Meine Muse

Skizze

von  cassi

Meine Muse ist Alles und Nichts. Manchmal erscheint sie in Gestalt eines kleinen Mädchens, erzählt von Feen, Elfen, Trollen. Von Wäldern und Seen, in denen sich der Mond spiegelt. Prinzessinen. Und von ihren Träumen. Ein anderes Mal erzählt mir am selben See ein junger Mann Geschichten, während wir am Ufer im Gras liegen, einander streichelnd, gelegentlich einen zarten Kuss tauschend. Märchen und Reales, Träume vom Leben, den Sternen und dem ganzen Rest und so. Er nimmt einen Grashalm und kitzelt damit meine Nase, nur, um zu verschwinden. Ein Reh steht am Waldrand und schaut mich mit großen Augen an, bevor es kurz aufspringt, eine 180°-Wende in der Luft vollführt und wild über die Wiesen jagend und springend davon rennt. Meine Muse ist vielgesichtig. Eine alte Frau füttert am See die Enten. Schön sieht sie aus, würdevoll. Bescheiden das kleine Glück des  Moments genießend. Lächelnd, ganz sanft. Sich selbst an der Schönheit der Enten, des Sees und des Augenblicks erfreuend. Als das Brot verfüttert war, stand sie auf und ging gemächlich einen kleinen Weg entlang und verschwand bald hinter einem kleinen Hügel, meine Muse. Plötzlich bewegte sich der Hügel, schwankte hin und her, her und hin. Es war, als würde die Erde in ihrem Innersten zerbersten. Dumpfes Grollen und der Boden zitterte arg. Langsam erhob sich ein Riese aus Jahrzehnte langem Schlaf und streckte seine starren Gliedmaßen in alle Richtungen. Polternd lacht mich meine Muse aus und fängt an zu tanzen, dass es nur so bebte. Dazu singt sie schrecklich schräg und laut Liebeslieder, mit einem rotglänzenden Gesicht mit ausgeprägter Knollennase, einem breiten Grinsen und einem Bart, der einem Jahrhunderte währenden Schlaf angemessen ist. Bis über den Bauchnabel reichte er und feuerrot war er. Ebenso das Haupthaar meiner Muse, das wild in alle Richtungen abstand. Einmal noch streckte sie mir ihre Zunge heraus, lachte mich an oder aus und war dann für heute erst einmal verschwunden. Das passte, denn noch hatte ich nichts gegessen. Mal sehen, wann sie mich wieder besuchen kommt, sie ist nämlich unberechenbar. Kommt und geht, wie es ihr grad passt. Gelegentlich weckt sie mich sogar, sieht mich mit großen Augen an und möchte spielen. Meistens kann ich dann nicht widerstehen und folge ihr in ihre Welt, folge den Wegen, die sie geht, höre ihren Geschichten zu. Und erfreue mich an ihr und versuche sie in all ihren Gesichtern zu erfassen. Ganz gelingt es mir nie, aber das würde sie wohl auch nicht zulassen. Dazu ist sie zu vorsichtig, zu schüchtern. Einmal noch denke ich kurz an sie, lege den Stift aus der Hand und gehe in Richtung Küche.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (24.07.13)
"Es war, als würde die Erde in ihrem Innersten zerbersten wollen."

Würd das letzte Wort löschen.

Fantasievolle Musenwende. Tatsächlich im Winter geschrieben? Würde besser zum Sommer passen.

 cassi meinte dazu am 26.07.13:
danke für kommentar und empfehlung, wenns auch etwas überraschend kommt. den text hab ich deiner empfehlung nach geändert.
und ja, der text entstand zeitnah zur veröffentlichung, im sommer war ich dummerweise anderweitig beschäftigt, wie dir vllt aufgefallen sein dürfte.schließlich hast du meine texte zum wahnsinn ja bereits kommentiert...
c.

 Dieter Wal antwortete darauf am 26.07.13:
Da du meines Wissens noch nicht in die Zukunft reist, um wieder in der Gegenwart futuristische Geschichten zu veröffentlichen, ging ich davon aus, ein im Winter veröffentlichter Sommer-Text könnte ev. im Sommer davor geschrieben worden sein. ;)

 cassi schrieb daraufhin am 27.07.13:
als ich wahnsinnig war, habe ich mir einen hübschen baum ausgesucht, unter den ich mich legen wollte, weil ich dachte, ich wäre bereits tot und bräuchte n hübsches plätzchen für die ewigkeit. kurze zeit vorher habe ich einen passanten im park nach dem jahr gefragt, denn ich war mir zu diesem zeitpunkt nicht sicher, ob ich mich im jahr 2013 oder dem jahr 2020 befinde.
trotzdem folgt deine vermutung natürlich einer gewissen logik.
und nein, ich denke, ich werde vorerst keine futuristischen geschichten aus der zukunft veröffentlichen.
c.

 Dieter Wal äußerte darauf am 27.07.13:
Science Fiction-Autoren hätten dich enorm beneidet, im Fall von Geschichten aus der Zukunft. Wohl eher aber bei 50 bis 200 Jahren aus der Zukunft. Zwei, drei Jahre sind ja nix! Ich bitt dich. LG

PS: Pass auf dich uff.
(Antwort korrigiert am 27.07.2013)

 cassi ergänzte dazu am 27.07.13:
das muss natürlich heißen: " ...ob ich mich im jahr 2012 oder dem jahr 2020 befinde..."! sorry!!

"Zwei, drei Jahre sind ja nix! Ich bitt dich."

wo auch immer du zwei jahre her hast, zwischen 2012 und 2020 liegen, m.e. mehr als zwei jahre, aber ich kann mich natürlich auch täuschen und hab einfach falsch gezählt...?!

ich bin nicht sicher, ob ich mich um meine erlebnisse beneiden würde! eine neue und innovative erfahrung waren sie allemal, aber beneiden darum? ich weiß nicht...
c.

 Dieter Wal meinte dazu am 27.07.13:
Falls du einmal die Psychiatriereportage des Jahrhunderts geschrieben haben solltest, was ich dir zutraue, bist zu zu beneiden. Sonst sind alle Krankheiten unangenehm und niemand würd sie einem gern abnehmen. Deshalb bedeutet mir persönlich der Wunsch viel, dass man gesund bleiben soll. Gesundheit ist wirklich keine Lappalie. Ich wünsche dir, dass du gesund bleibst.

 cassi meinte dazu am 28.07.13:
- "Science Fiction-Autoren hätten dich enorm beneidet, im Fall von Geschichten aus der Zukunft. " (sic)
- "Falls du einmal die Psychiatriereportage des Jahrhunderts geschrieben haben solltest, was ich dir zutraue, bist zu zu beneiden. " (sic)

-> Ich mag Neiddiskussionen aller Art nicht wirklich. Sie sind ein argumentatives Trauerspiel und sollen oftmals vom eigentlichen Thema ablenken. In diesem Falle wohl von meinem Text.

Ich finde es ausgesprochen übertrieben großartig, dass du mir "die Psychiatriereportage des Jahrhunderts" "zutraust", allerdings glaube ich, sollte ich jemals der Meinung sein, ich müsse Reportagen schreiben, hätte ich wohl einfach den Anspruch an mich, sie handwerklich korrekt zu schreiben. Nicht unbedingt im Stil von "Jahrhundertreportagen".


- "PS: Pass auf dich uff." (sic)
- "Ich wünsche dir, dass du gesund bleibst." (sic)

Wüsste ich nicht, ich könnte paranoid sein, ich würde doch glatt in Erwägung ziehen (ob der Betonung darauf deinerseits), dies könne ein feinsinnig-ironischer Hinweis sein, meine Gesundheit wäre in außergewöhnlicher Weise gefährdeter als üblich.
Gott sei Dank weiß ich das aber ja, so muss ich mir keine Sorgen machen, nicht wahr?


-> In "PS: Pass auf dich uff." (sic) müssten wohl beide "auf"s zu "uff"s werden, is aber nur jeratn...
c.


"Sie halten alle Schwerter, und sind geschickt, zu streiten. Ein jeglicher hat sein Schwert an seiner Hüfte um des Schreckens willen in der Nacht. "
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