Diese Nächte

Kurzprosa zum Thema Dunkelheit

von  mondenkind

Aus den stürmischen Wogen eines Alptraumes heraus wurde ich in die Nacht geworfen. Aufrecht und keuchend saß ich zwischen zerwühlten Laken. Wieder. Seit Wochen quälten mich diese Träume und ich konnte weder sagen, wann es begonnen hatte, noch, was mich jede Nacht zitternd und mit einem Schrei auf den Lippen aus dem Schlaf riss.
Die unbekannte Furcht und die Schlaflosigkeit hatten mich mittlerweile gezeichnet und ich mied den verwirrten Blick von Freunden, indem ich mich zurückzog.
Wie so oft in den letzten Nächten legte ich meine Kleidung an und begann meinen einsamen Streifzug durch die Dunkelheit. Merkwürdigerweise war mir die samtige Schwärze nun ein vertrauter, tröstender Begleiter geworden.
Ich trat durch das Tor des Stadtparks, der mich sonst mit seiner sonnigen Lieblichkeit aus dem Alltag lockte, doch nun empfand ich die stillen Pflanzenschatten betörender als je zuvor.
Meine Sinne hatten sich geschärft. Zielsicher konnte ich Mensch und Tier in meiner Nähe ausmachen, lange bevor ich sie hätte sehen können. So konnte ich mühelos ausweichend einen anderen Weg wählen und mir meine Ungestörtheit wahren. Ich witterte sie beinahe.
Doch in dieser Nacht war ich allein hier.
Aus langsam gediehener Gewohnheit setzte ich mich eine Weile auf die Parkbank neben einer mächtigen Weide. Mein Blick und meine Gedanken glitten über die schattige Landschaft. Wieder und wieder versuchte ich meine Veränderung zu ergründen. Doch durch nichts konnte ich meine Furcht und diese zehrende Sehnsucht erklären, die mich Nacht für Nacht gefangen hielten.
Ich seufzte tief und wollte mich eben erheben, um meinen Gang fortzusetzen, als plötzlich die Wolkendecke aufriss.
Vom nächtlichen Septemberhimmel strahlte in übersinnlicher, voller Größe das blasse Gesicht des Mondes.
Wie von einem Schlag getroffen sank ich in die Knie! Blitzartig überstürmten mich Bilder und Gefühle und nahmen mir Atem und Verstand! Allem vorrangig sah ich nur dieses große, bleiche Licht.
Ich wollte mir die Hände vor die Augen reißen, um dem Wahnsinn zu entkommen, doch diese krallten sich mit animalischer Kraft in den Lehmboden. Klauenartig. Fellbedeckt.


Anmerkung von mondenkind:

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nurmalso

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Kommentare zu diesem Text


 Isaban (20.03.12)
Wuha! (Da spricht die Lykanerin in mir. ;))

Sehr schöner Schreibstil, Frau Mondin, klassisch, gefällig und so seidig, das man sich gern zwischen die Zeilen sinken lässt.


Liebe Grüße,

Sabine

(Ein Punkt am Schluss würde vermutlich auch reichen. Bau vielleicht noch ein oder zwei "nun" aus. )

 mondenkind meinte dazu am 21.03.12:
yay! sind wir nicht alle ein wenig lykan? :)
vielen dank fürs lesen. habe es etwas ent'nun't und entpunktet.
lg,
nici

 irakulani (20.03.12)
Ganz hervorragend geschrieben, liebes mondenkind. Wahrhaft atemberaubend - Mit einem ganz fein gesetzten Schlusspunkt!

Sehr gerne gelesen!
L.G.
Ira

 mondenkind antwortete darauf am 21.03.12:
das freut mich sehr, ira. danke! :)
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