Gemeinschaft der Heiligen

Text zum Thema Glaube

von  Rudolf

Ich glaube, die Gemeinschaft der Heiligen bildet die „wahre“ Kirche. Menschen, die vereint in Gottes Geist das Andenken an Jesus wach und den Glauben an ihn lebendig halten. Sie tragen seine Botschaft authentisch durch Zeit und Raum. Es ist die Gemeinschaft der Heiligen, ohne die das Christentum als eine von vielen Sekten in der Mottenkiste der Geschichte verschwunden wäre.

Ich kann nicht beurteilen, wie verlässlich der Heiligsprechungsprozess der Katholischen Kirche Heilige „produziert“. Was war an Karl dem Großen, dem Sachsenschlächter, heilig? In meiner heutigen Welt ist Heiligkeit nicht statisch. Das, was heilt, entscheidet der Kranke oder genauer seine Krankheit. Eine universale Medizin gibt es nicht. Das Attribut „heilig“ entzieht sich einem logisch geregelten Prozess. Einmal Aufschreiben und „dann ist das so“ funktioniert mit „heilig“ nicht. Ein Milieu, das für die eine Lebensform maßgeschneidert ist, lässt die andere untergehen. Die Heilige, die hochgebildet wegen ihres Wissensreichtums und eines überbordenden Wortschatzes Massen von ihrer Heiligkeit überzeugt, sie löst in einer anderen Kultur nur ein Achselzucken aus. Hochgebildete brauchen andere Heilige als Tiefgebildete. Die Heilige des Managers im 30. Stockwerk eines Frankfurter Hochhauses muss nicht die Heilige des Menschen mit Downsyndrom in der Behindertenwerkstatt nebenan sein.

Ich will nicht anzweifeln, dass es heilige Menschen inner- und außerhalb des Christentums gibt. Allein ich kann nicht erklären, woran sie zu erkennen sind. Die Methode der Katholischen Kirche hat zumindest den faden Beigeschmack, dass sie letztlich von Gott ablenkt. Mit Pauken und Trompeten, beim Fanfarenklang der Medien werden Heilige gemacht, aber wo sind die Millionen von stillen Heiligen, die in dieser lauten Welt keine Stimme haben? Sind sie weniger heilig, weil sie keinen Listeneintrag bekamen, weil sie nie in einer Chronik erwähnt wurden? Die „Zuständigkeitsbereiche“ der Schutzheiligen zeigen heidnische Züge. Sie erinnern an den antiken Glauben vor dem Christentum: Gott anstelle von Zeus, Maria anstelle von Hera, dazu ein mächtiger Sohn und zur Abrundung lösen die Apostel und Schutzpatrone den Reigen aus weiteren Gottheiten, Nymphen und Halbgöttern ab. Für die Menschen, die es brauchten oder brauchen, sind die Zuständigkeiten faschistisch klar geregelt. Hierarchien werden sichtbar. Der Heide, der Sünder, der Gläubige, der Kirchenangehörige, der professionelle Kirchendiener, der Selige, der Heilige, die Apostel, Maria, Jesus, Gott.

Und ich, woran erkenne ich Heilige? Meine Heiligen leuchten von innen. Sie strahlen heitere, gelassene Ruhe aus, unbezwingbare Kraft. Wie Wasser durchdringen sie alles, sie schmiegen sich weich in jede Form und können hart wie ein Brett sein. Wer beim Sprung ins Wasser schon einmal unglücklich aufgekommen ist, weiß, wovon ich rede.

Fragst Du eine Heilige, woher sie ihre Kraft nimmt, wird sie nie aufzählen, von welchen tollen Vorfahren sie abstammt, wie bewusst sie sich ernährt, welche Sportarten sie treibt, welch exzellente Ausbildung sie genossen hat und zu wem sie Beziehungen pflegt. Heilige werden nie auf eigene Stärke sondern immer auf die Kraft von Gott verweisen, die ihnen unerschöpflich zufließt.

An diese Gemeinschaft der Heiligen glaube ich.

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Kommentare zu diesem Text

Menschenkind (29)
(14.10.12)
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 Dieter Wal (31.01.24, 12:57)
Luther und seine Mitreformatoren schrieben dazu eine Menge. Es galt sich von ihrer Mutterkirche abzugrenzen. Er kam auf die vereinfacht formulierte Formel, dass getaufte Christen geheiligt seien.

Witzig finde ich die  Aufzählung der Heiligen im Orientalischen Templerorden.
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