Igel und Häsin

Parabel zum Thema Arroganz

von  tulpenrot

Wochenlang, man könnte auch sagen monatelang hatte er gesammelt.
Er hatte sich alles zurechtgelegt, und wenn sie käme, wäre sie sicher beeindruckt. So dachte er jedenfalls. Er war ein imposanter Igel und sie war eine ausgesucht hübsche Häsin. Sie hatte solch weiches Fell, dass es ihn entzückte. Er dagegen stellte immer, wenn sie in der Nähe war, seine Stacheln auf, um auf sich aufmerksam zu machen. Doch sie wich ihm aus, und er wusste eigentlich nicht so sehr warum.

„Alle meine Besucher waren bisher begeistert von meiner Wohnhöhle“, verkündete er ihr.
Und in der Tat hatte er kostbare Schätze gesammelt: Eicheln und Moos, sogar kleine Glitzersteine und Libellenflügel.
„Man lobt mich auch wegen meiner Beredsamkeit und Klugheit“, ergänzte er. „Selbst Frau Eule ruft jeden zweiten Abend bei mir an.“
Doch die Häsin hörte nur unwillig hin, wenn er ihr von seinen Vorzügen vorschwärmte.
„Siehst du nicht, dass ich noch ein wunderbares Stachelfell habe?“ fragte er sie. „Und dazu ist es noch aufgeputzt mit Laub. Schließlich wohne ich ja unter einem Eichenbaum. Da gibt es Blätter noch und noch. Und ein weiches Laubnest habe ich auch gebaut. Für den Winter. Für dich und mich. Magst du denn nicht bei mir wohnen?“
Die Häsin wandte sich wortlos ab und hoppelte davon. Er schüttelte enttäuscht und ratlos den Kopf.
„Kannst du mir nicht sagen, was los ist?“ rief er hinter ihr her.
„Du stinkst!“ rief sie zurück.
„Ich?“
Er konnte es nicht glauben.
„Nee, nich direkt du, aber dad, waddu auf dinen Stacheln trägst, din Dekoration!“
„Mein Laub stinkt?“
„Jo, din Eichenlob stinkt.“
Und lachend schlug die Häsin noch einige Haken und ließ den verdatterten Igel einfach stehen – wie immer.


Anmerkung von tulpenrot:

Ich bitte umEntschuldigung - ich kann eigentlich kein Plattdütsch, aber ohne geht es nicht. Für eventuelle Korrektur bin ich dankbar.
Und falls jemand dann doch die Pointe verpassen sollte, hier eine kleine Hilfe:
"Eigenlob stinkt."

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Kommentare zu diesem Text


 princess (17.11.12)
Die häsische Eichenlaub-Lobvariante muss ich mir mal merken. Finde ich gut!
Liebe Grüße, Ira

 tulpenrot meinte dazu am 17.11.12:
Bin gespannt, was du daraus machst.... Lass es mich wissen. Bei uns in der Familie war das ein geflügeltes Wort: "Eichenlob stinkt" statt "Eigenlob stinkt"
LG
Angelika

 AZU20 (17.11.12)
Schön und mit Hintergrund. Gern gelesen. LG

 tulpenrot antwortete darauf am 17.11.12:
Vielen Dank, Armin. Und liebe Grüße
AchterZwerg (65)
(17.11.12)
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 tulpenrot schrieb daraufhin am 17.11.12:
Hallo Heidrun,
Eichenlaub - wie wunderbar vielseitig verwendbar!
'Vielen Dank für alles
LG
Angelika
Jonathan (59)
(17.11.12)
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 tulpenrot äußerte darauf am 17.11.12:
Der Prinz ist ein böser Wolf im richtigen Leben. Der will das Häslein nur fressen, wie er auch die Großmutter schon gefressen hat. So ist das im richtigen Leben.
Nur: darum geht es hier ja gar nciht, sondern um das !Eichenlohb". Vielelicht muss ichh dahs mahl sohhhh schreiheben, damihit man(n) es versteheht.
tot
P.S. Dankefein denn och fir det Gliggsje.
(Antwort korrigiert am 17.11.2012)
Jonathan (59) ergänzte dazu am 18.11.12:
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 tulpenrot meinte dazu am 18.11.12:
Wat fürn Lob? Geschimpfe über die blöden Weiba les ich bei dir. Sonst nix. Nur das Gliggsle (Klicks-chen oder hochdeutsch: Sternchen) rechts am Rand zeugt von einigermaßen Vernunft oder Lob - und dofir hob i mi b'dankt. Im Text aber geht es um "Eigenlob" und das Sprichwort "Eigenlob stinkt" , um Igelmänner, die das nicht kapieren. Aber nicht um undankbare Weiber.
Ich hätte das Ganze auch umdrehen können - ein Igelmädchen, das sich um einen schnuckeligen Hasen bemüht. Kann ich machen, wenn es dich beruhigt.
Jonathan (59) meinte dazu am 18.11.12:
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 tulpenrot meinte dazu am 18.11.12:
Nichts, was ich mache???? Da fühle ick mir ja direkt jeschmeichelt. Nu wisch dich mal dat Lob vonne Backe. Is ja wiederlich. So'n Schwienkrom.
trullippe
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