Moppelkäferplanet

Märchen zum Thema Gier

von  RainerMScholz

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Für Clara


Sie gingen über eine grüne Wiese. Die Sonne schien. In der Ferne fuhr ein Traktor über das Feld.
„Erzähl´ mir eine Geschichte vom Moppelkäfer“
„Was?“
„Vom Moppelkäfer“
„Was ist das denn?“
„Der Moppelkäfer, Du weißt schon. Erzähl´ `was vom Moppelkäfer. Komm´ schon.“
„Na schön. Was soll ich denn erzählen?“
„Denk´ Dir etwas aus.“
„Ich weiß jetzt aber nichts. Komm´ jetzt.“
Es begann zu dämmern und die ersten Sterne standen im Osten am Himmel. Sie liefen einen buckligen Feldweg entlang.
„Bitte, Papa.“
Also...

Es war einmal ein Moppelkäfer, der wollte die ganze Welt essen und alles, was er sah und nicht sah, alles, was er kannte und auch das, was er nicht kannte. So fing er an,  aufzufressen, was ihm in den Weg kam, die Bäume und die Häuser und die Menschen darin, die Katzen und Hunde, die Vögel, die er erreichen konnte und die Straßen und Wege und die Autos, die Berge und Täler und alles und jeden. Er soff die Bäche aus und die Flüsse und die Ozeane, und alle Lebewesen darin aß er auf, alle Fische und Wale, Delphine und Robben und Krebse und Muscheln und Seesterne. Er wurde immer dicker und dicker. Er wurde so groß, dass er bis an den Mond reichte. Den schaffe ich auch noch, dachte er. Weil ich so groß bin. Keiner ist so groß wie ich. Den Mond fraß der Moppelkäfer dann komplett auf, mit all dem Mondgestein und den Kratern und wurde so rund und voll wie der Mond selbst. Da war da ein Loch im Himmel, wo bis dahin der Mond gestanden hatte. Der Moppelkäfer war mittlerweile so unförmig und riesig geworden, dass er die Erde, auf der er stand, nicht mehr sehen konnte. Er bekam das Übergewicht, stürzte über den Horizont und fiel ins All, genau in das Loch, wo vorher der Mond gewesen war. Da kreist er jetzt als lebloser Moppelbrocken um die Erde. Und er ist ganz allein und ihm ist unheimlich kalt.

„Papa, das geht doch gar nicht.“
„Doch das geht. Wenn man genau hinsieht - sieh hoch -, steht da am Himmel nicht der Mond. Sondern der Moppelkäfer grinst uns vom schwarzen Himmel herab an. Man kann noch genau sein trauriges Gesicht sehen.“



© Rainer M. Scholz

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