Satzfetzen

Glosse zum Thema Krieg/Krieger

von  loslosch

Sunt et belli sicut pacis iura (Livius, ~59 v. Chr. bis ~17 n. Chr.; Ab urbe condita). Es gibt Gesetze für den Krieg und für den Frieden. Oder (sinnentstellend): Es sind die gleichen Gesetze für den Krieg und den Frieden.

Eine unübersehbar große Zahl lateinischer Zitate schwirrt im weltweiten Netz. Oft lassen sie nicht nur den des Lateinischen Unkundigen hilflos zurück, sondern dokumentieren auch die Überforderung ihrer Verfasser. Im Textbeispiel ließen sich etliche sog. Experten zu der Interpretation verleiten, die Gesetze seien unterschiedslos gültig. Im Krieg herrschen jedoch andere Gesetze, das weiß schon der Volksmund. Es gilt das Recht des Stärkeren. Das wird immer so sein, solange es Kriege gibt. Die Moderne belegt dies durch mancherlei Wortschöpfungen wie Sondergesetze, Kriegsgesetze, Ermächtigungsgesetze, Notstandsgesetze, Notverordnungen. Wenn die USA und andere Staaten sich mit Widerstandsgruppen in Afghanistan in einem kriegsähnlichen Zustand befinden, müssen nicht notwendig Sondergesetze generiert werden. Aber die Verhältnisse in den Kriegs- und Krisengebieten sind, dessen ungeachtet, so wie sie sind, ob mit geduldigem Papier oder ohne selbiges. Die Römer wussten schon: Inter arma silent leges (Cicero, 1. Jh. v. Chr.). Unter den Waffen schweigen die Gesetze.

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Kommentare zu diesem Text


 ViktorVanHynthersin (30.01.12)
Um es mit Gustav Radbruch zu sagen: “Wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur ‚unrichtiges Recht', vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur.” Das gilt nach meiner Meinung im Frieden wie im Krieg.
Herzlichst
Viktor
(Kommentar korrigiert am 30.01.2012)
(Kommentar korrigiert am 30.01.2012)

 loslosch meinte dazu am 30.01.12:
du scheinst dich gut auszukennen, viktor. ein streifzug durch seine biografie eben hat sich (für mich) gelohnt. ein facettenreicher mensch, jurist, philosoph und schöngeist. sprachlich ein genuss. danke für den hinweis. lothar

 EkkehartMittelberg (30.01.12)
Nach Heraklit gilt " Der Krieg ist der Vater aller Dinge", nach Cicero "Unter den Waffen schweigen die Gesetze.". Wenn man das kombiniert, werden die Dinge, die der Krieg hervorbringt, in gesetzlosem Zustand geschaffen. An den Hypotheken der meisten Kriege wird das deutlich sichtbar.
Ekki

 loslosch antwortete darauf am 30.01.12:
klar, ekki: Πόλεμος πάντων μὲν πατήρ ἐστι.

neulich kam die (erschütternde?) nachricht, us-boys hätten über leichen der taliban uriniert. dabei ist das einzig erschütternde daran, dass die fotos in die "falschen" hände kamen.

krieg lässt menschen - wenn auch nicht alle - verrohen. lothar
ichbinelvis1951 (64)
(30.01.12)
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 loslosch schrieb daraufhin am 30.01.12:
klaus, die software hat dir einen streich gespielt? ich kenne "nulla dies sine linea" (plinius der ältere, 1. jh. n. chr., frei nach dem griechischen maler apelles, 4. jh. v. chr.). etwa: kein tag ohne (pinsel-)strich. das gegenteil heißt ja: ich habe heute noch keinen strich getan.

ama,
si vis amari

auch so ein streu(n)er. klaus, du hast heute etwas wichtiges getan: meinen beitrag gelobt. lothar
ichbinelvis1951 (64) äußerte darauf am 30.01.12:
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 loslosch ergänzte dazu am 30.01.12:
ja, kann man so übersetzen. ich bleibe lieber enger am wortlaut. satzfetzenzusammensetzer? hm hm: artifex, qui partes sententiae construit. der künstler, der satzteile aufbaut, zusammenbaut. oder: auctor partium dicti. konstrukteur von satzteilen. frag mal einen kurienkardinal. oder deine töchter? lo

 tigujo (30.01.12)
.
Krieg? Frieden? Mit Gesetz oder gesetzlos?

Ich erinner mich noch an das Goldene Zeitalter, welches "...sponte sua, sine lege fidem rectumque colebat" - "...von selbst und ohne Gesetz Treue und Recht pflegte".

Mein Nick war damals übrigens Ovid

 loslosch meinte dazu am 30.01.12:
während der pax augusta? nasus war dein vorname? donnerwetter! lo

 loslosch meinte dazu am 30.01.12:
apropos rectum: hier ist nicht der (fürze erzeugende) masttarm gemeint. nur mal so wegen deines anschaulichen kommentars an anderer stelle. lo

 tigujo meinte dazu am 31.01.12:
...und schon gar nicht der mastdarm

Und was mich anbelangt, da schreibt Wikipedia recht treffend:

"Bisweilen wird in der Forschung auch die Ansicht diskutiert, dass Ovid in seiner Exilliteratur, ähnlich wie auch in seiner Liebesdichtung, ein Rollenspiel betreibe und demnach in Wirklichkeit gar nicht in der Verbannung war, sondern nur ein Erzähler-Ich erschaffen hat, das aus dieser Perspektive schreibt"
So isses.
Genau so, wie ich auch heute gar nicht mehr lebe, sondern mit dem nick tigujo bloß ein Rollenspiel betreibe, welches aus dieser etwas ungewohnten Perspektive postet
Graeculus (69)
(10.05.15)
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 loslosch meinte dazu am 10.05.15:
ja. es ist schon erstaunlich, was im netz fabriziert wird. aber auch in büchern! die lat. spruchsammlung von hubertus kudla nicht ausgenommen.
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