Ode an den Vogel: Der Broiler

Sonett

von  Janoschkus

Erst schäl ich meinen Vogel aus der Tüte
und zieh ihm das Gekröse aus der Senke,
wozu ich leicht die Schenkel schon verrenke:
Mein Huhn, es suppt aus unterster Kajüte.

Und da noch steinern, steif die Flügel stehen,
als läg der Frost wie Blei in jeder Zelle,
so kommt es gleich in meine Mikrowelle
und lässt sich auf dem Teller lustig drehen.

“Kawing!“ Nach zehn Minuten reicht es schon.
Ab in den großen Ofen, dessen Hitze
vergräbt sich schwelgend harsch und monoton

in Steiß und Brust, die knackend bräunlich reifen.
Bald ists geschafft: Dann schweige ich und sitze
und reiße weißes Fleisch in schöne Streifen.

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (08.03.12)
ist das nicht der breuler? lo

 bratmiez meinte dazu am 08.03.12:
Broiler!!!
:)
Caty (71) antwortete darauf am 08.03.12:
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 Lluviagata schrieb daraufhin am 08.03.12:
Ein Huhn ist kein Broiler, da viel viel zu zäh! ;))

 loslosch äußerte darauf am 08.03.12:
nachplappern ist doof. ich glaub, bratmiez sieht es ähnlich.

 loslosch ergänzte dazu am 08.03.12:
eine genugtuung, die original englische schreibung. nun iss gut ...

 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
ach ihr!

 Didi.Costaire (08.03.12)
Ja, das ist so richtige Hausmannskost!
Vielleicht war es sogar ein Suppenhuhn, das aus unterster Kajüte suppte und sich zum Brathähnchen entwickelte. Sehr hübsch ist das Mikrowellen-Kawing mit eingebautem Chicken Wing und das "knackend bräunlich", das aus dem Steiß reift.
Überhaupt, ein anschauliches und gelungenes Sonett.
Schöne Grüße, Dirk

 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
du bist ein sehr aufmerksamer leser, dirk. mich freut das natürlich. :)
vielen dank.
gruß jan
Caty (71)
(08.03.12)
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 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
naja, meist ist der broiler so lecker, dass man gar nicht dazu kommt nebenher entsprechend zu philosophieren. klar, hat der vogel keine chance. aber da kann er ja nix für. ich möchte hier aber wirklich keine vegetarier vs. fleischesser debatte lostreten.
gruß janosch

 Peer (08.03.12)
Ich hätte aus diesem Thema nie und nimmer ein Sonett zusammenbekommen, daher Anerkennung.;-)
LG Peer

 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
auf das thema bin ich übrigens nicht ganz alleine gekommen. ein freund hat sich von mir zum geburtstag gewünscht, dass ich ihm aus einem x-beliebigen koch-rezept ein gedicht mache und ihm das dann schenke. da der gute herr vogel mit nachnamen heißt, bot sich das dann in dieser form an, ne.
vielen dank für deine anerkennung.
gruß janosch

 Lluviagata (08.03.12)
Ein astreines, witziges Sonett, lieber Janoschkus!
Ich hätte lediglich etwas anzumerken: Als erfahrene Köchin empfehle ich dir, doch lieber den Hahn zu nehmen, da Hühner wegen ihrer Zähigkeit und des gelben Fettes nur gekocht werden können sollten ...
Guten Appetit!
Llu

 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
du hast recht. ich hab ja auch schon die erfahrung gemacht, dass ich ein suppenhuhn in den ofen hauen wollte, einfach weils im supermarkt so billig war und ich nicht einsehen wollte, dass man das nicht backen kann. das war so zäh, dass ich es nach ein paar wenigen knurpsligen bissen weg schmeißen musste.
aber: ich hab gegoogelt und das wort broiler steht für brathähnchen und auch brathühnchen. also gibts sowas anscheinend doch! ich würd halt aus dramaturgischen gründen gerne bei der weiblichen form bleiben. (schenkel öffnen, suppt untenrum, in po und brust vergraben usw.)
trotzdem hast du natürlich wie gesagt recht, wenn man es genau nimmt. danke für kommentar und empfehlungen!
gruß janosch
janna (66)
(08.03.12)
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 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
oh ja, janna, das gedicht ist auf jeden fall absolut nix für vegetarier und leute, die nicht so viel fleisch essen, ich bin auch froh, dass herr vogel (siehe antwort bei peer) eben kein solcher ist, kein vegetarier,sonst hätte er sich bestimmt nicht über sein geschenk gefreut.
trotzdem danke für das lob.
gruß janosch

 Dieter Wal (08.03.12)
Traumatisierend fand ichs nicht. Ganz im Gegenteil! Finde speziell die Quartette witzig und habe bei jedem Vers gelacht.

Kraftvoll und packend die Sprache bei:

"Ab in den großen Ofen, dessen Hitze
vergräbt sich schwelgend harsch und monoton

in Steiß und Brust, die knackend bräunlich reifen."

Das Enjambement gefällt besonders.

100 Punkte. Oder eher 150.

 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
schön zu hören, dass du dich an den verschen erfreuen konntest. dein ausgesuchtes zitat hat ja fast was erotisches, wie ich finde. ;
gruß janosch)

 BrigitteG (10.03.12)
Was mir immer sehr gefällt - wenn bei einer sehr klassischen Lyrikform das Thema völlig "unklassisch" ist. Dazu kommt noch die höchst amüsante und einfallsreiche Wortwahl, zusammen mit einer schön fließenden Sprachmelodie, so dass ich mich im besten Sinne sehr unterhalten gefühlt habe!
(Edit: saublöder Tippfehler *g*)
(Kommentar korrigiert am 10.03.2012)

 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
hey brigitte, da ich ja weiß, dass du einen sehr wählerischen geschmack hast, freu ich mich besonders, dass dir mein hähnchen zusagt. ich finde es auch schön, wenn der hübsche klang eines sonetts in unklassischen, teils gar blutigen oder morbiden themenfelder anwendung findet. ich finde den kontrast z.b. einer schönen sprachmelodie zu drastischen themen und abgehackten bildern und formulierungen sehr reizvoll.
gruß janosch

 HerrSonnenschein (12.03.12)
Was für ein Sonett! Wo ich doch eigentlich wenig Zugang zu dieser Gedichtform habe.
Mit Appetit gelesen!
der Sonnenschein

 Janoschkus meinte dazu am 18.03.12:
wohl bekomms! freut mich, dass ich bei dir sozusagen das ruder rumreißen konnte.
gruß janosch
AronManfeld (43)
(26.03.12)
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