Und an Jesus Christus

Text zum Thema Glaube

von  Rudolf

In der vierten Zeile des Glaubensbekenntnisses beginnt ein neuer Abschnitt. Das Thema Gott ist erschöpft, wenn ich davon absehe, dass später im Text noch von einem „eingeborenen Sohn“ und „seiner Rechten“ die Rede ist. Gott ist abgehakt und es geht mit Jesus Christus weiter.

Nach dem göttlichen Teil des Glaubensbekenntnisses kommt der menschliche. Ausgehend vom „Ich“ am Anfang des Glaubensbekenntnisses führt der Text über Gott zu dem jüdischen Wanderprediger namens Jesus. Oft wird er als Erlöser bezeichnet. Ich möchte ihn lieber Auslöser nennen. Er löste aus, dass ich vom Gott der Juden erfuhr. Ein Mensch, ein wahrhaftiger Mensch, der fest in seinem Glauben stand. Er setzte eine beispiellose Erfolgsgeschichte in Gang, die auch nach 2.000 Jahren fortgeschrieben wird. Auf ihn berufen sich alle Christen. An Gott glauben auch Juden und Muslime, aber Christen brauchen Jesus, um ihren Glauben zu definieren. Er ist der Verkünder, er ist der Mensch zum Anfassen.

Dass er den ungewöhnlichen Namen Jesus trägt, sei ihm verziehen, erstens ist es 2.000 Jahre her, dass er am See Genezareth entlang wanderte, zweitens ist sein Name durch ihn selbst besetzt. Wer nennt sein Kind heute Adolf? Drittens stammt Jesus aus einem anderen Kulturkreis, wenn ein Inder Rajendran heißt, verwundert es mich nicht. Viertens in Spanien sieht die Welt schon anders aus, der Fußballer Jesús Navas wurde mit seiner Mannschaft 2010 Weltmeister und 2012 Europameister.

Also, mein Religionsauslöser heißt Jesus Christus. Christus ist kein Nachname, wie man vermuten mag, sondern ein Ehrentitel. Jesus der Gesalbte. Das Glaubensbekenntnis stellt fest: Christen glauben an Gott und an Jesus Christus.

Es gibt nur eine einzige winzige Tatsache, die stört. Wenn ich nach Belegen für die Existenz Jesu außerhalb christlicher Quellen suche, fehlen konkrete Informationen. Kein Grab, keine schriftlichen Zeugnisse, nichts außer vagen Spekulationen. Zu der damaligen Zeit waren viele Wanderprediger unterwegs. Ist es eine personifizierte Zeiterscheinung, um die sich heute eine ganze Glaubensindustrie rankt? Menschen waren zutiefst beseelt von ihm, gaben die Botschaft mündlich weiter, bis sie zu spät merkten, dass sie die Botschaft aufschreiben müssen. Heute haben wir das Elend. Vier Evangelien, unglaubwürdige Glaubensbekenntnisse und zerstrittene christliche Organisationen, die alle den wahren Glauben vertreten.

Ich glaube an Jesus Christus den Menschen. Für mich ist er der Zipfel von Gott, den ich am besten begreifen kann. Das, was ich von ihm weiß, reicht mir völlig zum Glauben. Selbst bei wissenschaftlich belegten, unverrückbaren Fakten erleben wir Überraschungen oder müssen immer wieder neu erklären, wie die gemessenen, beobachteten Phänomene mit den geglaubten zugrunde liegenden Theorien zusammenpassen. Sowenig es Gottesbeweise gibt, sowenig gibt es Jesusbeweise.

Es bleibt der Glaube.

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Kommentare zu diesem Text

KoKa (44)
(08.07.12)
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Caty (71)
(08.07.12)
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 Rudolf meinte dazu am 08.07.12:
Zitat aus der Wikipedia:

Literatur ist seit dem 19. Jahrhundert der Bereich aller mündlich (etwa durch Versformen und Rhythmus) oder schriftlich fixierten sprachlichen Zeugnisse.

Danke und beste Grüße
Rudolf

 Mondgold (08.07.12)
oh ja,
bin sehr gerne deinen spuren durch den tunnel gefolgt LG M*
Menschenkind (29)
(11.07.12)
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 tueichler (26.07.12)
@Caty:Ich finde den Hinweis auf die Kirchennachrichten nicht so toll. Religiöse Texte wie das Glaubensbekenntnis sind sowohl inhaltlich als auch in der Form in der Regel literarische Texte und keine Fach-/Verwaltungsspezifika wie etwa die Gottesdienstordnung.

Mir gefällt die Auseinandersetzung mit dem Text sehr gut, es ist emotional ohne Kitsch zu sein. Und Literatur sollte doch Emotionen erzeugen oder zumindest verstärken. Und nebenbei gibt es ja noch weitaus poetischere Texte in den religiösen Schriften jeglicher Culeur.

Um es gleich zu sagen, ich bin nicht der Kirchgänger und ergreife deshalb Partei. Ich finde einfach den Text sehr gelungen. Punkt!

 Dieter Wal (31.01.24, 10:29)
Der Name Jesus wird vom hebräischen Verb jascha abgeleitet, was helfen, retten bedeutet. Sinngemäß bedeutet also Jesus dem Programmnamen nach Helfer, Retter.

 Dieter Wal (31.01.24, 11:58)
Hierher gehört das Thema, ob man in Jesus den Messias (Christus) Israels sieht oder weniger. Für mich war er nach essenischer Vorstellung einer von zwei dualen, wobei einer ein leidender verborgener gewesen sei, wohingegen der andere ein Kriegermessias gewesen wäre, welcher gewaltsam eine Theokratie Israels errichtete. Der Bar-Kochba-Aufstand erzählt von einem solchen gescheiterten.
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