen kann.
Mich hat also das latente Gefühl der Überforderung und der drohenden Verdummung beschlichen. Und natürlich Demotivation.
Wie konnte ich mich so verschätzt haben? Immerhin war ich schon zehn Jahre aus der Schule raus. Konnte der Unterschied so gravierend sein?
Am Montag habe ich dann festgestellt: Das wird noch ein böses Ende nehmen, wenn ich jetzt weiter hingehe.
Und ließ mich krankschreiben, um mich mit Dingen zu beschäftigen, die mich wirklich interressierten.
Wie zum Beispiel meinen Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen...aber der schweigt.
Die ganze Situation ist wahrlich so verdammt, dass sie sich zu einer verflixten Woche der Langeweile gesteigert hat.
Mein Körper revoltiert wieder.
Aber es ist ja alles in Ordnung. In unserem, meinem System.

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