Römischer Blick gen Himmel

Glosse zum Thema Natur

von  loslosch

Luna laborat (römischer Ausdruck für ein Naturphänomen). Der Mond verfinstert sich. Oder: Der Mond ist in Nöten. Oder: Der Mond laboriert an einer Schwäche.

Diese "Schwäche des Mondes" (defectio lunae) kann tatsächlich mehrere Stunden währen. Im Gegensatz dazu dauert eine totale Sonnenfinsternis (perfecta solis defectio) kaum mehr als 5 Minuten. Sol laborat? Die Sonne laboriert an einer Schwäche? Auf diesen Gedanken kam der Römer nicht. Es war ja nur ein kurzes Schwächeln von maximal sieben Minuten.

Das Ereignis einer Sonnenfinsternis ist, weltweit betrachtet, häufiger als das einer Mondfinsternis. Weil bei einer Mondfinsternis (Erde tritt zwischen Sonne und Mond) der halbe (verdunkelte) Erdball betroffen ist, tritt an einem festen Beobachtungspunkt dieses Ereignis häufiger und länger andauernd auf. Der antike Mensch war des Nachts vermutlich seltener unterwegs als der Mensch der elektrifizierten Moderne. Somit dürfte sich die Wahrnehmung beider Naturphänomene etwa die Waage gehalten haben. Lunae defectio. Solae defectio. Laborieren daran tat nur der Mond.


Anmerkung von loslosch:

Pythagoras (6.Jh. v. Chr.) soll aus dem gekrümmten Schatten einer partiellen Mondfinsternis auf die kugelförmige Gestalt der Erde geschlossen haben. Damals war das wissenschaftliche Denken noch nicht vernetzt, und so ging der kluge Gedanke für einige Jahrhunderte verloren.

Korrigierter Text: Pythagoras hatte - aus idealistischer Vorstellung: Alles strebt zum Zentrum, zur Erde - die Kugelgestalt im Visier. Erst Platon (5./4. Jh. v. Chr.) und sein Schüler Aristoteles, 4. Jh. v. Chr., gaben diesen gekrümmten Schatten als Begründung an.

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Kommentare zu diesem Text


 Bergmann (03.02.13)
Pythagoras' Deutung: Toll!
Übertragen auf Wissenschaft heute: Wissenschaftsfinsternis ... ?

 loslosch meinte dazu am 03.02.13:
präzisierung: pythagoras hatte - aus idealistischer vorstellung: alles strebt zum zentrum, zur erde - die kugelgestalt im visier. erst platon (5./4. jh.) und sein schüler aristoteles, 4. jh., gaben diese begründung an.

 Bergmann antwortete darauf am 03.02.13:
Gut, dann eben klassische Team-Arbeit. Immer noch: Toll!

 TrekanBelluvitsh (03.02.13)
Wie sehr der antike Mensch - hier: die Römer - die Dunkelheit mied, erkennt man auch daran, dass man in Rom den Tag in 12 Stunden unterteilte. Allerdings nur die helle Zeit des Tages, ganz gleich ob Sommer oder Winter. Für uns, die wir unser ganzes Sein nach der Uhr ausrichten, Wirtschaft, Gesellschaft, Staat, Krieg, Frieden, Philosophie, Literatur etc. eine geradezu irrige Vorstellung.

Ich werde mal nicht beurteilen, wer da recht hat...
(Kommentar korrigiert am 03.02.2013)

 loslosch schrieb daraufhin am 03.02.13:
tja, die sonnenuhr konnte halt nicht anders, selbst am tag nur die heiteren stunden messen.

 Dieter Wal (03.02.13)
Dein Antiken-Blitzlicht auf römische und griechische Astronomen anhand der Wendung "Luna laborat" gefällt mir.

Als mäßig begeistertem Fastfoodesser fehlen bei deinem ganzen Textkonzept der Reihe an sich Literaturverweise für Freunde vertiefender Beschäftigungen mit einem Thema.

Gäbe es sie, hätte ich längst eine positive Buchbesprechung deiner ersten Veröffentlichung außerhalb des Internets gebracht. So fehlt mir persönlich nicht zuletzt für andere Leser ein wesentlicher Standard, der deine lesenswerten Kurz-Essays von unterhaltsamem Infotainment auf eine höhere Stufe snackmäßig dargebotener Aporismen hebt, die bei dadurch erzeugtem Interesse erst zu Anstößen vertiefender Lektüre würden.

Pythagoras war ein geradezu erschreckend intelligentes Universalgenie, dessen heute noch initiatisch anmutende Gesamtschau alles Seienden immer wieder erstaunt und auch für moderne Menschen höchst relevant sein kann.
(Kommentar korrigiert am 03.02.2013)

 loslosch äußerte darauf am 03.02.13:
ich habe etwas nachjustiert. siehe kommi bergmann. für mich ist der größte griech. wissenschaftspionier xenophanes!  wiki. Popper hat ihn wiederentdeckt.

zur kugel-theorie:  einer der besten wiki-artikel. das büchlein hätte eine professionelle lektorierung nötig. zeitaufwendig, aber kein hoher intell. input nötig. passé. danke. lo

 EkkehartMittelberg (04.02.13)
"Weil bei einer Mondfinsternis (Erde tritt zwischen Sonne und Mond) der halbe (verdunkelte) Erdball betroffen ist, tritt an einem festen Beobachtungspunkt dieses Ereignis häufiger und länger andauernd auf. Der antike Mensch war des Nachts vermutlich seltener unterwegs als der Mensch der elektrifizierten Moderne."
Forschung ist meistens interessegeleitet. Wie man hier schön sieht, war sie es schon in der Antike.

 loslosch ergänzte dazu am 04.02.13:
verstehe ich nicht als kritik an der forschung. mich wundert, dass sie vor 2.500 jahren schon so genau beobachteten und folgerten, ekki. xenophanes hat muscheln etc. in anatolien als früheren meerespiegel gedeutet. wie der wohl verlacht wurde. t.t. lo
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