Im Namen der Ehre

Gedankengedicht zum Thema Frauen/ Männer

von  Momo

Was ist das für eine
Ehre
in deren Namen Frauen
im Schatten leben
ihrer Männer.

Ehre wird ihnen ans Bein gebunden
wie einer Katze die leere Dose an den Schwanz.
Nur klappern darf sie nicht
die Frau und ihre Bürde,
still sind sie, leise und unscheinbar
den Blicken entzogen.

Frauen werden gezüchtigt
oder gesteinigt
wenn sie leben wollen
wie es ihnen gemäß erscheint
wenn sie lieben wollen
wie sie lieben und wen
wenn sie ihre Würde als Menschen wahr-
nehmen.

Warum müssen immer die Frauen
Verantwortung tragen
für die Ehre, für die verlorene
des Mannes, des Bruders, des Vaters, der Familie?
Wer trägt die Verantwortung auch
für ihre Ehre?

Ist es doch der Mann selbst
der die von ihm proklamierte Ehre
einer anderen verletzte
einer anderen Familie, einer anderen Frau.
Der sie züchtigt, der sie am Ende (seiner Macht)
sogar ermordet.

Haben sie denn selber keine
Ehre?


Anmerkung von Momo:

Am 07.02.2005 wurde Hatun Sürücü von ihrem Bruder mit zwei Schüssen in den Kopf getötet, um die verletzte Familienehre wieder herzustellen.

„Unzucht ist eine Straftat. Nach Allahs Gesetz wäre die Strafe für Unzucht die Steinigung.“
Ein anderer Bruder von Hatun S. in einem Interview einer Dokumentation auf 3sat am 24.02.12: „Der Irrweg der Familie Sürücü“

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (26.02.12)
Das Wort "Ehre" kann man in dem Zusammenhang kaum in den Mund nehmen. LG

 Momo meinte dazu am 26.02.12:
Diese Menschen haben scheints ein ganz eigenes Ehrverständnis.
Danke, Azu.

LG Momo

 EkkehartMittelberg (26.02.12)
Liebe Momo,
ich mag gesellschaftskritische Gedichte mit klarer pointerter Aussage wie hier.
Liebe Grüße
Ekki

 Momo antwortete darauf am 26.02.12:
Vielen Dank, Ekki!

LG Momo
Caty (71)
(26.02.12)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Fremdkoerper (33) schrieb daraufhin am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 AlmaMarieSchneider äußerte darauf am 26.02.12:
Bibel, Koran und Thora haben alle den gleichen Ursprung und stammen aus einer extrem patriarchalisch geprägten Kultur. In allen drei Schriften wird das Patriarchat stark ünterstützt. Wer eine dieser Schriften gelesen hat, weiß daß da kein Gott dahinter stecken kann, eher eine machtbesessene Gruppe von Männern, die sich ein derartiges Machwerk haben einfallen lassen um ihre Nachkommenschaft zu sichern.
Wer in die Kirche rennen will soll es tun und wer gegen Mekka beten will auch, doch morden und unterdrücken, schlagen und quälen, so etwas würde kein Gott wollen. Diese Kerle haben keine Ehre, sind nur Machtbesessen und verdeitigen ihr Geschlecht.
Derartiges Verhalten braucht keine Toleranz.

 BrigitteG ergänzte dazu am 26.02.12:
Ich kann in diesem Zusammenhang die Kolumne von Sibylle Berg empfehlen, sie hat es auf den Punkt gebracht:
 Religion ist, wenn Männer unterdrücken
Jack (33) meinte dazu am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Momo meinte dazu am 26.02.12:
@Caty
„... nicht aber dieser Mord, nicht für strenggläubige moslemische Männer, die eben nichts anderes haben als ihre sogenannte Ehre, die mit dem Mord ihre eigene Ehre, ihren einzigen Besitz, verteidigen.“

Die Ehre eines moslemischen Mannes ist aufs Engste mit der Frau verknüpft. Und wenn die Frau als sein Besitz seinen Ehrbegriff nicht akzeptiert, wird sie liquidiert – das ist keine Verteidigung, sondern Machtausübung: Und willst du nicht …, so schlag ich dir den Schädel ein.

„Aber wenn wir die Gleichberechtigung der Religionen in Deutschland akzeptieren, müssen wir wohl auch den Ehrenmord akzeptieren, solange die Moslems noch als fünftes Rad am Wagen in unserer Gesellschaft laufen“
Nein! Das müssen wir nicht. Da bin ich ganz anderer Meinung, denn die Unterdrückung der Frau, ihre Entrechtung und Tötung hat nichts mit freier Religionsausübung zu tun.

„Du tust das mit einem gewissen Unverständnis, auch Erstaunen, du sprichst die Dinge an, die ins Auge fallen, du bist einfach dagegen, du wünschst dir, dass die moslemischen Frauen genauso emanzipiert sind wie wir“

Zunächst einmal werde ich niemals die kleinliche Sichtweise von Unterdrückung der Frau und Selbsterhöhung des Mannes im orthodoxen islamischen Glauben akzeptieren, wenn ich sie auch vom psychologischen Standpunkt durchaus verstehen kann. Es lebt sich doch wesentlich angenehmer, wenn es Menschen gibt, die unter einem angesiedelt sind. Aber Erstaunen? Das erstaunt mich, dass du aus meinem Gedicht Erstaunen herausliest, denn solche Sichtweisen sind mir auch hier durchaus nicht fremd.
Ich halte die westlichen Frauen nicht für wirklich emanzipiert, sie sind emanzipierter, als sie es vor 100 Jahren waren, aber es bleibt noch viel zu tun. Auch halte ich die moslemischen Frauen nicht für unemanzipiert, denn gerade in diesen Zeiten des „arabischen Frühlings“ wird ihre Stärke doch sichtbar. Ich halte allerdings die moslemischen Männer, die an orthodoxen, archaischen Denkmustern festhalten, die erst Steinigungen und Ehrenmorde möglich machen, für machthungrig und beschränkt, das stimmt.

Wie passt Ehrenmord und Armut zusammen? Und hat das eine überhaupt etwas mit dem anderen zu tun? Ich denke nicht.

@Fremdkoerper
Bei manchen Kommentaren/Texten ist Sarkasmus und Ironie geradezu unverzichtbar.

@AlmaMarieSchneider
Da stimme ich dir voll zu.

@Jack
Zu Frau Sibylles Kolumne kann ich nichts sagen, ich habe sie nicht gelesen.

„…aber auch dieser Text ist nicht ohne: Religion als männliches Unterdrückungsvehikel. Das ist sexistischer Vulgärmarxismus, …“
Bei meinem letzten Kommentar eines von dir veröffentlichen Textes konnte ich schon Bekanntschaft machen mit deiner exakten Analyse dessen, was „das ist“, und ich schrieb dir auch meine Meinung dazu, was das ist.
Wer gewohnt ist, die Welt in Gut und Böse einzuteilen, dem fehlt eindeutig das Dazwischen.
Jack (33) meinte dazu am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 AlmaMarieSchneider (26.02.12)
In patriarchalischen Strukturen gilt die "männliche Abkommenslinie". Die ist jedoch wider die Natur und ihren Gesetzen. Einzig sicher nachweisbar ist die Abkommenschaft von der Mutter. So hat sich eine Art "Gefangenschaft und Überwachung" der Frau durch den Mann herausgebildet, die diese Abkommenslinie sicherstellen soll.
Der Ehrverlust liegt allein im Kontrollverlust.

Frauen verlieren ihre Ehre nicht, denn sie wissen von wem ihre Kinder sind, während die Männer oft recht ungläubig die Augen aufreißen, wenn sie feststellen, daß sie Hörner tragen.

Ehrenmorde sind nicht zu akzeptieren und auch nicht zu tolerieren. In unserer Gesellschaft haben sie keinen Platz und sollten auch keinen Platz erhalten.

 Momo meinte dazu am 26.02.12:
Ja, dieser Ehrbegriff hat eher etwas mit Besitz zu tun, mit der Frau als Besitz, als mit Wertschätzung, das ist offensichtlich.

"Der Ehrverlust liegt allein im Kontrollverlust."

Im Fall des Mordes an Hatun Sürücü wurde dieser Kontrollverlust des Bruders über seine Schwester (er fühlte sich seinerzeit wie das Oberhaupt der Familie) in der Doku gut nachvollziehbar.

Danke für deinen Kommentar, AlmaMarie.

LG Momo

 BrigitteG (26.02.12)
Sehr gut auf den Punkt gebracht!

 Momo meinte dazu am 26.02.12:
Danke, Brigitte.

LG Momo
Jack (33)
(26.02.12)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
frauenfeder (51) meinte dazu am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Jack (33) meinte dazu am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
frauenfeder (51) meinte dazu am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Jack (33) meinte dazu am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
frauenfeder (51) meinte dazu am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Momo meinte dazu am 26.02.12:
@Jack
„Wer den Frauen hierbei keine Mitschuld zugesteht, sagt damit, die Frauen seien schwachsinnig. … Warum der Mann immer schuldig ist, wenn etwas auf der Welt falsch läuft, und die erwachsene Frau höchstens wegschaut, aber nie selbst schuldig oder mitschuldig ist, das muss mir eine/r erklären, …“

Es geht hier nicht um Schuld oder Unschuld, sondern um den Missbrauch und die Ausübung von Macht.
Jack (33) meinte dazu am 26.02.12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Momo meinte dazu am 26.02.12:
Vom Standpunkt eines höheren Bewusstseins ist das „normale“ Bewusstsein das eines Kindes. Bedeutet das nun, dass wir aus einer Gesellschaft von Menschen bestehen, die größtenteils auf der geistigen Stufe eines Kindes stehen? Wenn ja, muss man ihnen Ungezogenheiten wie Krieg, Mord und Vergewaltigung nachsehen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Aber auch Kinder haben ein Wertesystem und schließen die, die sich nicht an die Spielregeln halten, aus, oder sie bekommen kurzerhand eine gewatscht.
baerin (53)
(26.02.12)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Momo meinte dazu am 26.02.12:
Der Islam ist im Grunde eine friedliebende Religion.
Ich habe muslimische Frauen kennen gelernt, denen es selbst überlassen blieb, ob sie ein Kopftuch tragen wollten oder nicht, ihren Männern war es schlichtweg egal.

Vielen Dank für deinen klugen Kommentar, Chris.

LG Momo

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 26.02.12:
Ob Christentum, Judentum oder der Islam. Jede dieser Religionen ist nicht friedlich solange sich Fanatiker ihrer bedienen.

 Momo meinte dazu am 27.02.12:
Stimmt.
Nahezu alles kann in sein Gegenteil verkehrt werden, wenn findige Köpfe es für ihre Mittel instrumentalisieren. Entscheidend ist, ob sie über die nötigen Mittel verfügen, sich durchzusetzen.
magenta (65)
(27.02.12)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Momo meinte dazu am 28.02.12:
„In allen drei Schriften wird das Patriarchat stark ünterstützt.“

Das ist auch nicht verwunderlich, wurden sie doch allesamt ausschließlich von Männern geschrieben.

Ich kann dem nicht beipflichten, „… dass alle Auseinandersetzungen ihren Ursprung im Ökonomischen haben“. Das mag zwar so erscheinen, aber ich denke, dass es noch einen ursprünglicheren Grund gibt.
Alles ist den elementar unterschiedlichen Lebensenergien Yin und Yang unterworfen, die der Mensch repräsentiert. Das männliche und weibliche Denken, ihre Sichtweise auf die Welt sind grundsätzlich verschieden voneinander. Wenn im Matriarchat die weiblichen Göttinnen, das weibliche Leben ihre ganze Bedeutung entfalten konnten, so kommt im Patriarchat das Männliche zum Zuge, mit all ihren Erscheinungsformen. Auch bei den ökonomischen Regeln ist es doch entscheidend, welche es gibt und mit welcher Intention sie überhaupt aufgestellt wurden.

Du hast Recht, der Kern des Übels ist auch bei uns spürbar. Vor ein paar Jahrzehnten waren Männer nicht selten die Despoten der Familie und sind es zum Teil heute immer noch.
Und dass die Frauen nicht mehr aufbegehren gegen die Ungerechtigkeit der Lohnungleichheit zeigt doch nur, wie wenig bewusst es ihnen ist, dass noch längst keine Gleichberechtigung herrscht. Es ist ein Thema, das sie scheinbar nicht (mehr) interessiert.
Zu „Mädchen heiraten ja doch“: Ich musste eine Lehre machen und kam erst später auf dem zweiten Bildungsweg, als ich nicht mehr abhängig von meinen Eltern war, zum Studium, auch hart erarbeitet.

Hm, „mit dem Grad der Industrialisierung, der allgemeinen Entwicklung der Gesellschaft“.
Ich würde dir gerne zustimmen, mir ging auch der Gedanke durch den Kopf, dass es sicher auch eine Frage der Bildung ist, aber das ist es nicht. Es gibt Männer, die studiert haben, und die hinterweltlerische Ansichten haben, wenn es um diese Fragen geht.
Außerdem wirken die patriarchalischen Strukturen subtiler, als man glaubt. Sie sind da (in den Köpfen), aber man bekommt sie nicht zu fassen.

LG Momo
Graeculus (69)
(13.01.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Momo meinte dazu am 16.01.15:
Ehre und Moral sind zwei Begriffe, mit denen ich gar nicht so viel anfangen kann. Ich fürchte – und das muss ich daraus schlussfolgern – dass mein Ehrgefühl nur rudimentär vorhanden ist, wenn überhaupt. Der Begriff spielt in meinem Leben keine Rolle.
Und bei der Moral verhält es sich ähnlich.
Die Wertevorstellungen, die man mit Ehre und Moral verknüpft, halte ich für schon ein wenig angestaubt. Sie scheinen irgendwie nicht mehr in die heutige Zeit zu passen.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram