Wenn guter Rat teuer wird

Glosse zum Thema Hilfe/ Hilflosigkeit

von  loslosch

Magni constant regum amicis bona consilia (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.). Den Freunden von Herrschern kommen gute Ratschläge teuer zu stehen.

Man könnte auch, frei übersetzt, sagen: Mit hohen Herren ist schlecht Kirschen essen. Seneca, der Philosoph und Nero-Erzieher, muss etwas geahnt haben, nachdem er mit seiner Didaktik und Pädagogik kläglich gescheitert war. Wenn man bloß wüsste, in welcher Phase er die drei Büchlein "De Ira" geschrieben hat; denn die Chronologie seiner Publikationen ist nicht in jedem Fall gesichert. Vielleicht sollte es ein letzter, versteckter Appell an den außer Kontrolle geratenen Monarchen sein, sich noch einmal zu besinnen und Mäßigung zu zeigen.

Seneca scheint nach allem, was man aus seinen umfangreichen Schriften weiß, kein Ironiker gewesen zu sein, wenn man von seiner Spottschrift Apocolocynthosis, gerichtet gegen den verstorbenen Kaiser Claudius, einmal absieht. (Hier war er ganz der Förderer des jungen Nero.) Ein Stoiker spielt kaum argumentativ über Bande. Also muss das Fazit lauten: Er ist gescheitert - trotz seiner gelegentlich klugen und zutreffenden Erwägungen.

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Kommentare zu diesem Text


 tigujo (12.04.12)
Ich hab erfahren, noch schlimmer ist es, nicht bloß zu raten, sondern gar zu helfen - die rache kann fürchterlich sein, besonders, wenn die hilfe half: Nur ein Neronen-problem ?

lg tigujo

 loslosch meinte dazu am 12.04.12:
leutchen mit helfersyndrom z. b. locken, wie licht die fliegen, pumpgenies an. vom neronen-problem zum neuro(ticker)problem ... das kannten die römer wohl noch nicht. merci für witzigen kommi und bewertung, ger t.t. lo

 EkkehartMittelberg (12.04.12)
„Mit hohen Herren ist schlecht Kirschen essen.“ Deine sehr freie Übersetzung trifft es umfassend, Lothar.
Meine erste Assoziation war der Geßler-Effekt. Für den unversöhnlichen Zorn Geßlers reichte es schon, dass Tell dessen Schwäche nicht ausgenutzt, gar nichts gemacht hatte. Wenn man aber Herrschern rät, zeigt man nach außen deutlich, dass sie geistig nicht völlig autark, also des Rates bedürftig sind.
Nur die Erfüllung einer Bedürftigkeit erdulden sie, ohne zu strafen. Sie lassen sich schmeicheln.

 loslosch antwortete darauf am 12.04.12:
ich denke unwillkürlich an das verhältnis adenauer/ globke. konrad war nie ein nazi, globke nachweislich im denken einer (kommentator der nürnberger rassegesetze), allerdings als gelernter opportunist gegen kriegsende auf dem absprung. ich denke, adenauer ernannte ihn zum staatssekretär, um einen bestimmen wählerkreis zu gewinnen und zu pflegen. hauptsächlich machttaktische erwägungen. t.t. lo

 ViktorVanHynthersin (12.04.12)
Guter Rat muss nicht teuer sein, ich bin doch nicht blöd )) Bleibt die Frage, welche Ratschläge Hitler, Stalin, Gaddafi, Assad und Co. er- und verteilt haben bzw. wer sich danach "gerichtet" hat.
Herzlichst
Viktor

 loslosch schrieb daraufhin am 12.04.12:
... nicht teuer, aber wertvoll. manche ratschläge sind teuer und wertlos. ein anwalt legte mal auf geheiß des mandanten das mandat nieder. 3 wochen später fragte derselbe anwalt erneut: soll ich das mandat niederlegen?

ich meine, hier sei guter rat billig, oder? merci fürs schmähen, viktor lo
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