Zum Tag der Arbeit

Satire zum Thema Alltag

von  Lala

Zum Tag der Arbeit

"Wir bringen künftig Ökonomie, Soziales und Ökologie in Einklang" Rüdiger Grube (Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn).
Oder:
„Am Schalter bei mir kostet das Ticket zwei Euro mehr, als am Automaten.“ (Service- und Fahrkartenverkäuferin der deutschen Bahn im Bahnhof Spandau beim Kauf eines Berlin Brandenburg Tickets).

Es geht um Zwei Euro. Zugegeben keine große Sache. Geradezu albern, wenn die quantitative Größenordnung bedacht wird. Damit meine ich nicht, dass Geringfügigkeit(en) prinzipielles Ethos untergraben darf. Mitnichten. Die Elle, die einen gültigen aber nicht rechtmäßig erworbenen acht Cent Pfand Bon als falsch erachtet, gilt. Aber die richtig oder falsch oder besser die tut man oder tut man nicht Elle, ist nicht einklagbar.

Wer nicht weiß, was zu tun oder zu lassen ist, ist eh nie erzogen worden. Beziehungsweise ist in keiner Gesellschaft aufgewachsen, die trotz ihrer und nicht selten zur Rabulistik neigenden Advokaten, noch weiß was man tun muss oder besser tun sollte und was man besser lässt, um in der Öffentlichkeit nicht als Schmerlapp oder Widerling im Stile eines Ebenezer Scrooge zu gelten.

Die besten Beispiele hierfür sind die Warnungen vor den unseriösen Kaufleuten, den Neppern, Schleppern, Bauernfängern; den Türverkäufern mit dem Fuß in der Tür oder den Händlern mit den unaufgeforderten Kaufangeboten im elektronischen oder Hausbriefkasten. Aber die meisten dieser Händler arbeiten legal oder stets an der Grenze der Legalität, verweisen auf das vielbeschworene „Kleingedruckte“ oder nehmen Ordnungsstrafen in Kauf. Ihr Geschäft läuft weiter und den Statussymbolen, die sich auch mit solchen Produkten erwerben lassen, sieht man ihre Herkunft nicht an. Bundesverdienstkreuz ist Bundesverdienstkreuz. Verurteilt und gar in den Knast gehen sie nur selten. Allerhöchstens gibt es eine Insolvenz.

Wäre es anders, hätten wir kein Spam Problem, keine Butterfahrten, den AWD oder  unverständliche Finanzprodukte im Portfolio der deutschen Banken oder Finanzdienstleister und wir, die Bürger und Kunden, würden in der Mehrheit  wahrscheinlich auch nicht mehr glauben, dass es nur natürlich ist, dass wir etwas geschenkt,  mühelos gewinnen können und unsere eigene Gier für lau befriedigen können bzw. wir eben schlicht cleverer sind, als der Kaufmann, der uns in seiner Not seine Waren feilbieten muss.

„Das tut man nicht“ ist zum Glück nicht justiziabel. Denn wer kann von sich schon behaupten, dass er stets astrein, engelsgleich und nullkommanull korrupt – auch bei Angeboten oder Hilfsgesuchen bester Freunde - durch die Hölle unseres diesseitigen Lebens geschritten ist? Niemand und die, die das Gegenteil behaupten, haben spätestens jetzt  gelogen oder eine Unverschämtheit begangen.

Wer aber nun, wie Herr Grube, von seinem Unternehmen behauptet künftig Ökonomie, Soziales und Ökologie in Einklang bringen zu wollen, der will nicht an denen gemessen oder mit denen konkurrieren, denen es nur darum geht z. B. in Shenzhen den Profit zu maximieren, sondern vielmehr ein Produkt zu entwickeln, das von der Idee über die Entwicklung bis zum Verkauf am Markt fair produziert und gerechnet ist. Das tut man. Das ist richtig. Das ist unbedingt zu unterstützen. Das ist kein Fall für den Engel der zukünftigen Weihnacht.

Wer aber nun, wie Herr Grube, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zumutet und zwingt, Visasvis eines Automaten zu arbeiten, obendrein die Kunden noch unter Androhung von Strafen, darauf aufmerksam machen zu müssen, dass das selbe Produkt von Herrn Grube, von der Idee über die Entwicklung bis zum Verkauf, beim Verkäufer oder der Verkäuferin zwei Euro oder knapp sieben Prozent mehr kostet, als beim Fahrkartenautomaten. Der, der solches tut, arbeitet weder im Sinne von Ökonomie, Ökologie oder Sozialem.
Der denkt, handelt und arbeitet wie Ebenezer Scrooge. Und Ebenezer Scrooge ist ein Arschloch. Ein so degeneriertes Miststück, das er erst mehrfach von höheren Mächten mit der Nase in die Scheiße gestoßen werden muss, um sein Fehlverhalten, sein „Das tut man nicht!“ zu begreifen, ja es bedarf des größten aller Schnitter, um dieses widerliche Stück Scheiße daran zu erinnern, dass er Geld nicht fressen kann. Das Arschloch, das! Es ist im Stile dieses Wichts und geht noch über die Phantasie Dickens hinaus, dass die Angestellten seines monopolistischen Scrooge Konzerns die Kunden unter Androhung von Strafen darauf aufmerksam machen müssen, dass ihr Arbeitgeber, ihre Mutter, sie für überflüssige und überbezahlte Schmarotzer hält, die man besser gestern als morgen abgetrieben hätte.

  Es ist nicht nur zu befürchten, dass bei jedem verkauften Fahrschein am Automaten die Handys in der Hose derer vibrieren, die sich dieses menschenverachtende Mobbing ausgedacht haben.

Es ist zudem zu befürchten, dass schon die Idee für den widerlichen Aufpreis, für Erheiterung im Vorstand gesorgt hat, denn wenn man misanthropisch, habgierig und nur ein Hauch sadistisch ist, dann muss man sich aufgeilen können an dem Gedanken, dass eine z. B. fünfundvierzigjährige Mitarbeiterin stets auf den ihr gegenüber aufgestellten Automaten hinweisen muss, bei dem man es sieben Prozent günstiger als bei ihr bekommen könne, in Stoßzeiten auf die Frage : „Warum?“ „Weil ich es bin“ antworten muss und egal wie der Kunde sich entscheide, das Unternehmen am Ende doch gewinne. Das Schicksal Tiny Tims ist ein harmloser Scheißdreck dagegen. Übrigens die Deutsche Bahn hat 2011 einen Gewinn von 2.400.000.000 € gemacht. Das macht man nicht mit Butterfahrten, Heizdecken und Duschhauben. Hier geht‘s um mehr als nur Zwei Euro.

  Weder bezweifle ich, dass Herr Grube „A Christmas Carol“ von Dickens kennt, noch womöglich seinen Kindern oder Enkeln zur Weihnachtszeit bei Kerzenschein erzählt hat. Alles schön. Aber dennoch hoffe ich, dass alle Ebenezer Scrooge, die sich heutzutage weder vor der vergangenen, der heutigen oder der zukünftigen Weihnacht fürchten müssen,  zu jedem Ersten Mai ordentlich in den Arsch gefickt werden. Man verlange von mir nicht Fairness, Versöhnlich- oder Besinnlichkeit – davon werde ich - wie Scrooge – zu Lebzeiten ja doch nicht reich.

* Und auch keine immer wiederkehrende Exoten wie Dieter Glanz, Madoff, Starr oder Schneider.  Dass die Letztgenannten allesamt verurteilt worden sind,  liegt höchstwahrscheinlich an den Mitteln der Klientel, die sie um Millionen und Milliarden beschissen haben – ein gesteigertes öffentliches Interesse an einer Verurteilung möchte ich aber bei ihnen nicht konstatieren, auch wenn sie ihren Beschiss alles andere als robinhoodmäßig abgeführt haben.

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Kommentare zu diesem Text

Jack (33)
(29.04.12)
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 Lala meinte dazu am 29.04.12:
Nett ist auch Ikea mit den SB-Kassen. Drei Mitarbeiter schulen die Kundenschimpansen bis sie die selbstgemachte Kassenabfertigung drauf haben. Drei Mitarbeiter helfen dabei, während zwei Mitarbeiter an den Kassen alter Prägung zuschauen dürfen, wie lange es noch dauert bis ihr Job entsorgt ist.
Caty (71)
(29.04.12)
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 Lala antwortete darauf am 29.04.12:
Dass Du mich nicht verstehst, beruhigt mich ungemein. Nichtdestotrotz ärgert es mich, dass der Text Dich langweilte.

PS: Es geht nicht um den Beschiss an den Kunden, Caty. Mitnichten. Ich befürchte - wegen Deiner Antwort - dass Du am Automaten gekauft hättest. Was wiederum bestätigt, dass ich weiter befürchten muss, dass es den Deutschen - rinks wie lechts - nur um Dreck (Geld) geht. Das schrieb ich Dir schon mal ins Stammbuch.
(Antwort korrigiert am 29.04.2012)
AronManfeld (43)
(29.04.12)
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 Lala schrieb daraufhin am 08.05.12:
Nachdenken befördert das Korrigieren vorgefasster Meinungen. Danke Dir. Aber sage mir lieber was es mit den Salafisten auf sich hat? Die gibts doch mindestens schon seit hunderten von Jahren und itzo sind sie in der Tagesschau und im heute journal. Warum?

 loslosch (29.04.12)
der interessente text verdient straffung. mehr aus der seele der schalter-dame schreiben.

etwas mehr ironie auch. die angestellte könnte sagen: da sehen Sie mal, was dem Grube mein arbeitsplatz wert ist. bitte nicht nachrechnen, sonst ist mein arbeitsplatz wech ... lo

 Lala äußerte darauf am 08.05.12:
Hallo Lo,

der Text hakt, ich geb's jetzt erst zu und hoffe dass Zonen-Gabi nicht wieder herschaut. Aber ich war so sauer, dass ich das einfach raushauen musste. Während des Schreibens war ich zudem zunehmend fasziniert von der Erkenntnis, dass Scrooge und seine Verwandten Arschgeigen sind und man Scrooge ungeschoren eine Arschgeige nennen kann. Leider aber ein unausgegorener und nicht gereifter Text. Aber auf jeden Fall: authentisch.

Gruß vom Textautomaten

Lala
fdöobsah (54)
(01.05.12)
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 Lala ergänzte dazu am 08.05.12:
Sorry? Sorry! Nein, sorry, ist für'n Arsch. Also Dein "Sorry", das ist wie: "Eine verortete Entschuldigung" und ich ahne wie toll Du Verortungen findest ...

Aber Geifer? Geifer! Auf jeden Fall. Den Schuh muss ich mir bzw. dem Text anziehen. Beim Nächstenmal geht's dann hoffentlich - trotz Schaum vor'm Federkiel - nicht mehr diagonal, oder von zick auf zack, sondern nur noch geradeaus.
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