Antike Durchhalteparole

Erörterung zum Thema Provokation

von  loslosch

Increscunt animi, virescit vulnere virtus (Furius Antias, ~ 100 v. Chr.; aus seinen überlieferten Fragmenten und in der Wiedergabe durch Gellius, ~125 n. Chr. bis ~180 n. Chr.). Der Mut wächst, die Tapferkeit wird aufgefrischt durch die Wunde.

Diese Diktion vermittelt einen Vorgeschmack auf die Durchhalteparolen der beiden Weltkriege im vergangenen Jahrhundert. Eine Verwundung positiv zu verknüpfen mit Tapferkeit und Mut, das erinnert an das Bild vom angestochenen Stier. Der Appell an die Instinkte zeugt hier zwar von kriegerischer Einstellung, wirkt aber vor dem Hintergrund heutiger Propagandamethoden eher naiv, verzagt, halbherzig.

In den Weltkriegen Eins und Zwo "durften" die Frontsoldaten geprüfte Propaganda-Postkarten und Feldpost-Ansichtskarten an ihre Liebsten in der Heimat versenden. Ein besonders "gelungenes", weil perfides Motiv im I. Weltkrieg war das geteilte Bild, links der Aufmarsch von Tanks (später erst in Panzer umbenannt) und Geschützen, rechts die junge Mutter mit dem Baby auf dem Arm und mit winkender Hand, darunter das vierzeilige Gedichtlein in Jambenform, Metrik 4, 3, 4, 3:

Nimmt Gott mir alles, was ich hab,
ich geb es freudig hin.
Nur lass mir meine schönste Gab,
den freien deutschen Sinn.

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Kommentare zu diesem Text

AronManfeld (43)
(08.11.12)
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 loslosch meinte dazu am 08.11.12:
die feldpostkarte fand ich auf dem dachboden meines onkels, jg. 1906. der ältere bruder war im 1. weltkrieg gefallen. was machte ich mit dem geschenk? ich habs damals einem unbekannten wdr-redakteur geschenkt. er bedankte sich artig bei mir: es stehe jetzt gerahmt auf seinem schreibtisch. lo, der (damals) ahnungslose
Möwe (63)
(08.11.12)
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 loslosch antwortete darauf am 08.11.12:
einen kl. niveauunterschied gegen früher gibts wohl. heute könnte man solche texte, auch im glanzformat, nicht mehr an den mann bringen - trotz der soap-operas in den fernsehkanälen. oder sollte ich mich irren? lo

 Lluviagata (08.11.12)
Dazu fällt mir nur ein: Trocken Brot macht Wangen rot.

Liebe Grüße
Llu ♥

 loslosch schrieb daraufhin am 08.11.12:
keine quelle, liebe andrea, aber dafür fand ich: trockenbröter noch viel röter. - schon schießt das blut nach oben. lo

 Lluviagata äußerte darauf am 08.11.12:
Wusstest du, dass der Spruch

"Niemand soll hungern ohne zu frieren!"

eine Parodie auf den Propagandaspruch zur Winterbrandhilfe für Bedürftige im 3. Reich

"Niemand soll hungern, Keiner soll frieren." ist?

Gute Nacht! Ich geh ins warme Bett ...
Llu ♥

 loslosch ergänzte dazu am 08.11.12:
nee, kannte ich nicht. du denn diesen:

der ortsbauernführer kommt winters zu einer hausschlachtung, sammelt für die nazi-winterhilfe. er will was vom schwein abkriegen, appelliert an gefühle, an christliches usw. der bauer trocken: jesus christus ist für uns alle gestorben, dieses schwein nur für mich.

bonne nuit! na, morgen erst lesen.

 EkkehartMittelberg (08.11.12)
Der antike Spruch wirkt im Vergleich zu dem deutschen eher zurückhaltend, fast sachlich. Wenigstens bringt er nicht Gott ins Spiel.
Zu meiner Studienzeit (1966 abgeschlossen) stand an der Wand des Gymnasium Philippinum in Marburg immer noch gut lesbar der Spruch: "Dulce et decorum est pro patria mori." (Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben.)
(Kommentar korrigiert am 08.11.2012)

 loslosch meinte dazu am 08.11.12:
beim googeln reichen 5 buchstaben schon. ein schlimmer spruch. unser lateinlehrer flüchtete sich in die fachdebatte: dulc´ et decorum´st ... wäre eine variante.

die hatten alle nicht brecht gelesen. der wäre damals wegen krit. bemerkungen beinah von der penne geflogen. na, es tobte der weltkrieg ... merci, ekki t.. lo

 ViktorVanHynthersin (08.11.12)
Auch wenn der Vierzeiler nicht mehr aktuell ist, der Bezug zu Gott (wie er in den Ländern auch immer gerufen wird) ist bei den modernen Durchhalteparolen beibehalten worden. Es ist doch für den einfachen Soldaten schön zu wissen, dass die höchste Instanz die wir auf Erden kennen, mit meinem Handeln (und den Befehlen der Oberen) einverstanden ist (
Herzliche Grüße
Viktor

 loslosch meinte dazu am 08.11.12:
ja, daran dachte ich beim rekomm zu ilona heute. ein kleiner unterschied in der sprache. kaum einer im inhalt. ich möchte gern wissen, wie die postkarten im irak-iran-krieg 1980-1988 aussahen. oder starben die schneller, als die post erlaubte? danke, viktor lo

 ViktorVanHynthersin meinte dazu am 08.11.12:
Dank google )  http://www.zazzle.de/iran+irak+krieg+postkarten
Gestorben wurde allerdings, wie in allen Kriegen, nur auf ausdrücklichen Befehl )
Beste Grüße
Viktor

 loslosch meinte dazu am 08.11.12:
hehee, das sind pfiffige karten von künstlern und karikaturisten. interessant genug.
AchterZwerg (65)
(08.11.12)
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 loslosch meinte dazu am 08.11.12:
die cottbuser feuerwehrleute trugen die parole auf dem rücken:

"zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl und flink wie die Windhunde."

sie wussten nicht, dass das vom schreihals hitler war. ich dachte, der spruch sei älter, aus dem 1. weltkrieg. - ja, ein versuch des abstumpfens, heidrun. merci. lo
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