Übersetzungsbemühungen

Satire zum Thema Hilfe/ Hilflosigkeit

von  loslosch

Titus (39 n. Chr. bis 81 n. Chr.), römischer Kaiser von 79 bis 81, war, nach bewegtem Vorleben (Zerstörung Jerusalems unter seiner Ägide), ein angesehener Herrscher mit humanistischer Gesinnung und charakterlicher Milde. In einer Biografie berichtet Sueton (~70 bis ~135), eine Art antiker Vorläufer von Rolf Seelmann-Eggebert, wie der Regent sich über das allgemeine Desinteresse an Dichterlesungen mokierte. Witzig bis giftend schildert auch sein Zeitgenosse Plinius d. J. (~61 n. Chr. bis ~114 n. Chr.) den kaiserlichen Zorn: "... aut non venit aut, si venit, queritur se diem (quia non perdiderit) perdidisse."

Köstlich. Versuch einer zeitgemäßen Übersetzung: Er kommt (zu einer Dichterlesung) überhaupt nicht, oder wenn er doch kommt, beklagt er sich, er habe (in der Absicht, denselben nicht zu verlieren) einen Tag verloren.

Gerade so, als würde jemand zu einem Fußballspiel gehen, dessen Ausgang von der Wettmafia des Ante Šapina am grünen Tisch entschieden wurde. Wobei das Gefühl, einen Tag verloren zu haben, erst im Nachhinein aufkommen kann, wenn das Ballgeschiebe entlarvt ist.

Hier die Übersetzung eines ausgewiesenen Altphilologen (Werner Krenkel): "… kommt (zu einer Dichterlesung) … entweder überhaupt nicht, oder falls er doch kommt, beklagt er sich, er habe einen Tag, weil er ihn nicht vertan habe, vertan." Wer solchen (scheinbar) wortwörtlichen Stuss liest, hat keinen Tag, sondern, im günstigen Fall, eine Minute vertan.

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Kommentare zu diesem Text

AronManfeld (43)
(10.11.12)
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 loslosch meinte dazu am 10.11.12:
der herr professor, jg. 1926, heißt richtig werner krenkel. eine kapazität mit internat. renommée. vllt. hat er "nur" fehler dritter übernommen. hier seine vita:

 krenkel

lo

 EkkehartMittelberg (10.11.12)
Lothar, ich habe es immer für übertrieben gehalten, dass ein Dichter mit seinem Übersetzer stehen oder fallen könne. Nachdem ich deine Satire gelesen habe, ändere ich meine Meinung.

 loslosch antwortete darauf am 10.11.12:
darf ich daraus schließen, dass du keine einzige minute beim lesen vertan hast, ekki? ich werde gleich prüfen, obs im netz noch andere, korrekte übersetzungen gibt.

nein, keine anderen. die lat. quelle muss ich korrigieren. die story stammt zwar von sueton, aber die zitierte passage ist von plinius dem jüngeren. werde ich im text korrigieren. das ändert aber kein jota an meiner kritik. t.t. lo
Regentrude (53)
(10.11.12)
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 loslosch schrieb daraufhin am 10.11.12:
ob das der emeritus aus rostock liest?

ja, er hats versucht. der römer sagt: ultra posse nemo obligatur. frei, sehr frei übersetzt: man kann keinen ochsen melken. properz meint: in magnis et voluisse sat est. in großen dingen genügt es, es ehrlich gewollt zu haben. lieben dank, silke lolo
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