Ein Weihnachtsgeschichte: Klattke macht Karriere!"

Geschichte zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Klattke

Klattke zog durch die herbstliche Stadt. Ziellos und in Gedanken vertieft knurrte ihm langsam der Magen; deshalb steuerte er eine Imbissbude an. Die erste war ihm zu teuer, aber schließlich fand er einen Stand, der Bockwurst mit einer halben Scheibe Toast und einem Kaffee für 1,49 Euro als Menü anbot. Dieses bestellte er und wischte mit einer Serviette den Tisch ab, der vom Vorgängergast noch voller Krümel war. Auch lagen eine Zeitung und Werbeflyer herum, die Klattke nun zum Zeitvertreib durchwühlte. An einer Broschüre blieb er schließlich hängen. "Chancen und Karriere durch Zeitarbeit" "Na ja, dachte sich Klattke, von Zeitarbeet hab ick schon ville jehört, ankieken kann ick mir dit ja mal." So nahm er den Flyer mit nach Hause, telefonierte gleich mit der Firma und vereinbarte für einen der nächsten Tage einen Bewerbungstermin.

Klattke war am Vorstellungstag aufgeregt. Er zog Anzug und Krawatte an, packte seine Bewerbungsmappe ein und legte sich die Worte für das Gespräch zurecht. Das Büro der Zeitarbeitsfirma war hoch modern und mit neuester Technik ausgestattet. "Schnieke," dachte sich Klattke, "wenn ick hier wat bekomme, denn jeht et endlich uffwärts!

Die Begrüßung durch die Sekretärin am Empfang war kurz und bündig, hastig drückte sie Klattke einen Personalfragebogen in die Hand, bat ihn, diesen auszufüllen und sich dann wieder bei ihr zu melden. Er ging ihn gewissenhaft durch und gab den Bogen wieder am Empfang ab. Die Sekretärin bat um etwas Geduld und reichte Klattke noch ein ausführliches Prospekt über das Unternehmen.

Dieses las er während der Wartezeit und schließlich, nach ca. 30 Minuten erschien endlich der ersehnte Gesprächspartner. Genauer gesagt war es eine Partnerin, eine Dame mit einem strengen Haarzopf und eleganten Kostüm bat ihm zu sich ins Büro. Auch hier fiel die Begrüßung kurz aus, was Klattke frustriete, schließlich hatte er sich nette Worte zurechtgelegt, die die Dame mit ihrer Art schnell abwürgte. Er hatte noch nicht einmal ihren Namen verstanden und traute sich nun nicht nachzufragen, aber sie hatte ihm auch eine Visitenkarten von sich in die Hand gedrückt, mit der er nun nervös herumspielte.

Gerade wollte er anfangen von sich zu erzählen, da legte die Frau auch schon los. Sie überflog seinen Personalfragebogen und fing an, Fragen zu stellen. "Sie sind also Buchhalter, haben Sie noch andere Ausbildungen, ein Hochschulabschluss liegt ja wohl nicht vor?" Klattke hatte sich extra vorgenommen, Hochdeutsch zureden, war jetzt aber zu nervös und stammelte nur "Nee, hab ick nich, allet so, wie et da steht." " Wie sieht es mit zusätzlichen Fremdsprachen neben Englisch aus? Französisch, Spanisch?" " Nee, kann ick nich, Englisch kann ick och nur so lala, braucht man denn für nen Arbeetsplatz bei Ihnen?" "Nicht zwingend, doch unsere Auftraggeber legen auf hohe Qualifikationen Wert."

Schnell legte sie den Fragebogen beiseite. Klattke wollte ihr seine Bewerbungsmappe über den Tisch reichen, doch dazu kam er nicht. "Also" setzte die Dame an, "wir haben uns nun erst einmal kennengelernt, wir werden Sie in unsere Kartei aufnehmen und uns dann bei Bedarf bei Ihnen melden." "Dit war nun also meen Bewerbungsjespräch", dachte Klattke verwundert und frustriert bei sich und wollte sich gerade verabschieden, da musterte ihm seine Gesprächspartnerin noch einmal genau: "Sagen Sie", setzte sie an, "hätten sie Lust auf eine Promotionstätigkeit?" "Nee, also nich sowat, keene Vasicherungen und sowat, dit hab icke allet schon hinter mir" gab dieser gleich deutlich zurück.

"Nein, vollkommen seriös", gab die Frau zurück "für den Weihnachtsverkauf in Einkaufspassagen und Kaufhäusern suchen wir Weihnachtsmänner. Dafür wären Sie genau der richtige: kräftige Figur, gemütlich und kinderlieb. Kleidung wird natürlich gestellt. Bezahlung 5,20 Euro die Stunde, auf 400 Euro Basis, aber Sie bekommen ja ALG II, da kann man ja etwas dazu verdienen." Klattke dachte bei sich "Auweia, icke und Jören …" und wollte sich eigentlich Bedenkzeit ausbitten, aber die Dame hatte ihn nun voll im Griff. "Für die Tätigkeit passen Sie doch ganz ausgezeichnet und schließlich wäre dies auch ein erster Einstieg bei uns. Ich sage gleich der Sekretärin Bescheid, die macht den Vertrag fertig." Schnellen Schrittes verließ sie den Raum, Klattke zwei Schritte hinter ihr und wollte nun nicht mehr nein sagen. Am Empfang flüsterte sie etwas ihrer Kollegen zu und verschwand mit dem nächsten Bewerber in ihr Zimmer, ohne sich von Klattke zu verabschieden.

Die Empfangsdame bat wieder um Geduld und Klattke, das Warten vom Jobcenter ohnehin gewöhnt, wartete. Irgendwann erschien sie wieder und legte den Arbeitsvertrag als Promotionmitarbeiter vor. Klattke las ihn und unterschrieb. "Herzlich willkommen in unseren Unternehmen!" meinte die Sekretärin, drückte Klattke noch einen Werbebonbon in die Hand und kicherte "Für den Weihnachtsmann …"; dann eilte sie ans Telefon, das gerade klingelte.

Klattke trat ins Freie und sagte wieder zu sich selbst: "Soll doch noch eener ma sajen, des de inne heutije Zeit nüscht wirst, richtich Karriere kannste machen, sozusajen nen jlobale Karriere, den Weihnachtsmann jibs schließlich fast überall, man muss eben nur wollen!" Er steckte sich das Werbebonbon in den Mund. Es schmeckte nach saurem Apfel…

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Kommentare zu diesem Text


 princess (07.12.12)
Ich sehe schon: Die
Dame mit einem strengen Haarzopf und eleganten Kostüm
hat nicht wirklich ein Herz für Klattke. Da möchte ich fast in die Geschichte springen und an der einen oder anderen Ecke für andere Wendungen sorgen. Mhh.

Liebe Grüße, princess

 Klattke meinte dazu am 07.12.12:
Personal bei Zeitarbeitsfirmen ist meist weiblich. Die nächste Geschichte die hier erscheint, hat aber eine andere Wendung und Klattke gerät an einen Mann!

 Lluviagata (18.02.13)
Klattke, Klattke ... des würd doch nüscht! Meint man sagen zu müssen!

KLattke gefällt mir. ;)

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Llu ♥
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