Oh geliebte Einsamkeit

Erzählung zum Thema Wut

von  Seelensprache

Ich stehe ganz vorne an den krausen Klippen, die sich in das Wasser schlängeln. Kleine Wellen rollen aus dem Nichts herran und brechen. Es ist, als könne man sie ganz leicht sogar zurückschubbsen. Ein wenig weißer Wutschaum bleibt, doch er ist schnell vergangen. Ein paar Möwen ziehen ihre Kreise und schreien. Der Wind ist kräftig und zerreibt mir die Frisur. Ich schmecke das Salz auf meiner Zunge. Der algige Duft des Meeres hüpft aus den schaumigen Wogen empor. Fette weiße Schiffe verschmieren am Horizont. Davor ein paar Segler. Die Sonne wird nun nicht mehr lange bleiben. Ich friere ein wenig. Es ist nun fast schwarz. Hinter den Bergkämmen, dort hinten am nord-westlichen Horizont schwindet ein letzter Rest des cremefarbenen Himmels. Ich sitze nun auf einem dieser dicken, rauen Kalksteinfelsen, die sich weit bis in das Meer hineinfressen.
Es ist nett hier. Es ist so nett. Ja, doch, nett ist es auf jeden Fall. Ich nicke. Hier sitze ich nun. Ich nicke und schließe meine Augen. Ich atme tief ein. Dann  öffne ich meine Augen. Ich schaue.
Ein öliger Horizont schmiert Langeweile von Nord nach West. Ödnis fault an meinen Zehen. Ich sitze auf hartem Stein. Auch meine Füße sind schon eingeschlafen. Lichter, die aus Häusern auf das Wasser dringen, ertränken sich im Meer. Ein übler Gestank drückt sich in meinen Körper. Es duftet nach Verwesung. Kleine, arrogante Wellen säußeln an das Ufer und ich möchte ihnen in die Fresse schlagen. Ich bin voller Wut. Ich nehme etwas und zerschmettere es an einem Felsen. Ich zerreiße mir das Hemd und zerschreie die Nacht. Ich schlage mit Fäusten auf Gestein bis ich blutrot darauf liegen bleibe. Mir ist übel. Ich stemme mich hoch und krieche einen Weg nach Nirgendwo. Einsame Nächte lachen mir nach. Ich schreie "fickt euch doch selbst". Dann kotze ich und wisch mir die Reste aus dem Gesicht. Auf bald, auf bald, raune ich einem irgendwas entgegen.

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