Franz Kafkas Unergründlichkeit

Sonett zum Thema Geheimnis

von  EkkehartMittelberg

Dieser Text ist Teil der Serie  Sonette auf berühmte Dichter und Philosophen
Ein ewiges Geheimnis - wir sind blind -
lockt faszinierend wie auch abgrundtief.
Verloren ist, wen dieses einmal rief,
verwirrt, verirrt in einem Labyrinth,

das niemals ausgeleuchtet werden kann,
von numinoser Rätselhaftigkeit.
Den Wahrheitssuchern ist kein Weg zu weit,
doch kommen sie wohl nie ans Ziel heran.

Die Eingangssätze scheinen leicht zu sein,
der Deuter rechnet nicht mit Widerstand,
doch emsig kehren erste Zweifel ein:

Verworfen wird, was er für klar befand.
Bei dieser Sinnessuche gilt allein:
Die Chiffren halten jeder Deutung stand.

© Ekkehart Mittelberg, April 2012

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (16.04.12)
die chiffren halten jeder deutung stand.

mir gefällt das sehr. aber das ist riskant! t.t. lo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Danke, Lothar. Bei jedem Versuch, Kafka zu interpretieren, gibt es ein enormes Restrisiko. -)

 loslosch antwortete darauf am 16.04.12:
lo, der kafka-ahnungslose, fand bei wiki:

Camus meinte: „Es ist das Schicksal und vielleicht auch die Größe dieses Werks, daß es alle Möglichkeiten darbietet und keine bestätigt.“ Im Zusammenhang von Deutungsprovokation und -verweigerung liegt die sirenenhafte Faszination, die verführerische Versuchung von Kafkas Texten (Walter H.Sokel).[34]

grandiose risiko-beschreibung. er wird auch - wegen seiner schwierigen beziehungskiste - als "Junggeselle der Weltliteratur" bezeichnet.
AronManfeld (43)
(16.04.12)
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 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 16.04.12:
Danke, Aron, ich enthalte mich jeder Wertung.
LG
Ekki
AronManfeld (43) äußerte darauf am 16.04.12:
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KfK (19) ergänzte dazu am 24.08.12:
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 Bergmann (16.04.12)
Ich halte dagegen: Auch ein Labyrinth ist klar! Also auch Kafka. Jedenfalls: So viel Restrisiko gibts da nicht.
Herzlichst: Uli,
der am 22.4. dich kurz besuchen will ... (auf der Reise nach Halle)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Lieber Uli,
einer der besten Kafka-Kenner ist Karlheinz Fingerhut. Er schreibt über den Roman "Der Proceß" und die für diesen repräsentative Parabel "Vor dem Gesetz": "Der Türhüter hält dem Mann vom Lande den Eingang bereit und er hält ihn damit gleichzeitig hin, so wie der Kaplan sich mit seiner Legende für Jofef K. bereit hält und ihn zugleich damit hinhält, indem er ihn zu Endlosreflexionen über fremde Textmeinungen zur Prozess-Legende anstiftet; in gleicher Weise hält der Kafka'sche Roman den Leser hin, indem er ihn zu ständigen Deutungshandlungen motiviert und zugleich die Deutbarkeit des Textes unterminiert." (Kafka für die Schule. Berlin: Volk und wissen 1996, S. 112)
Ich freue mich sehr auf deinen Besuch.
LG
Ekki

 Bergmann meinte dazu am 16.04.12:
Das heißt: Deine Tür ist für mich geöffnet, ich muss nur eintreten?

Parallele dazu in dem Film "Matrix" (Besuch beim Oracle)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Du musst nur eintreten, Uli, und bist herzlich willkommen.
Solltest du eine wenig Zeit haben, hilf mir bitte, was der Besuch beim Oracle in dem Film "Matrix" bedeutet. Ich kenne ihn nicht.

 Bergmann meinte dazu am 31.07.13:
Sieh dir den Film unbedingt an!
Du kannst auch meinen Essay lesen:


Matrix
[Matrix. USA 1999. Buch und Regie: The Wachowski Brothers]


Intro
Der Hacker Neo wird über Internet von einer geheimnisvollen Untergrund-Organisation kontaktiert. Der Kopf der Gruppe - der gesuchte Terrorist Morpheus - weiht ihn in ein entsetzliches Geheimnis ein: Die Realität, wie wir sie erleben, ist nur eine Scheinwelt. In Wahrheit werden die Menschen längst von einer unheimlichen virtuellen Macht beherrscht - der Matrix, deren Agenten Neo bereits im Visier haben ...

„The Matrix has you.“
Neo liest diesen Satz auf dem Bildschirm seines Computers. Es ist eine Botschaft der Widerstandskämpfer. Matrix misstraut Neo und verfolgt ihn. Neo aber will wissen, was Matrix bedeutet. Was ist Macht? Was ist Wirklichkeit?
Matrix bedeutet im Lateinischen Stamm-Mutter. Matrix ist die Hülle der Chromosomen, Form, Muster, Schema, Schaltschema. Der Begriff ist also am ehesten der Idee zuzuordnen, die eine Wirklichkeit erzeugt.

Neo
Der Held, Thomas Anderson, genannt Neo, ist der ungläubige (Apostel) Thomas, der Zweifler. Anderson ist der andere ( = der zweite), der ‘Sohn’ (=Nachfolger) Morpheus’, der sagt: „Du bist auserwählt, Neo, ich suche dich seit Jahren.“ Morpheus trägt den Namen des Gottes der Träume und des Schlafs, also anderer Wirklichkeitsebenen. Er ist ein Wanderer zwischen den Welten. Neo ist sein Traum, seine Vision. Morpheus versteht sich als Wegbereiter für Neo, er will sich opfern, damit Neo die Wirklichkeit und den Menschen (erst gegen Matrix, dann gegen die herrschenden Maschinen) rettet.

In Neo (= der Neue) steckt das Anagramm: One (=der Eine, der Einzige). Ein sprechender Name: Neo ist der neue Messias, der Heilsbringer, der Retter.

Zimmer 101
Traum oder nicht Traum? Neos Mund wächst zu. Matrix hat ihn zum Schweigen gebracht. Neo wird in einem Zimmer des Matrix-Hochhauses verhört. In seinen Bauchnabel krabbelt eine insektenähnliche Maschine: Der maschinell kontrollierte Mensch. Es ist kein Traum, es ist die Wirklichkeit in der von Matrix simulierten Welt: Smith, der Chef der Security, ist die Versinnbildlichung dieser Macht.
Das Verhör findet in einem Zimmer mit der Nummer 101 statt - eine Anspielung auf das Zimmer 101 in Orwells Roman „1984“, in dem O’Brian, eine analoge Gestalt zu Chef-Agent Smith, Winston Smith der Gehirnwäsche unterzieht.

Morpheus
Morpheus ist das Oberhaupt des Widerstands gegen Matrix und die Herrschaft der Maschinen. Die letzten freien Menschen leben in der ‘wirklichen Wirklichkeit’. Ihr Stützpunkt ist das Schiff „Nebukadnezar“ (das ist Babylonisch und heißt ‘Gott Nabu schütze seinen Erbsohn’), eine Art Arche Noah. Morpheus und seine Kampfgenossen können zwischen der wirklichen und der virtuellen Welt hin und her wechseln. Er will mit Neo in der Matrix-Sphäre zusammentreffen, ihn für den Widerstand gewinnen und aus der Matrix-Gefangenschaft befreien.

Platon
Die Matrix ist allgegenwärtig. Die Menschen leben in einer von Matrix gesteuerten Scheinwelt, wie in einem Gefängnis - das erinnert an die Höhle Platos, in der die Menschen in einem Erkenntnis-Gefängnis leben, angekettet an die eine Sicht auf die Schatten an der Wand. Sie müssen sich die Welt, die Wirklichkeit vorstellen, ja sie können sich sogar ihre eigene Existenz nur durch Interpretation ihrer unvollständigen Wahrnehmungen (= ihre eigenen Schatten) vorstellen. [Platons Höhlengleichnis]

Das weiße Kaninchen
Zu Morpheus gehört Trinity, die den Kontakt zu Neo herstellt. „The Matrix has you, follow the white rabbit.“ Das weiße Kaninchen sieht er als Hautflecken auf der Schulter einer Frau, er folgt ihr in eine Diskothek, und so kommt es zur Begegnung mit Trinity, die ihn in einer energischen Nabel-Operation von der Matrix-Wanze befreit, die Smith implantierte. Die Operation findet in einem Auto statt, draußen regnet es, und die Tropfen an den Fensterscheiben fließen wie die Zahlenkolonnen des Matrix-Computers, das Wasser fällt wie ein Matrix-Vorhang vor die Öffnung der Unterführung, die das Auto durchquert. Die Natur wird zum Bild - Matrix erzeugt ein Bild der Natur.

Das Kaninchen stammt aus „Alice im Wunderland“ - Alice folgt einem weißen Kaninchen und fällt ‘Hinab in das Kaninchenloch’ (Erstes Kapitel). Sie hat den Eindruck, sie stürze wie in Zeitlupe hinunter bis zum Erdmittelpunkt. Unten angekommen, findet sie einen goldenen Schlüssel und öffnet eine Tür zu einem wunderbaren Garten... Das sind Anspielungen auf den Garten Eden, auf Zion, das verheißene Land, das Morpheus, dessen Schiff in der Nähe des noch warmen Kerns der erkalteten Erde immer wieder Zuflucht findet, zurückgewinnen will.

Neo trifft Morpheus. Morpheus stellt Neo vor die Wahl: Mit der blauen Pille kommt er raus aus der Schein-Welt, in der er ist; mit der roten Pille bleibt er drin. Neo nimmt die blaue Pille: Er will zunächst die reale Welt erfahren und von dort in die virtuelle Matrix-Ebene eindringen.

Blau Grün Rot
Blau ist die Farbe des Himmels, der ätherischen (körperlosen) Sphäre, des Wassers, der Transparenz, Klarheit, Kälte und Logik. Das passt gut zur blutleeren Welt der Maschinen und zur Kälte im Erdinneren, wo die „Nebukadnezar“ immer wieder auf der Flucht vor den Maschinen ist. Grün und blendendes Weiß sind die Hauptfarben der Matrix und der von ihr erzeugten Scheinwelt, Hoffnung und Nichts, apollinische Desillusionierung: Grün ist analog dazu die Innenwelt des Großrechners an Bord der „Nebukadnezar“. Die Wirklichkeit verfügt über alle Farben. Rot aber kann nur in der Wirklichkeit dominieren: Die Farbe des Organischen, auf den Menschenfeldern, dazu tödlich-böses Schwarz bei den Maschinen, und das Rot in der Sphäre denkender und fühlender Menschen und der Liebe, die das Leben transzendiert.

Hinab in das Kaninchenloch
Neos Übergang aus der Gefangenschaft der Matrix in die wirkliche Welt ist mysteriös, er wird poetisch konstruiert (erfunden). Dieser Weg ist die Vorstellung einer Hölle. Neo wird abgekabelt von der Matrix-Welt - seine Abnabelung wird am Körper Neos verbildlicht, um auch die Qual (seines Hirns, des Geistes, der Psyche) zu zeigen. Die Höllenbilder, also mythische Bilder, stehen an Stelle eines eigentlich abstrakten Vorgangs. Mit dieser ‘Höllenfahrt’ fällt Neo aus der Zeit, also auch aus der Kausalität (seiner bisherigen Welt) heraus.

Göttliche Komödie
Die Höllenfahrt unter seelischen (oder neuronischen) Schmerzen erinnert an den Geburtsprozess oder an die Lebensreise in Dantes Göttlicher Komödie. Neo wird erst jetzt seinem Beinamen gerecht: Er beginnt ein neues Leben, eine Mission. Es ist die erste Stufe der Geburt des neuen Messias.
In der Göttlichen Komödie steigt Dante vom Inferno zum Purgatorio und von dort zum Paradiso auf. Der Weg zum Inferno führt durch einen Erdtrichter zum Mittelpunkt der Erde (in Matrix sind die Orte umgekehrt: Der Erdkern ist der Hort des Widerstands - aber die Reise der Läuterung und Errettung ist im Prinzip die gleiche; auch Alice im Wunderland fällt in den Trichter - es ist das alte Märchenbild vom Brunnen, in den man fällt, in dem das alte Leben ertrinkt und das neue geboren wird).
Dante wird wie Neo von einer männlichen und einer weiblichen Kraft geleitet. Vergil führt Dante vom Inferno zum Purgatorio. Morpheus führt Neo, nach Befreiung aus der Matrix, von der „Nebukadnezar“ im Erdinneren in die Matrix. Beatrice führt Dante ins Paradies. Trinity führt Neo ins Leben zurück und zum Sieg über Matrix, und damit an die Pforte zum Paradies.

Faust
Dieser Prozess erinnert an Goethes Faust. Faust entscheidet sich für ein neues Leben, für eine Suche nach dem, „was die Welt im Innersten zusammenhält.“ Faust, eine realistische Gestalt, verbündet sich mit dem Bösen, um über sämtliche Möglichkeiten der Welterfahrung zur verfügen - diese anspornende Kraft ist Mephisto, den man als gottgegebene Herausforderung vestehen kann, aber auch als Teil unserer Psyche: Das dem Über-Ich entgegengesetzte Es. Faust besiegt das Böse, er lernt sich selbst beherrschen und geht der (deistisch aufgefassten) Einheit der Schöpfung nicht verloren. Zwar scheitert Faust als Handelnder, aber er erlöst sich selbst. Faust ist der sich emanzipierende Mensch, der sich und seine menschengöttliche Freiheit (Ebenbildlichkeit) selbst erzeugt.

Anders Neo: Er, eine märchenhafte Gestalt im modernen Kostüm, verbündet sich von vornherein mit dem Guten, mit Morpheus, der ihn vorwärtstreibt und fördert. Auch Neo hat ein gewisses faustisches Drängen nach dem Wahren. Auch im viel einfacher gestrickten Kampf zwischen Gut und Böse (Rot und Blau, Liebe und Hass) geht es um (Wiederherstellung von) Harmonie, um Freiheit.

Eine interessante Vision im Faust ist der Homunculus. Er ist die Idee, dass der Mensch Schöpfer seiner selbst wird. Wagner, dem technizistischen Wissenschaftler, gelingt die Konstruktion des Homunculus. In dem Film Matrix steht der Mensch ganz im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit. In Matrix will der fast verlorene Mensch sein Wissen und die Homunculus-Idee, die hier der virtuellen Welt entspricht, zurücknehmen um sich wieder neu zu erschaffen.

2001
Der Konflikt spitzt sich zu: Der menschliche Geist (der ganzheitlich gesehen wird: Materielles Hirn, Körper, Ideen entwerfender und wirklichkeitsverändernder moralischer Geist und liebesfähige Seele) kämpft gegen Matrix (maschinelle Logik). Wer gewinnt?

Diese Idee ist vor etwa 30 Jahren in Stanley Kubriks Film „2001 - Odyssee im Weltraum“ zunächst ganz realistisch dargestellt: Der Zentralcomputer an Bord eines Raumschiffs auf wichtiger Missionsreise will nach den Gesetzen der Logik und mit dem Ziel der Perfektion den Menschen als einzigen Risikofaktor abschaffen; in letzter Sekunde kann der einzige Überlebende den Computer abstellen, er besiegt den Feind, die von Menschen erschaf-fene künstliche Intelligenz. Allerdings hat er nun den point of no return überschritten. Er verliert sich in der kurzen Lebenszeit, die ihm noch bleibt, in Vorstellungen, in denen er, und der Zuschauer, Raum und Zeit und Einsteins Relativitätstheorie in visionären Bildern erfährt. In Kubriks Film verliert der Mensch den Kampf, der Film endet in der Kälte eines Alls, dessen Gesetz Kubrik - ironisch und zugleich sehr bedrohlich wirkend - in Gestalt einer omnipräsenten Energieplatte darstellt, die an einen materialisierten Gott denken lässt.

Restselbstbild
Neos reale Sphäre wird in der Matrix als Idee, in software-Form, implantiert, und dieses ‘Implantat’ wird, einem Virus ähnlich, Matrix am Ende vernichten. Man kann aber auch sagen, die Matrix erzeugte mit Neo wenigstens einen Teil der Kraft, die auf Matrix zurück-wirkt. Neo enthielt ja von Anfang an die Potenz, sich gegen das System, zu dem er gehörte, aufzulehnen. Das System, so starr es ist, kann sich also auch verändern.
In der software der „Nebukadnezar“ oder der Matrix ist Neo nur noch ein „Restselbstbild“ (das der Film benötigt, um den rein abstrakten Kampf Neos gegen Matrix in menschlicher Gestalt zu veranschaulichen - wir können außerhalb rein begrifflicher, formaler Sprachen, wie etwa in der Mathematik oder Physik, nur in sinnlichen Bildern denken).
Am Ende eines Übungskampfs in der software der Nebukadnezar sagt Morpheus zu dem erschöpften Neo: „Du glaubst doch nicht, dass du jetzt wirklich Luft einatmest!“ Die Existenz der Luft hängt also davon ab, ob sie gedacht wird oder nicht. Erst das Bewusstsein ermöglicht die spürbare Wahrnehmung. An einer anderen Stelle fragt Neo, was mit seinem Körper passiert, wenn sein Geist in der Matrix stirbt. „Ohne deinen Geist kann dein Körper nicht existieren“, antwortet Morpheus. Da ergibt sich von ganz allein die Frage, ob Materie nur eine Erscheinungsform der Idee ist. Der Film spielt hier mit der Ideenlehre Platons.

Maschinenherrschaft
Die Maschinen herrschen, aber sie benötigen den Menschen als Energiequelle. Durch menschliche Unvernunft kam es zur ökologischen Katastrophe - die gesamte Atmosphäre wurde verdunkelt, Licht und Wärme der Sonne gingen verloren. Diese zweite Sintflut, eine Sintflut der Lüfte, motivierte die Menschen zur Erschaffung der ersten Matrix-Welt als Ersatz für die verlorene Natur. Erst dann eroberten die Maschinen die Herrschaft über Matrix und die Menschen. Die Umkehrung der Herrschaftsverhältnisse wird durch das abstruse Bild, dass der Mensch von den Maschinen als Energiequelle gezüchtet wird, ins Groteske gesteigert. Wir sehen Bilder von Menschenfeldern.

Stern der Ungeborenen
Schon in Franz Werfels gewaltigem Zukunftsroman „Stern der Ungeborenen“ aus dem Jahr 1945 finden sich einige wesentliche Matrix-Ideen: Die Menschen leben im Jahr 101945 in einem galaktischen Reich. Der Staat ist Weltstadt, Panopolis. Die Bewohner haben einen „Prozess der Abstraktion“ durchgemacht, ihre Körper sind nur transparente Zustandsformen ihres Bewusstseins. Allerdings haben die Menschen im Unterschied zum Film Matrix das Zeitalter der Technik, „die menschenfresserische Zivilisation“, überwunden. Da die Grenzen zwischen Fiktion und Realität aufgehoben sind, haben die Menschen großartige Möglichkeiten der Welt- und Lebensgestaltung, aber zugleich tritt - analog zur Matrix - eine „Verarmung des Lebens an Buntheit und Fülle“ ein.
Das Sterben ist trotz der weitgehenden Vergeistigung des Körpers nicht überwunden, aber es ist ein kontrollierter Vorgang. Im „Wintergarten“, dem Hades dieser futuristischen Gesellschaft, wird das Sterben zu einem schmerzlosen Prozess: In der Ackererde werden die Leiber zurückverwandelt in den embryonalen Zustand. Die Matrix-Bilder von den Feldern, in denen die Menschen gezüchtet werden, um als Energiequellen für die Maschinen zu dienen, erinnern zumindest optisch sehr an Werfels Fiktion vom umgekehrten Wachstum der sterbenden Menschen, an dessen Ende die „vegetative Form des Nichtseins“ steht.
Der Schluss des Romans von Franz Werfel gipfelt in einer Messias-Variante: Die Erlösung der Welt von der Melancholie und Langeweile eines fast körperlosen, also schmerzlosen Geistes (das entspricht der Welt der Matrix) gelingt im selbstlosen Opfer eines Knaben, der sich weigert, den Weg des schmerzlosen Verlöschens zu gehen. Was für ein grandioser Film, viel tiefer, innerlicher, spannender wäre Werfels Stern der Ungeborenen - ein Filmkunstwerk, das die Massen ergreift!

Messias
Geschichte wird zunehmend als Sage und Religion verklärt:
Der Schöpfer der Matrix versuchte einst die Menschheit von der Herrschaft der Maschinen zu befreien, aber er starb, er versprach wiederzukommen und die Matrix zu vernichten. Hier wird das Fundament für Neos Geschichte als (zweiter) Messias gelegt.

Osten. Nietzsche
Neo lernt zu kämpfen: Er befindet sich im Programm des „Nebukadnezar“-Rechners in einer virtuellen Welt, also kann er gehirnlich, richtiger: gedanklich, alles. Er ist nicht absolut an die Naturgesetze gebunden, er kann wie ein Schachspieler, der schneller als jeder Gegner spielt, Matrix besiegen. Die Übungs-Kampfszenen (mit Morpheus) zeigen asiatisches Denken (Einheit von Körper und Geist - dabei ist der Geist so stark, dass der Körper sein Instrument wird). Genau das muss Neo lernen. Im Kampf mit der Matrix kann er nur mit dem Geist siegen, der Körper ist virtuell.
Die Idee des Übermenschen wird hier berührt: Neo soll der Seiltänzer (in Nietzsches Also sprach Zarathustra) werden, der nicht abstürzt, der also den bisherigen Menschen überwindet. Morpheus ist der Meister, Neo der Schüler. Der Meister lehrt den Schüler, damit er das tut, was er selbst nicht kann: Die Welt retten. In diesem Meister-Schüler-Muster wird asiatisches Denken mit abendländisch-christlichem (Meister und Jünger) verbunden.

Das Orakel
Eine weitere mythologische Anleihe: Auf seinem Weg zur Rettung der Welt ist Neo nicht sicher, ob er der Auserwählte ist, er zweifelt. Er sucht Gewissheit, die er nicht von außen erlangen kann. Das Orakel, verkörpert durch eine Frau, Mutter der kleinen eigenwilligen Kinder in einer Wohnung der middle class, kann ihm natürlich nicht helfen, Gewissheit muss von innen kommen und nicht durch die Vorhersage der Zukunft.
Eine Vorhersage der Zukunft ist auch unmöglich angesichts des Zufalls, der nach den Erkenntnissen der Quantenmechanik nicht vorhersagbar ist. Eine berechenbare und also beschreibbare Kausalkette von Ereignissen ist unmöglich. Allerdings weissagt das Orakel Trinity, sie werde den Auserwählten lieben, und das wird Neo sein, den sie erst durch die Kraft ihrer Liebe endgültig zum Auserwählten macht. Und es weissagte schon Morpheus, dass er den Auserwählten findet. Das sieht nach einem Kausalnexus in den Grenzen zweiwertiger Logik aus - aber Kausalität als Sinnzusammenhang wird ironisiert.

Schrödingers Katze
Es ist bezeichnend, dass angesichts solcher Unmessbarkeit der Lebensprozesse eine Katze durch die Matrixwelt läuft, die doch da gar nichts zu suchen hat: Es ist Schrödingers Katze! „Déjà vu“, heißt es hier ausdrücklich im Film: Schon gesehen. Déjà-vu-Erlebnisse werden in der Psychologie als Zeichen des Nachlassens des Bewusstseins in der Gegenwart gedeutet, solche Erlebnisse häufen sich naturgemäß bei älteren Menschen, sie sind hier wahrscheinlich nur ein wortspielerischer Hinweis auf Schrödingers Katze. Auf der Handlungsebene des Films ist das Auftauchen der Katze als Déjà-vu-Erlebnis ein Anzeichen für die Anfälligkeit der Matrix, die kurz zuvor dank der Hinweise Ciphers Teile ihres Programms für die Wirklichkeitssimulation änderte, um die Widerstandsgruppe um Neo zu fangen. Die Gruppe hatte in dem Verrat Ciphers ebenfalls einen System-Fehler, den sie jedoch verkraftet.

Eine belletristische Verwandte dieser Katze ist die Cheshire-Katze in Lewis Carrolls großartigem Buch „Alice im Wunderland“. Die Katze kann sich mitten im Dialog auflösen, wegdimmen, sodass nur noch ein Bild ihres Grinsens übrigbleibt, sie wird so zur bloßen Form, zur Matrix ihrer selbst. Schrödinger kannte diese literarische Katze nicht, er erschuf seine quantenmechanische Katze, aber auch diese kommt nicht ohne Mythologie aus, sie ist ja ein wissenschaftlich gemeintes Bild oder Gleichnis, wie wohl alle Versprachlichung immer zugleich Mythologisierung des Bezeichneten ist. Vielleicht ist die mathematische Sprache eine abstrakte Mythologie oder die Matrix aller Mythologien. Übrigens, auch die schwarze und die weiße Katze, die in Lewis Carrolls „Wunderland“ vorkommen, sind Verwandte der quantenmechanischen Katze Schrödingers: Die weiße Katze ist gut, die schwarze ist böse, aber Gut und Böse werden zum Spiel des Zufalls...

show down
In Matrix ist das kein Spiel des Zufalls: Der Kampf zwischen Gut (Neo) und Böse (Matrix) ist ein moralischer Show-down nach dem Muster vieler Hollywood-Filme; dieses Muster ist auch dem Western immanent. Siegen soll das Gute. Und das Gute ist die alte Ordnung, nicht eine neue.
Matrix ist, so gesehen, ein technik- und utopiekritischer Film, der Technik, Wissenschaft und Philosophie als Mittel der Unterhaltung benutzt.

Die Ironie des Schicksals oder die List der Geschichte
Zurück zum Orakel. Das Orakel ist ein intelligenter Scherz. Als Neo die Wohnung des Orakels betritt, sieht er, wie eines der kleinen Kinder mit der Kraft seines Geistes einen Löffel verbiegt wie vor Jahrzehnten der israelische Entertainer Uri Geller. „Nicht der Löffel verbiegt sich, sondern du selbst!“, sagt das Kind. Dieser Satz spielt erneut mit der Ideenlehre Platons, mit dem Verhältnis von Körper und Geist oder hardware und software. Der Geist baut sich den Körper (Goethe, Faust). Das kindliche Spiel ist eine Vorausdeutung des Kampfes, in dem Neo die Matrix nur geistig besiegen kann.

Das Orakel, ein Witzbild der delphischen Sibylle, verzeiht Neo seine Tolpatschigkeit schon, bevor er ihre Vase beim Eintreten in die Orakel-Küche zerbricht. Das könnte eine Karikatur der Einsteinschen Relativitätstheorie sein: Alles ist relativ. Im absoluten Relativismus verliert sich jeder Sinnzusammenhang, alle Kausalität. Das Orakel sagt nämlich: „Hättest du sie auch zerbrochen, wenn ich nichts gesagt hätte?“
Das Orakel ist so profan, dass es sich selbst ironisiert, indem das Voraussagen der Zukunft auf die Wahrscheinlichkeit reduziert wird, mit der ein eiliger Ratsuchender eine fast schon absichtlich dumm plazierte Vase umrennt. Zukunft ist nicht voraussagbar, weil physikalische Prozesse und menschliche Handlungen nicht notwendig nach dem Maßstab einer zweiwertigen Logik funktionieren. Orakelsprüche sind offen, auslegbar, erst im deutenden Bezug auf Zukunft werdende Gegenwart werden sie erfüllt (sic!), werden sie wahr.
Das Orakel ist ein ironischer Hinweis auf Matrix, die nach der zweiwertigen Logik funktioniert. Damit wird Matrix vollständig starr und berechenbar und ist flexiblem Denken, das den Zufall zulässt und stetig neue Regeln und Handlungen erfindet, unterlegen. Die dynamische Dialektik der Evolution des Geistes ist dem dualen Mechanismus im software-hardware-System überlegen. Das Organische besiegt das Anorganische. Genau das will der Film zeigen: Der schöpferische Mensch mit beweglichen Ideen ist mehr als die feste Form der Matrix.

Retardierende Momente
Die Matrix erkennt das Eindringen von Neo und Morpheus.
Matrix-Jäger jagen die Eindringlinge. Es folgt der Zweikampf Morpheus mit Smith (der Name des Chef-Agenten der Matrix ist - im Gegensatz zu Morpheus - ein Allerweltsname). Morpheus verliert diesen Kampf und bereitet Neos Messias-Rolle vor.

Cipher verrät Neo - er ist eine Parallele zum Verräter Judas im Rahmen der Messias-Parodie. Auch sein Name ist ein sprechender Name: Cipher heißt im Englischen Null. Null spielt nicht nur auf die moralische Wertlosigkeit dieses Verräters an - Cipher will tatsächlich zur Null werden, zum Nichts, er will seinen Körper loswerden, ganz zur Matrix gehören um vollkommenen Genuss zu ‘er-leben’. Deswegen sagt er: „Die Matrix ist realer als diese Welt!“
Diese Aussage ist paradox. Die Matrix (Form) kommt ohne Wirklichkeit/Materie (Inhalt) nicht aus, software ist an hardware gebunden. Er will sagen, die Matrix ist das Reich der Ideen, aber die Materie, der Körper, ist das Gefängnis des Geistes. Cipher betont die Macht der Ideenwelt, die er in der Matrix zu finden glaubt. Er will lieber in der virtuellen Welt, in einer komfortablen Illusion, leben als in der rauhen Wirklichkeit. In der virtuellen Welt glaubt er das Paradies und die Unsterblichkeit (wiederzu)erlangen - auch die Unschuld?

Smith als Ideologe
„Evolution, Morpheus! Eure Zeit ist abgelaufen, die Zukunft gehört den Maschinen.“
Es geht also nicht ohne Körper. An die Stelle des menschlichen Körpers (Hülle, Matrix) tritt der Körper der Maschine, die einen dem Menschen überlegenen Geist besitzt. Smith will sagen, der Mensch war nur Übergangsstufe.
Aber der eigentlich schon überwunden geglaubte Mensch wehrt sich gegen seinen überlegenen Nachfolger. Matrix zeigt, wenn am Ende der Mensch siegt, dass die absolute Maschine in der Evolution des Geistes unterliegt.

Smith sagt weiter, der Mensch sei kein richtiges Säugetier, ihm fehle nämlich das natürliche Gleichgewicht, und daher habe er in die Computer-Welt ausweichen müssen. „Ich hasse diesen Planeten, diesen Zoo!“, sagt er, „erst wenn Zion [die Stadt der letzten Menschen im Erdinneren] zerstört ist, bin ich frei.“ Der Mensch sei ein Virus, eine Krankheit. Smith will damit die Fehlerhaftigkeit des Menschen bezeichnen, die Ausrottung des Menschen begründen.

Allerdings mit den falschen Begriffen. Denn Krankheit, als quantenmechanische Faktizität, ist Teil der Natur, wie auch der Mensch Teil der Natur und der Evolution ist. Das Denken von Smith hat menschliche Züge, es ist von Hass gegenüber der Vergangenheit und dem Menschen geprägt. Das passt nicht zur Matrix. Matrix dürfte nur logischen, nicht aber moralischen Gesetzen oder gar Gefühlen folgen. Matrix ist in diesem Film nicht konsequent definiert.
Aber das ist auch Absicht: Im Systemvergleich Mensch - Maschine wird die Starre zweiwertiger Logik mit dem Begriff des Hasses ‘mythologisiert’ oder verbildlicht, dagegen die Offenheit menschlichen Denkens mit der Liebe. Dem Hass ist zuzuordnen: Trennung, Destruktion, Selbstzerstörung - der Liebe: Verbindung, Konstruktion, Selbsttranszendierung. Im evolutionären Prozess hat das an Vielfalt und Liebe orientierte System die größeren Überlebens- und Entwicklungschancen.

Smith wird immer menschlicher (immer weniger Matrix), wenn er sagt: „Ich kann die Welt nicht riechen.“ Smith hasst den Rest von Körper, den er gedanklich nicht los wird. Hass steht hier für Systemkonsequenz: Perfektion und Absolutheit der virtuellen Welt, der Ideen. Er wünschte sich Matrix am liebsten als absolute soft ware, die ohne hard ware auskommt. Er wünscht sich ins Reich der reinen Ideen. Wird mit Smith das Virtuelle der romantischen Sehnsucht ironisiert, wie in jeder Form von Idealismus und Utopiestreben?

Zion
Morpheus hat den Schlüssel für „Zion“ - „das verheißene Land“. Die Mission der letzten Menschen ist ein erneuter Versuch ins verlorene Paradies zurückzukehren. Auch die Erschaffung der Maschinen war einst der Versuch des Menschen ins Paradies zurückzukehren, indem er es sich erbaute. Aber dieser Versuch war gescheitert, er führte schließlich zur katastrophalen Herrschaft der Maschine, die der Matrix zur Täuschung der Menschen ein neues ‘Design’ gab. Die Äcker, die der Mensch seit seiner Vertreibung aus dem Paradies bestellt, sind sein Paradies-Ersatz, seine Wirklichkeit. Mit der Maschine hat der Mensch seine Existenz pervertiert: Er wächst nun selber auf den Feldern als Futter der von ihm geschaffenen Maschinen.

Der Film zeigt, dass die Maschine das Paradies nicht ersetzen kann. Damit wird auch eine gewisse Utopie-Skepsis (wenn nicht sogar Utopiefeindlichkeit) formuliert. Bleib was du bist!, alles Weitere ist vermessen.

Der Mann, der gestorben war
Neo gelingt es immer besser sich so schnell zu bewegen wie Matrix. Der menschliche Geist, der Matrix einst erschuf, wird im Kampf um Sein oder Nichtsein fähiger und besser als die Maschine. Neo kämpft gegen Smith um die Herrschaft über Matrix. Aus dem anfänglichen Satz: „Ich bin nicht der Auserwählte“ wird die Gewissheit, dass er der Auserwählte ist, weil er es will. Er entwickelt ein Selbstbewusstsein, das im Bild der Auferstehung gipfelt, und mit der Kraft der Liebe richtet er die Welt der Matrix - eine Parodie des Jüngsten Gerichts.
Ein großes Happy-End deutet sich an: „Er ist es, der Auserwählte!“, erkennen Neos mitstreitende Jünger. Smith ist unsterblich, solange Matrix besteht. Die finale Phase des Kampfes beginnt mit der Kameraeinstellung aus dem Film „High Noon“: Wir sehen in Hüfthöhe, hinter Neo, also aus der Perspektive seiner Handwaffe, auf den Gegner im Duell: Smith. Gleichzeitig erfolgt der immer wieder eingeblendete Angriff der Jagd-Maschinen auf die „Nebukadnezar“. Am Schluss gelingt es der Besatzung den Angriff abzuwehren, indem die geschmeidigen krakenähnlichen Maschinen mit einem starken Elektroimpuls abgeschreckt werden - eine Parallele zum Film „20 000 Meielen unter dem Meer“ nach dem Roman von Jules Verne.
Im Endkampf gegen Smith und seine Agenten stirbt Neo vorübergehend, aber er wird durch die Liebe einer Frau wieder zum Leben erweckt: Trinity. Der Name bedeutet Dreieinigkeit (Gott Vater, Sohn und heiliger Geist = Morpheus, Neo und Trinity = Hoffnung, Glaube, Liebe). Trinity vollendet Neo in der Kraft des Glaubens (an die Mission Neos) durch die Liebe, sie ist die größte Stärke der Menschen und ihre entscheidende Überlegenheit: Maschinen haben im Unterschied zu den Menschen keinen transzendierenden Willen, keine Liebe - also keine Vision.

„Du bist nicht tot, weil ich dich liebe... Steh auf!“, sagt Trinity.

Natürlich ist die Logik des Satzes nicht ganz wörtlich zu nehmen. Es geht um das Wunder der Liebe, das dem Leben der Menschen den einzigen Sinn gibt (was auch die christliche Religion kündet): Die Kraft zu leben und eine Zukunft zu bauen, manchmal auch entschieden gegen die Logik. Logik ist keine hinreichende Lebensbedingung. Liebe ist Über-Logik, ist der Logik überlegen.

So wird der Film immer mehr zum Märchen. Trinity erweckt Neo durch ihre Liebe wieder zum Leben - Steh auf!, sagt sie ganz im Sinne der Wunderheilungen Jesu. Dazu passt D.H. Lawrence’ grandiose Auferstehungs-Erzählung „Der Mann, der gestorben war“: In der Liebe gelingt unsere Auferstehung, unser Leben. Neo besiegt Matrix mit der Kraft der Liebe:

„system failure“
lesen wir am Schluss: Der Mensch hat sich selbst überwunden, aber nicht im Sinne einer echten Vision, sondern nur zur Bewahrung seines derzeitigen evolutionären Zustands. „...es liegt an euch...“, so lautet Neos letzte Verheißung an alle Menschen. Nur wenn sie glauben und lieben wie er, können sie sich aus der Gefangenschaft ihres (Matrix-)Lebens befreien. Die Philosophie des Films besagt: Dieser Zustand ist schon viel zu heiß und sollte am besten eingefroren werden. Ein konservativer Film. Trotzdem unterhaltsam, eine intelligente Mixtur von Mythen und Ideen. Aber leider auch ein bisschen dumm, weil das Film-Märchen mit der Idee der Zurückgewinnung des Paradieses entweder in die theologische Nähe simpler und naiv-pietistischer (Zeugen Jehova) oder raffiniert-behavioristischer Heilslehren (Church of Scientology) gerät oder genau das ist, was Karl Marx der Religion vorwarf: Sie sei nur Trost und Rechtfertigungsgrund der herrschenden Klasse. Die Masse der Besitzlosen in der kapitalistischen Demokratie wird durch den Konsum solcher unkritischen Botschaften in der Illusion privat machbarer Lebensherrschaft bestärkt. In der Herrschaft der Maschinen und der Matrix wird der amerikanische und der europäische Zuschauer nicht etwa die Herrschaft des Kapitals erkennen, sondern allenfalls den Totaltarismus überwundener Feindbilder, also Faschismus und vor allem Kommunismus. Die Unmenschlichkeit dieser Systeme wird in der Schwarzweißmalerei undeutlich und in der Choreographie der Gewalt verniedlicht. So gesehen ist Matrix ein Plädoyer für Ersatzhandlungen.

per aspera ad astra
Das Sci-Fi-Märchen ist zu Ende. Der Film noch nicht. Neo, Morpheus, Trinity und ihre Freunde beherrschen zwar Matrix und damit die Simulation der Wirklichkeit, aber nun muss der Kampf zur Befreiung von der Herrschaft der Maschinen in der Wirklichkeit folgen. Neo und Morpheus müssen zurück in die rauhe Wirklichkeit, in der sie einen viel schwereren Kampf vor sich haben - eigenartig, dass die Maschinen nicht zu Gunsten von Matrix mit Erfolg eingreifen konnten. Aber dieser Umstand ermöglicht Matrix II.

Um reine Logik geht es hier gar nicht. Wie in aller Science-Fiction geht es immer um Selbstreflektion des Menschen in seiner Gegenwart. Mit dem poetischen Trick der Zukunftsvision werden die gegenwärtige Menschheitsverfassung und ihre denkbaren Folgen ohne irgendeine gesellschaftskritische Relevanz nur gespiegelt.

[Ulrich Bergmann 14.2.2001]






































„MATRIX“ - EINE POSTMODERNE COLLAGE
VON PHILOSOPHIE UND LITERATUR, FILMEN, MYTHEN UND MÄRCHEN.
Bezüge, Zitate, Konnotationen


Religion:
Altes Testament [Sintflut, Arche Noah, Zion]
Neues Testament [Neo-Messias, Cipher-Judas, Trinity, Weltgericht]
Griechische Mythologie [Morpheus, Orakel]
Babylon [Nebukadnezar]

Philosophie:
Platons Höhlengleichnis [Matrix]
Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra [Gleichnis vom Seiltänzer, der Übermensch]

Dichtung:
Werfel, Stern der Ungeborenen [Menschenfelder, Matrix-Aspekte, Erlöser-Idee]
Orwell, 1984 [Sollipsismus, Zimmer 101]
Lewis Caroll, Alice im Wunderland [das weiße Kaninchen, die Cheshire-Katze]
Goethe, Faust [Homunculus]
Dante, Göttliche Komödie [Neos Übergang in die Wirklichkeit: Inferno, Purgatorio]
D.H. Lawrence, Der Mann der gestorben war [Auferstehung durch Liebe - Neo und Trinity]

Filme:
Stanley Kubrick, 2001 - Odyssee im Weltraum [Kampf des Computers HAL=IBM gegen den Risikofaktor Mensch]
Jules Verne, 20 000 Meilen unter dem Meer [Abwehr der krakenähnlichen Jagd-Maschinen]
High Noon [Zweikampf Neo - Smith / Western-Duell]

Andere Bezüge:
Kung Fu [Neos Kampftraining und Kampf mit Smith]
Schrödingers Katze [verbunden mit Déjà-vu-Erlebnis]
Uri Geller [das Kind des Orakels verbiegt Löffel / Sollipsismus]
Caty (71)
(16.04.12)
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 loslosch meinte dazu am 16.04.12:
nb: Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KSČ) rehabilitierte Kafka nach dem Zweiten Weltkrieg nicht, sondern stufte ihn als dekadent ein. (aus wikipedia.)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Dein Kommentar passt ins Bild, Caty. So wie du hier für alles ein Töpfchen hast, ist für dich natürlich auch Kafka sehr klar und keineswegs rätselhaft. Mich würde interessieren, auf welchen Nenner du sein Werk bringst. Das müsste doch möglich sein, wenn er sehr klar ist.
Mich bestätigt der angesehene Kafka-Biograph Rainer Stach: „Kafkas Process ist ein Monstrum. Nichts ist hier normal, nichts ist einfach. Ob man sich mit der Entstehungsgeschichte, dem Manuskript, der Form, dem stofflichen Gehalt oder mit der Deutung des Romans beschäftigt: Der Befund bleibt stets derselbe: Finsternis wohin man blickt.“ (Kafka Die Jahre der Entscheidungen. Fischer, Frankfurt/Main 2004, ISBN 3-596-16187-8.)
Gruß
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Und dies sagt Kurt Kurt Tucholsky in einer Rezension von Kafkas "Prozess": (Den Hinweis verdanke ich Loslosh)
"Wir alle, die wir ein Buch zu lesen beginnen, wissen doch nach zwanzig oder dreißig Seiten, wohin wir den Dichter zu tun haben; was das ist; wie es läuft; obs ernst gemeint ist oder nicht; wohin man im groben so ein Buch zu rangieren hat. Hier weißt du gar nichts. Du tappst im Dunkel. Was ist das? Wer spricht?

Der Prozeß schwebt, aber es wird nicht gesagt, was für ein Prozeß. Der Mann ist offenbar eines Vergehens angeklagt, aber es wird nie gesagt, welches Vergehens. Die irdische Gerichtsbarkeit ist es nicht – also welche sonst? Eine, um Gottes willen, allegorische? Der Autor erzählt, erzählt mit unerschütterlicher Ruhe – bald merke ich, dass es nichts Allegorisches wird – deute nur, du deutest nie aus. Nein, ich deute nie aus."
Die Weltbühne, 09.03.1926, Nr. 10, S. 383.
Skandia (43)
(16.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Vielen Dank, Silke. Genau darin liegt auch für mich das Faszinosum Kafka begründet: Auf der einen Seite klare, nüchterne Einzelsätze und Absätze und auf der anderen der gesamte Kontext, der das vermeintlich Klare verunsichert. Ich räume gerne ein, dass man mit der Wahl einer Deutungsmethode ein relativ eindeutiges Bild sogar von einzelnen Werken gewinnen kann. Sobald man aber methodisch unterschiedliche Deutungen liest, befindet man sich zwischen Vexierspiegeln, die Unergründlichkeit reflektieren.
"Ich persönlich fühle mich von dieser „Unergründlichkeit“ auf meine eigene Entfremdung und gleichzeitig auf meine Freiheit im Denken zurückverwiesen." Dem stimme ich ohne Vorbehalt zu.
Herzliche Grüße
Ekki

 Georg Maria Wilke (16.04.12)
Lieber Ekki, hier sehe ich deutlich deinen pädagogischen Ansatz - jemand der mit Kafka viele Stunden verbracht hat - es wirft für mich die Frage nach dem Unbegreiflichen und Unaussprechbaren neu in meine eigene Kafka-Rezeption.
Vielen Dank dafür und liebe Grüße, Georg

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Lieber Georg,
vielen Dank! Einen pädagogischen Ansatz habe ich insoweit, als mir daran liegt, dass die unterschiedlichen Kafka-Interpretationen, egal, ob werkimmanent, marxistisch, theologisch, soziologisch, psychoanalytisch, biographisch ihre Grenzen erkennen und keinen Absolutheitsanspruch erheben.
Ich finde es großartig, dass Kafkas Dichtung einerseits die Suche nach Wahrheit stimuliert, sich andererseits aber der endgültigen Wahrheitsfindung verweigert.
Liebe Grüße
Ekki

 ViktorVanHynthersin (16.04.12)
Camus schrieb über Kafkas Texte: „Es ist das Schicksal und vielleicht auch die Größe dieses Werks, daß es alle Möglichkeiten darbietet und keine bestätigt.“ So gesehen liest und versteht jeder seinen persönlichen Kafka. Eine richtige oder falsche falsche Deutung gibt es demnach für mich nicht. Dein Sonett, lieber Ekkehart, gefällt mir nicht nur aus diesem Grund!
Herzlichst
Viktor

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Besten Dank! Ja, Viktor, für mich stimmen Camu's Aussage und deine, dass jeder seinen persönlichen Kafka habe. Etwas kleinlicher sehe ich das mit der richtigen oder falschen Deutung. Die Zugangsweise und der Deutungsansatz sind frei, aber wenn man sich gemessen an den eigenen Voraussetzungen in Widersprüche verwickelt, dann kann auch eine Deutung Kafka's falsch sein.
Aber vielleicht ist das für dich so klar, dass du es gar nicht erwähnen wolltest.
Herzlichst
Ekki

 loslosch meinte dazu am 16.04.12:
@viktor: wer gab zuerst den hinweis auf camus? ekki wirds wissen. eingangsdatum entscheidet!

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.04.12:
Tss,Tss, Lothar, ein alter Diplomat freut sich zweimal über eine gescheite Botschaft.-)

 Didi.Costaire (16.04.12)
Ich glaube, ich bin seinerzeit schon bei den Eingangssätzen hängengeblieben.
Keine Deutung wird manchmal mit Bedeutung gleichgesetzt...
Ein gutes Sonett, Ekki.
Liebe Grüße, Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Vielen Dank, Didi, wenn es nach der Anzahl der Deutungen ginge, wäre Kafka der bedeutendste Dichter der Moderne. Es werden immer wieder neue geschrieben, wobei es relativ wenig Wiederholungen gibt. Allein das scheint auf seine Unergründlichkeit hinzudeuten.
Liebe Grüße
Ekki

 AZU20 (16.04.12)
Zustimmung. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Danke, Armin
LG
Ekki

 Lluviagata (16.04.12)
Ich werde mich doch mal mit diesem Herrn etwas beschäftigen müssen, um wenigstens ein bisschen zu verstehen, worum es hier überhaupt geht. Auch die Bewertung kafkaesk hat schon immer große Furcht in mir ausgelöst - und ich wusste nie, warum.
Dein Sonett, Ekki, ist nichtsdestotrotz astrein! ;)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Als ich kafka mit 17 Jahren zum ersten Mal las, hat er Gänsehaut bei mir ausgelöst, Andrea. Er macht mich immer noch beklommen. Als Kafka seinen Freunden aus dem Prozess vorlas, sollen sie gelacht haben. Das gilt manchen als Beleg dafür, dass Kafka auch komisch geschrieben habe. Na ja, wenn man den Begriff Komik sehr weit fasst...... .
Vielen Dank und lG
Ekki
Adelheid (54)
(16.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Liebe Adelheid,
deine Andeutung, dass Kafka wahnsinnig gewesen sein könnte, wird mehrfach bestätigt, zum Beispiel so: „Kafka bedeutet Wahnsinn - Verzweiflung - Selbstzerfleischung. Kafka ist die Kunst die Depression, die Hoffnungslosigkeit dieser Welt und den Tod in harmonische und schaurig ironische Worte und Sätze zu packen. Kafka ist das Negative dieser Welt an sich. Kafka war krank. So krank wie ein Mensch nur sein konnte. Seelisch und psychisch ein Wrack.“ (Alexander Maischein)
Ich stimme dieser Aussage insoweit zu, als Kafka die Fähigkeit hatte, Erkenntnisse in ungewöhnliche Bilder, besser Chiffren, umzusetzen, wie es nur Wahnsinnige können. Wenn man aber unter Wahnsinn geistige Verwirrung versteht, dann war Kafka normal. Trotz seiner grauenhaften Obsessionen, durch die ein anderer den Verstand verloren hätte, ging er zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten einer nüchternen bürgerlichen Tätigkeit bei einer Versicherungsgesellschaft nach. Besonders auffällige Verhaltensweisen, die Wahnsinnigen nachgesagt werden, sind mir nicht bekannt.
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki

 Dieter Wal meinte dazu am 16.04.12:
Kafkas Augen nach Abbildungen üben auf mich eine Faszination aus. Ähnlich Hölderlins. Durch besondere Klarheit und Emotionalität. Große, seelenvolle Augen. Las bisher nur Kurzprosa Kafkas. Noch keine Romane. Für mich ist Kafka eine prophetische Gestalt. Sein Aphorismus über Christus deutet darauf hin, generell seine Metaphorik. Hermetische Prosa. Was schreiben Germanisten darüber? Der Klang und Satzbau seiner Sprache erscheint mir besonders schön. Kenne keinen sonst, der Deutsch vollendeter oder ästhetischer schrieb.
Adelheid (54) meinte dazu am 16.04.12:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Liebe Adelheid, lies mal Kafka, es ist gleichgültig, was, und du wirst feststellen, dass er ein ganz und gar uneitler Mensch gewesen ist. Es lag ihm völlig fern, wirken zu wollen, und deshalb hat er niemals unverständlich zum Selbstzweck geschrieben. Ich bin sehr sicher, dass du mir zustimmen wirst.
Liebe Grüße
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Lieber Dieter,
- Kafkas Augen haben es auch mir angetan.
- Ob Kafka eine prophetische Gestalt ist, weiß ich nicht. Wenn Polyvalenz ein Hauptkriterium prophetischer Sprache ist, ja; wenn nicht, dann ist er kein Prophet.
- hermetische Prosa: diesem Befund widerspricht meines Wissens kein bedeutender Kafka-Forscher
- Schönheit von Kafkas Sprache: Jetzt müssten wir "schön" definieren und würden wohl darüber vergessen, was unsere Ausgangsfrage war. Aber ich äußere mich gerne ganz spontan: Ich finde Kafkas Sprache auch sehr schön.
Ich danke dir für die freundliche Aufnahme meines Sonetts.

 Dieter Wal meinte dazu am 16.04.12:
Metaphorik ist für mich "prophetisch". Damit meine ich die Wirkung unseres Schreibens und der Metaphern auf unser eigenes Leben. Inwieweit Sprache generell andere Menschen bewegen kann, würde ich sehr weit gehen, was aber nicht mehr viel mit dem Gedanken über Prophetie und Literatur zu tun haben muss. Vielleicht im Sinn ethischer Begrifflichkeit. Glaube, sehr viele Formen sprachlicher Kommunikation wirken ordnend, klärend, informativ, bildend und insgesamt kulturell. Die Tiefe und der Facettenreichtum bei Kafka-Hermeneutik erinnern mich an Celan-Hermeneutik. Auch den wie N. Sachs würde ich persönlich mehr bei biblisch geprägter bzw. Tora-naher Literatur verorten. Nicht ob die Autoren Propheten waren (Das ist mir wurst), sondern dass ihre Sprache eine verwandte Qualität aufweist, macht solche Literatur für mich interessant.
(Antwort korrigiert am 17.04.2012)

 Dieter Wal meinte dazu am 17.04.12:


Und Christus?" Kafka neigte den Kopf. „Das ist ein lichterfüllter Abgrund. Man muss die Augen schließen, um nicht abzustürzen."

Adelheid (54) meinte dazu am 17.04.12:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.04.12:
@Dieter: Dein Verständnis von metaphorischer Sprache und Prophetie ist jetzt viel klarer geworden. Ich kann mich ihm anschließen.
Ich möchte dich aber bitten, auf die Frage von Adelheid nicht nur mit dem Aphorismus zu antworten. Wenn sie dich missverstanden hat, sag ihr doch bitte, worin.

 Dieter Wal meinte dazu am 17.04.12:
Liebe Adelheid,

stimme deiner Aussage des Dienens von Literatur im Namen der Musen oder wessen auch immer völlig zu. Nicht aber der Schlussfolgerung. In den Gedichten Alfried Lehners fand ich etwas Dienendes, so der Autor oft im Namen der Harmonie schrieb. Seine Prosa beschäftigt sich u. a. ausführlich mit den Musen (Sagt es niemand ...). Er schreibt aus einer höheren Ordnung. Zumindest empfinde ich so.

"Auch Literatur wird nur wirklich bewegen, wenn sie, sprachlich gesehen, für jedermann verständlich ist." Dass du diesen Satz ausgerechnet in einem Ordner über Kafka schriebst, klingt fast humoristisch. Der gilt selbst international als eine Art heiliger Gral der Schriftstellerei und trotzdem verstehen nicht viele Kafka wirklich. Für mich gehören diese Bücher neben die Bibel. Sehr spirituelle Prosa. Dass immer alle lit. Texte verstehen sollten, wäre eine Regel, die mich an Bild denken lässt. Bild würde ich nicht mit Lit. in Verbindung bringen, obwohl ausgerechnet Bild auch Lit.-Nobelpreisträgerausgaben verlegen lässt. Der Faustregel, immer so verständlich wie möglich zu schreiben, folge ich. Bei abgehobeneren Themen hilft diese Regel jedoch nicht wirklich. Warum sollte man nur Lit. für Bildzeitungsleser schreiben? Sollte man nicht alle möglichen Menschen falls möglich verschieden erreichen?

Danke für deine heutigen Limerickklicks und neuliche Kommentare. Hab mich sehr darüber gefreut.

Gruß
Dieter
(Antwort korrigiert am 17.04.2012)
Adelheid (54) meinte dazu am 18.04.12:
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 Dieter Wal meinte dazu am 18.04.12:
@ Adelheit: Rilkes "Sonette an Ohrpheus" las ich mit 18, aber verstand wenige. Das störte mich überhaupt nicht. Nur dass sie großartig geschrieben waren, war mir wichtig. Damals las ich alle Gedichte Rilkes. Hatte eine "Rilke-Phase", nahm seine Briefe an einen jungen Dichter als Evangelium. Mit 25 rückte der hochintelligente Ästhet in R. ins Blickfeld. Durch eine Freundin, die nicht nur R. las, sondern sich auch für R.s Freundin Lou Andreas-Salomé begeisterte, die mir damals wie ein Intellektuellen-Groupie vorkam, das unbedingt mit möglichst vielen Sex haben wollte. Ob das Vorurteil stimmt, weiß ich noch nicht. Muss erst ihren "Lebensrückblick" lesen. Liegt vor. Lektüre beginnt nicht nach dem Motto "Das musst du unbedingt lesen!", sondern nach "Meine Themen, meine Bücher". Daher las ich noch nicht Kafkas Romane und würde sie wohl nie lesen, hoffentlich. Labyrinthe, Institutionen, die einen zermahlen, hoffe nicht, dass das mal meine Themen werden. Nicht immer ist Lektüre bei mir narzistisch.Oft les ich Sachen, die mich nicht interessieren. Beruflich vor allem. Der Appetit kommt später. Rilkes Duineser Elegien versteh ich als phrophetische Texte. (Bei mir) ist das optimale prophetische Literatur.

Schreib für alle möglichen sozialen Schichten und (vielleicht irgendwann mal) Länder. Der Lyriker Kurt Mejstrik riet, da Lyrik in D. derzeit eh praktisch keinen Stellenwert hätte, dagegen Fußball oder Tennis, wäre es sinnvoll, nicht lit. Trends oder anderen hinterherzulaufen, sondern sein Ding durchzuziehen.
(Antwort korrigiert am 18.04.2012)
JowennaHolunder (59)
(16.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Liebe Wally,
Kafka und engstirnige Deutschlehrer ist ein besonders fatales Kapitel. Ich bin mir sicher, dass er außer dir noch vielen anderen Schülern - Aron Manfeld schreibt „Schülergenerationen“ - durch falsch verstandene Textarbeit verleidet wurde.
In einem guten Deutschunterricht wird andersherum Kafka als Beispiel dafür dienen können, dass dichterische Texte unterschiedliche Deutungen zulassen, ohne dass die Interpreten schwafeln.
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki
magenta (65)
(16.04.12)
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 loslosch meinte dazu am 16.04.12:
eine stecknadel gefunden. max brod, zitiert von tucholsky in einer rezension (process):

"Mit Kafka selbst konnte man natürlich nie über Deutungen sprechen, auch bei der größten Intimität nicht. Er selbst deutete so, dass die Deutungen neuer Deutungen bedürftig wären. So wie ja auch sein Prozeß nie recht entschieden werden kann."

eine gewisse verhaltensauffälligkeit, von einem engen freund absichtslos beschrieben.

jetzt kommt ekki nicht mehr nach im beantworten. sorry!

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Liebe Heidrun,
du hast mein Sonett in meinem Sinne verstanden. Mir hat Kafka auch immer viel bedeutet, als Schüler und später als Lehrer im Austausch mit Schülern, gerade deshalb, weil ich ihn immer für unergründlich gehalten habe und genau das für ein wichtiges Kriterium großer Dichtung halte.
Gewisse Verhaltensauffälligkeiten und psychische Störungen sind tatsächlich hilfreich, um einen besseren Zugang zu Kafkas Werk zu finden. Sein Verhältnis zu Frauen und die Autoritätsfixierung auf seinen Vater waren bekanntlich komplexbeladen. Besonders aufschlussreich ist, was Rainer Stach über Kafkas Verhältnis zu Frauen schreibt: „Rainer Stach hat […] die Gleichsetzung von „Weib“ und Natur als die zentrale Operation der Mythisierung der Frau während der vorletzten Jahrhundertwende herausgearbeitet. Gebärfunktion und sexueller Aspekt dominieren dabei alle anderen Rollen. Sie werden zu Archetypen des Weiblichen erhoben. Mutter und Hure sind die polaren Bilder dieser Archaisierung. Speziell um 1900 kommt es zur Verschränkung beider Bilder, einer Mischung des Mütterlichen und des Promiskuitiven, die nun das Unergründliche „Rätsel“ Frau ergibt. Kafkas „erotischer Mythos“, das legt Stachs Analyse offen, zeichnet sich hingegen dadurch aus, dass der Autor die zu seiner Zeit bestehenden, in den Kontext der Mythosrezeption der Jahrhundertwende gehörenden Frauenbilder bis zur letzten Konsequenz „entfaltet“ und sie als „Gegenmacht“ in den patriarchalischen Naturzusammenhang integriert.“ (CD-ROM über Kafka: Krieger, Zander & Partner GmbH, München, S. 264)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Fein, Lothar, dass du gerade dieses Zitat von Max Brod gefunden hast. Ich kannte es nicht. Es scheint mir aber typisch für Kafka zu sein, dass man mit ihm über Deutungen nicht reden konnte. Mein Eindruck ist, dass er seine Werke bewusst so gestaltet hat, dass sie sich gegen eine eindimensionale Deutung sperren.
Merci
Ekki
magenta (65) meinte dazu am 16.04.12:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Liebe Heidrun,
ich finde das Gedicht "Die Welt" hochinteressant.
Nehmen wir an, dass das Lyrich und Kafka sich nicht wesentlich unterscheiden und bedenken wir den Standort des LyrIchs "entfernt aller", "im Nirgends", dann kann man besser nachvollziehen, weshalb uns Kafkas Welt so rätselhaft erscheint.
Vielen Dank für diese Quelle.
baerin (53)
(16.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Ja, Chris, auf den ersten Blick möchte man Kafkas distanziert beschreibende Sprache nicht mit dem Wort "Gewalt" in Verbindung bringen. Versteht man es aber so, dass Kafkas Sprache ihre Leser in den Bann schlägt und magnetisch festhält, bis sie zu Ende gelesen haben, dann ist das Wort "Sprachgewalt" berechtigt.
"Der Bau ist ein gutes Beispiel für die vielfältigen Deutungsansätze, die Kafkas Werke erfahren haben. Bei Wikipedia habe ich dies dazu gefunden:
"Kafka hat 1915 unter dem Kriegseindruck einen für Publikum gestellten Schützengraben [6] mit seiner klaustrophobischen Enge besichtigt und eine Vorstellung vom Grabenkrieg erhalten [7]. Denkbar ist, dass er diese Eindrücke noch 8 Jahre später in der Schilderung des beklemmenden unterirdischen Labyrinths verarbeitet hat.

Übrigens hat sich Kafka bei seinen Tiergeschichten, insbesondere in der vorliegenden, stark an den Schilderungen aus Brehms Tierleben orientiert, hier diente als Vorlage der Dachs [8].

Kafka erklärte Dora Diamant halb im Scherz, dass sie der „Burgplatz“ seiner Geschichte sei. So liegt es nahe, den Bau auf Kafkas damalige Lebens- und Wohnverhältnisse zu beziehen. Es gibt die Deutung, dass das Geräusch gar nicht von außen sondern aus dem Protagonisten selbst kommt und so ein Hinweis auf Kafkas fortschreitende Lungentuberkulose sein könnte. Ein anderer biografischer Deutungsansatz stellt Beziehungen zwischen den Ausbildungen des Baues und Kafkas Schaffen her (Ähnliches siehe Elf Söhne). Danach entspräche der Burgplatz und das Eingangslabyrinth den Romanfragmenten Das Schloß und Der Verschollene.[9]. Man kann die Novelle aber auch als Versuch Kafkas lesen, die mit Autoren wie James Joyce oder Arthur Schnitzler einsetzende Darstellung des stream of consciousness im Sinne der "transparent minds"-Theorie Dorrit Cohns auf die Ebene eines im sorgenvollen Grübeln sich verlierenden Erzählens zu bringen.[10]"
Vielen Dank und liebe Grüße
Ekki
baerin (53) meinte dazu am 16.04.12:
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SigrunAl-Badri (52)
(16.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 16.04.12:
Liebe Sigrun,
von dem schlimmen Schicksal Hölderlins ist Kafka verschont geblieben. Im medizinischen Sinne war er nicht wahnsinnig. Möglicherweise hat er sich durch die Niederschrift seiner Obsessionen davor selbst bewahrt.
Deine Erinnerung zum Process trifft voll zu: Obwohl zahlreiche Passagen düster und verworren anmuten, steht dem eine glasklare Sprache gegenüber.
Ich danke dir sehr für deine freundliche Bewertung des Sonetts.
Liebe Grüße
Ekki

 irakulani meinte dazu am 16.04.12:
Kafka war wahrscheinlich, wie so manch anderer Dichter auch ein "Grenzgänger". dass er so nah am Wahn fühlte ud dachte ,macht(e) ihn so genial - dass er es ausdrücken und in eine Form bringen konnte, bewahrte ihn vielleicht vor Schlimmerem.

Nicht nur dein Sonett, lieber Ekki, auch die interessanten Kommentare sind in diesem Fall besonders bereichernd für mich. Vielen Dank dir, lieber Ekki, der du es mal wieder verstanden hast eine solche Disskussion hervorzurufen.

Herzliche Grüße
Ira

 Dieter Wal (16.04.12)
Mein Ekki-Lieblings-Gedicht. Erinnert entfernt an Haushofer-Sonette. Bringt schnörkellos komplexe Gedanken deutlich zum Ausdruck. Seine Sprache kommt mir musikalisch vor, ohne in der Eso- oder Philosophie-Kiste gewühlt zu haben. Der Germanist ist dem Sonett angenehmst anzumerken. Klare Sprache, klares Denken, Liebe zum Thema, erhebliche Kompetenz. Hach!

Ewiges Geheimnis, abgrundtief, Labyrinth, Rätselhaftigkeit, Wahrheitssucher, Weg, Ziel, Widerstand, Sinnsuche, Chiffren. Genau mein Ding.

Sehr schön: Sinnessuche.

Endlich sinnvollerweise 'kafkaesk' anklicken! :)
(Kommentar korrigiert am 16.04.2012)

 FRP meinte dazu am 16.04.12:
Im Grunde genommen ist doch alles ganz einfach: Niemand ist wirklich objektiv. Jeder sucht nur im Leben und in der Literatur
das, was zum einen seiner Seelensubstanz entspricht; und zum anderen, was ihn selbst in seiner Festgefahrenheit komplimentiert. Dem Im-Grunde-Wissenschaftler ist jeder träumerische Ansatz zuwider, dder Träumer wehrt sich gegen
die Klarheit. Es gibt weder Richtig noch Falsch, es gibt nur
eine Positionierung, die etwas über den aussagt, der sich positioniert. Rationaler Ansatz, irrationaler Ansatz. Dieses lobe ich MIR, jenes rede ich DEM nieder. Eigentlich alles öde, oder?

Insofern sage ich: Bessere Literatur als Kafka gibt es nicht, wird es nie geben. Wer ihn nicht versteht oder mag, ist zu nüchtern dazu, hat keinen Sinn für die Reize des Dunkelen und im Unklaren oszillierenden. Sollte Wirtschaftsberichte lesen. Sind wir den Buchhalter, dass wir alles erfassen wollen, statt Raum für das Ungesagte, Träumerische, Weglose und individuell Deutbare zu lassen? Ich jedenfalls nicht. Ich liebe Kafka.

Das Gedicht möchte ich nicht beurteilen, weil ich insofern nicht objektiv bin.
(Antwort korrigiert am 16.04.2012)
(Antwort korrigiert am 16.04.2012)

 Dieter Wal meinte dazu am 16.04.12:



Bessere Literatur als Kafka gibt es nicht, wird es nie geben. Wer ihn nicht versteht oder mag, ist zu nüchtern dazu, hat keinen Sinn für die Reize des Dunkelen und im Unklaren oszillierenden.


@ FRP: "Bessere deutsche Literatur als K. ..." . Unterschrieben. Besser, schlechter, wie bei Waschmittelwerbung. Bei mir steht Kafka unter deutscher Prosa auch an der Spitze der Hitparade. Kennst du die Schriften von Bruno Schulz? Unglaublich schöne Prosa. Schöne, ach, was schreib ich. Viel mehr als das.
(Antwort korrigiert am 16.04.2012)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.04.12:
@FRP: "Es gibt weder Richtig noch Falsch, es gibt nur
eine Positionierung, die etwas über den aussagt, der sich positioniert."
Fritz Rainer, ein ungewöhnlich kluger Aphorismus zur Literaturkritik. Er wäre es wert, extra unter Aphorismen veröffentlicht zu werden, weil er hier untergeht. Er trüge viel zu Versachlichung bei. Lass es dir bitte durch den Kopf gehen.
LG
Ekki
@ Dieter: Dein Kompliment hat mich sehr gefreut. Weiß ich doch, dass du selten lobst.
HiddenPuppet (20)
(17.04.12)
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 Dieter Wal meinte dazu am 17.04.12:
:)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.04.12:
Liebe Püppi, lieber Dieter, da sind wir sich einig. -)
Vielen Dank
Ekki
Steyk (61)
(17.04.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.04.12:
Lieber Stefan, den Musen sei Dank, dass dein Leben für die Musik und die gestaltete Literatur so und nicht anders verlaufen ist.
Falls du dich wirklich entschließen solltest, etwas von Kafka zu lesen, musst du dir Zeit freihalten, weil er dich nicht loslassen wird. Da bin ich mir sicher.
Liebe Grüße
Ekki

 franky (18.04.12)
Hi lieber Ekki,

Ich bin anfangs der Fünfziger erst Mals mit Kafka in Berührung gekommen, als Gottfried von Einem den Prozess vertont hat. Der Zwölftönler Einem hatte ein passables Werk abgeliefert.
Mich als atonalem Komponisten hatte das sehr beeindruckt.
(Das Werk erlebte seine Uraufführung am 17. August 1953 bei den Salzburger Festspielen.“ Quelle: Vikipedia.

Kafka mit KV-Instrumenten bearbeiten zu wollen, oder verständlich zu machen, ist fast unmöglich. Deinen Versuch finde ich jedoch sehr gelungen.

Wünsche einen schönen abend

L-G Franky

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 18.04.12:
Lieber Franky,
ich vermute, dass dein Hinweis nicht nur für mich eine große Bereicherung ist.
Vielen Dank und Liebe Grüße
Ekki
zara (26)
(27.12.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.12.12:
Was vereinfacht denn zu sehr und was ist sprachlich nicht recht gelungen, Zara?
LG
Ekki
zara (26) meinte dazu am 28.12.12:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.12.12:
Liebe Zara, mich hätte es an deiner Stelle nachdenklich gemacht, dass so viele User gerade dieses Gedicht begründet zu ihren Favoriten gewählt haben. Ich kann nicht alle Geschmäcker bedienen und werde es ertragen müssen, dass es dir nicht gefällt.
LG
Ekki
zara (26) meinte dazu am 28.12.12:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.12.12:
Ja, das stimmt. Es gilt aber für den Geschmack einzelner auch.
LG
Ekki
pahana (22) meinte dazu am 29.12.12:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.12.12:
Jau, nehme ich zur Kenntnis.
LG
Ekki
Schrybyr† (67)
(30.07.13)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 02.08.13:
Herzlichen Dank für diesen schönen Kommentar, Schrybyr. Ich muss es leider dabei bewenden lassen, da auf Reise.
Liebe Grüße
Ekki

 Sakura (10.11.13)
Wahrscheinlich weiß nur er selbst seine Werke zu deuten. Ich vermute auch, dass er sie nur für sich selbst geschrieben hat, erstens weil er sie ja, zumindest phasenweise, eben nicht für die Nachwelt aufbewahren wollte. Und zweitens, weil das Schreiben ja so seine "Nische" gewesen zu sein schien, in der er etwas für sich selbst machen konnte, was er wollte. In anderen Bereichen schien er ja sehr stark von seinem Vater und tw. auch den weiblichen Bezugspersonen, die er hatte, beeinflusst und kontrolliert worden zu sein.

Will man seine Werke also auch nur ansatzweise versuchen zu verstehen, sollte man den Anfang bei dem machen, was man über ihn weiß.
Ich persönlich denke, dass man, wenn man seine Werke entschlüsselt hat, nicht nur viel über ihn, sondern auch über sich selbst herausfinden kann und genau das ist ja eines der Grundthematiken, denke ich. Sich mit sich selbst auseinandersetzen, unabhängig von der Meinung anderer. Denn letztlich gehört jeder nur sich selbst und hat einen Einfluss auf sein eigenes Leben wie niemand sonst.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 10.11.13:
Merci. Ja, das siehst du richtig. Bei dem Versuch, Kafka zu interpretieren, kann man viel über sich selbst herausfinden, weil seine offenen Sprachgitter dem Interpreten viel Raum lassen, sich einzubringen.
Teiresias (60)
(01.08.15)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.08.15:
Wie schön, Hans, dass du die Erinnerung an dieses Sonett belebst. Es ist mir wichtig. Merci.

 TrekanBelluvitsh (24.10.15)
Naja, da steckt dann aber immer auch eine großes Bedürfnis dahinter, dass das Geheimnis ein Geheimnis bleibt. Oder wollen wir wirklich wissen, wer Jack the Ripper war? Das Geheimnis ist lyrisch, die Wahrheit prosaisch.

Dieses Sonett atmet die Begeisterung für das Geheimnis, ist damit lyrisch.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.10.15:
Merci, Trekan, mein Sonett nimmt nur auf das literarische Geheimnis von Kafkas Chiffren Bezug.
Das Geheimnis seines Lebens wird von Biografen zunehmend durchleuchtet.

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 26.10.15:
Nun, dass habe ich mir natürlich gedacht. Dennoch glaube ich in diesem Sonett eine gewisse Allgemeingültigkeit zu erkennen.
bbx (68)
(08.10.17)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.10.17:
Merci, Rudolf. Wenn es mir gelungen ist das Thema Geheimnis gut zu beschreiben, bin ich froh.
LG
Ekki
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