Champagner für sie. Doch du sagst nichts. Lediglich: ebay.

Text zum Thema Schmerz

von  ZornDerFinsternis

Du betrachtest den eigenen Zerfall. Seit Jahren. Ein Blick in den Spiegel und der Schmerz, den man dabei empfindet, reicht schon aus, um das Leben nicht lieben zu können. Sich selbst nicht zu lieben. Nach all diesen Tagen und Jahren, erkennt man das Bild gegenüber im Spiegel immer weniger wieder. Klar, es altert. Alles altert. Bis es stirbt. Aber da ist jeden Tag etwas anderes, das einen neuen, schmerzlichen Hass heraufbeschwört.

Man hat gekämpft. All die Jahre. Gegen den Brechreiz und all die Wut, für das Bild im Spiegel. Gegessen und gekotzt. Gehungert. Gekotzt. Gekotzt. Geraucht. Gekotzt. Dennoch wich der Hass kaum. Einen Augenblick lang vielleicht. Solange, bis man sich an die Menschen dort draußen, hinter dem Fenster, besinnte. Sich erinnerte, wie schön und makellos alles dort draußen war. Und es spielte nicht einmal eine Rolle, ob dick oder dünn, dumm oder schlau. Weil die Menschen dort draußen einen besonderen Zauber haben. Jeder einzelne. Einen unausprechlichen, wundersamen Zauber, der an mir unbeeindruckt und angeekelt vorüber ging.

Viele sagen, dass die Augen eines Menschen das schönste sind. Auch du hattest es gesagt. So vieles gesagt. Und doch haben diese schmerzverzerrten Augen die Dummheit besessen, sich blenden zu lassen. So viele Bilder und Gedanken an das „Hirn“ übermittelt. Bis zum Herzen. Alles war und ist dir hoffnungslos Untertan.

Nach allem. Obwohl du uns so einfach weggeworfen hast. Ohne glaubhafte Worte. Ohne jeglichen Sinn. Und dennoch, erwartest du, dass ich verstehe. Hinnehme. Akzeptiere. Weil das ja klar ist. Das Leben hat mir nie eine andere „Wahl“ gelassen. Keine Chance, noch viel zu kämpfen. Es hat einfach einen Strich gezogen. So wie du.

Und da war doch dieser Wunsch. Deiner. Und auch meiner. Ein Kind. Familie. Wir beide. Plus eins. Und nach all den Monaten und Tagen, ist es von heute auf morgen nichts mehr wert? Aber ich soll es verstehen. Dass dieses hoffnungsvolle Wunschkind, nie die Welt erblicken wird. Du gehst, obwohl du mich noch unverändert liebst.

Wie soll man da noch verstehen? Wie soll man noch weiter kämpfen, wenn egal, was man auch sagte, tat und gab zu einer größeren Zurückweisung von dir führt. Wie soll man da noch aufhören können zu weinen? Wie soll man da je wieder an etwas glauben?

Und ich weiß, dass wieder diese Worte kommen. Irgendetwas beschissenes mit „Ja, Kinder und die erste Liebe – das ist immer so. Naiv. Pech gehabt. Wird schon werden.“. Und nein, es war anderes. Es war alles ehrlich und aufrichtig. Weswegen diese neue Einsamkeit noch mehr schmerzt.

Ich kenne Herzen und Augen der Menschen. Über die Jahre, habe ich lernen müssen, welcher Mensch aufrichtig ist und welcher nicht. Und du warst es. Du warst der Mensch für mich allein. Der Mensch, der mir ein gemeinsames Leben und eine Familie versprochen hat. Voller Ehrlichkeit und Freude im Herzen.

Und es bleiben nur Splitter zurück. Farblose, verdreckte Seelenfragmente, die sich unter meinen Tränen und deinen abweisenden Worten auflösen. Nichts bleibt. Außer dem Schmerz. Ich würde mich an ihn klammern, in all meiner Hoffnungslosigkeit. Aber ich weiß, ich würde zu Grunde gehen. Aufgeben. Meiner Familie Jahre ihres Lebens stehlen. Ihnen noch mehr Schmerz geben und den letzten Hauch von Freude und vermeindlicher Unbeschwertheit von ihnen nehmen.

Ich habe gegeben. Vieles. Vielleicht sogar alles. Ja, ich denke, ich habe alles geopfert. Um vielleicht doch noch ein schönes Leben zu haben. Mit einem Mann, der mich liebt. Gerade, weil ich nicht perfekt bin. Gerade, weil ich kindisch bin. Mit eben diesem ersten Mann, der mehr als Schreie und Prügel für mich übrig hat. Dessen Verachtung mich nicht dazu zwingt, die Augen zu schließen und die Klinge durch mein Fleisch zu ziehen. Dessen Lächeln mein ganzes Herz erfüllt und den Horizont weit öffnet. Dessen Arme mich sicher fühlen lassen und mir Stärke geben, die ich selbst nicht immer aufbringen kann. Und genau das, hast du immer getan.

Und von jetzt auf gleich, gehen deine Schritte immer weiter von mir fort. Deine Worte formen nur noch Hassgebilde, die mich zerschlagen.
Und ich liebe dich noch immer. Unverändert. Dieses Gefühl ist einfach zu groß, um es fotgehen zu lassen. Du hast mich und mein Leben komplett gemacht. Mit einem Sinn und Freude ausgefüllt.

Ich ertrage den Schmerz nicht länger. Alles Kämpfen blieb sinnlos. Keine Träne erreichte dein Herz, das mich noch immer liebt. Welches aber mehr für eine Nutte empfindet. Eine, die nicht aufrichtig mit dem Herzen liebt. Eine, die nur in Geld, Schuhen, Schmuck, Saufen, Sex und egoistischen Zügen denkt. Und du glaubst, es verletzt mich nicht, wenn du zu ihr gehst, wo ich mein Leben für dich aufgegeben habe?

Und gerade weil ich aufrichtig und ehrlich geliebt habe, habe ich mich wieder zurückgestellt. Lies ich dich gehen. Meinen zukünftigen Mann, der meine Eltern sehr stolz gemacht hat. Den zukünftigen Familienvater. Ich lass dich gehen, weil dein Glück mir mehr bedeutet, als meines. Als ich.

Weil ich vor all den Jahren, als ich das erste Mal das Wesen im Spiegel erblickt habe, erkannt habe, dass es eine Lüge ist. Dass jeder Tag meines Lebens eine beschissene Lüge ist. Ich lächle. Ich hinterlasse keine tiefen Messerschnitte mehr auf meiner Haut. Ich kämpfe, jeden Tag, obwohl ich schon vor mehr als 10 Jahren aufgegeben habe. Zu leben. Zu lachen. Zu lieben.

Jeder Tag, war einsam und dunkel. Selbst neben Menschen die mich liebten, fühlte ich mich nicht lebendig. Nur unglaublich kalt und leer. Und in einem 2-Jahres-Takt, nahm das Leben etwas unbezahlbar Geliebtes aus meinem Leben. Menschen. Wie Großeltern, beste Freunde. Keine Wahl. Keine Chance. Einfach hinnehmen. Akzeptieren. Weiterleben. Aber es gibt diese Menschen, wie mich, die das nicht können. Die daran zu Grunde gehen. Die die Erinnerung und der Schmerz nicht loslassen.

Viele Tränen und viele Jahre. Durchzogen von tiefen Schnitten und Wunden. Selbst zugeführt, um das Schicksal besser ertragen zu können. Und nun... erwartet man von mir erneut, nichts zu fühlen. Nicht zu weinen. Stark zu bleiben. Zu verstehen. Meinen Segen zu geben.

Und solange auf der großen Wiese, hinter dem Wald, noch eine einzige Pusteblume für mich verbleibt. Solange du irgendwie glücklich werden kannst, werde ich versuchen den Schmerz zu tragen. Wie lange mir das noch gelingt, kann ich nicht sagen. Es tut nach all den Jahren immer noch weh, obwohl ich dachte, der Schmerz hätte mich längst empfindungslos gemacht.

Letzten Samstag. Da habe ich aufgehört. Zu hoffen. Zu beten. Irgendeine Art von „Stolz“ und „Würde“ an mir zu tragen. Es bleibt nichts. Nur diese Einsicht, dass ich wieder dazu verdammt bin, eine Lüge zu leben, um den Schmerz von den Menschen fern zu halten, die mich immer lieben. Egal, wie sehr man mich auch hassen muss. Egal, wie hässlich ich bin.

Diese Last zu tragen, ist schlimmer als langsam zu sterben.

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