Enttäuschungen und Asphalt (Ich falte die Hände und bete zu den Sternen, dass dein Herz unversehrt bleiben wird).

Text zum Thema Schmerz

von  ZornDerFinsternis

Kennst du das? Wenn dein Gesicht von den ganzen Tränen so kalt und taub ist. Wie in Zement gegossen. Es regt sich nichts. Es müsste kein einziges Gefühl in dir verblieben sein, weder schmerzlich noch irgendwie anderweitig. Dennoch. Es zerreißt die Überreste deines Herzens. Und du fragst dich, ob und wo deine Seele je Frieden finden wird. Wohin die Sterne verschwinden, wenn der Tag anbricht und die alten Wunden aufbricht. Wozu man einen Anker braucht, wenn einen doch niemand bei sich halten will.

Fensterbänke im 6. Stock und Whiskyflaschen sind schon etwas, das einem über das Depressive hinaus helfen kann. Und so sitze ich seit 34 Tagen jeden Tag hier oben. Entfliehe den kalten Wänden meiner 25m² Einsamkeit. Halte die Zeit und die Welt für einen Atemzug lang an. Schließe die Augen und atme Dunkelheit und Schmerzen in mich ein. So, als würde ich hoffen, dass sie mein Herz durch neu entfachten Hass darin hindern würden, zu zerbrechen.

So viele Worte und Versprechen. Stimmen, deren sanfter Klang immer den Anschein erweckte, keine Lügen aussprechen zu können. Am Ende stehen wir immer einsam da. Sind die einzigen Besucher am eigenen Grab.

Zigaretten und Whisky. Ja, vielleicht sollte ich noch einmal meine Sichtweise überdenken. Es könnte doch einen „Gott“ geben. Von liebend und gerecht werde ich nicht sprechen. Aber immerhin hat er es geschafft, dass Suizid schleichend möglich ist. Für Abschaum wie mich. Der nachts auf vermoosten Dächern sitzt und schmerzzerstört zu den Sternen aufblickt. Mit dem kindlich-dummen Hoffnungsschimmer, der eigentlich längst hätte verwelkt sein müssen.

Kennst du das? Wenn es so viele Schmerzen in dir gibt, die du nicht mehr ertragen kannst und du zum Messer greifst? Diese ganze Last in Wohlgefallen übergeht und in blutigen Tropfen von dir abfällt? Der Körper fühlt sich gereinigt und befreiter an. Beinahe so seelenlos-schwerelos. Unangebunden. Beinahe, würde ich es Freiheit nennen wollen.

Ich weiß es so gut, wie du. Ich bin die größte Enttäuschung, die dir in deinem Leben untergekommen ist. Die du 9 Monate lang in dir getragen und versucht hast zu lieben.

Diese Wege dort unten und dort über mir. Verführerisch und beängstigend zugleich. Das Ungewisse, das an jeder Ecke steht und wie ein Stricher nach dir gafft.

Ich setze mir und uns ein Zeichen. Ein Denkmal, unsichtbar, zwischen den Sternen und der Morgensonne. Welchen Pfad Licht und Dunkelheit gehen, und ob sie sich je begegnet sind, das ist egal.

Der Kopf ist so schwer geworden. Nicht vom Alkohol. Gedankenbeladen. Schmerzgeschwängertes Herz. Augen, die so viel haben sehen müssen und Lippen, die zum Schweigen verurteilt sind.

Der Wind haucht mir Vergänglichkeit und Auspuffmief entgegen. Vor den letzten zwölf Zigaretten hatte es begonnen zu regnen.

Kälte auf der Haut. Sie fühlt sich unglaublich gut an, wenn es in dir selbst zu kalt ist, um an etwas zu glauben.

Wo bist du, wenn meine Welt in sich zerbricht?

Fängst du mich auf?

Hältst du deine Arme so liebevoll weit geöffnet wie der Asphalt?

Ich pflanze die Sterne in dein Herz, die vor meinen Augen langsam fallend und stumm vor Schmerzen schreiend verglühten. Gieße sie nicht mit Whisky. Daraus erwächst nur Leid. Leid, dass ich nicht mehr tragen kann.

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Kommentare zu diesem Text


 ViktorVanHynthersin (18.10.12)
Du bist und bleibst die Meisterin dieses Genres! Gelungen, jeder Gedankengang - jedes Wort.
Herzliche Grüße
Viktor

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 18.10.12:
Awwwwwww :) Wow... das ist aber wirklich super lieb von dir, da werd' ich ganz rot ._. Dankeschön und ganz liebe Grüße in deinen Tag :))
AchterZwerg (65) antwortete darauf am 18.10.12:
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 ZornDerFinsternis schrieb daraufhin am 18.10.12:
Vielen Dank :) Wirklich sehr, sehr lieb :)
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