Ausgetrocknet

Sonett

von  IngeWrobel

Ausgetrocknet

inspiriert von Nightwish: „I want my tears back“

So viele Jahre habe ich gelitten.
Der Andern Elend ging mir nah wie meines.
Mein letzter Trost war immer: ’Ich bewein’ es,
nachdem ich mich erfolglos rumgestritten’.

Ja, ich war streitbar – und ich stand inmitten
der Kämpfer. Mein Gewissen war ein reines;
mein Ansporn und mein Ziel ein allgemeines
Verteidigungsgebot der guten Sitten.

Kein Brunnen spendet Wasser ohne Ende.
Die Quelle meiner Tränen ist versiegt.

Die einstmals blanken Schwerter meiner Worte
verrosten, stumpf geworden, an dem Orte,
der neben meiner Mitleidquelle liegt.
Bräucht’ ich sie selber ... ob ich sie wohl fände?

.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (05.02.13)
Mit dem in jeder Hinsicht gelungenen Gedicht werden sich viele identifizieren können.

 IngeWrobel meinte dazu am 05.02.13:
Danke für diese Einschätzung und die Sternchen!
Liebe Grüße von der Inge
Anne (56)
(13.07.13)
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 IngeWrobel antwortete darauf am 13.07.13:
Danke, liebe Anne, auch an dieser Stelle!
Liebe Grüße zurück
von der Inge

 Caracaira (09.09.13)
In jedem der letzten acht handwerklich ansprechenden, allerdings recht ähnlich gebauten Gedichte geht es um die Fehlannahme "kein Brunnen spendet Wasser ohne Ende".

In jedem ist genau der wunde Punkt, warum es nur abwechselnd eine Erhöhung in die Kunst und ein Mangelempfinden gibt.
Dabei kann ein jedes Gedicht - wie schön das mit dem Verzicht - da den Schritt tun hin zum Ruhn.
Denn unversiegbare Quelle existiert und dann ist nichts von ruiniert.
Es gebe sie, diese Trennungen, im Bewusstsein sich mal geliebt zu haben, schrieb ein Rezensent. Das genau glaube ich nicht.
(Kommentar korrigiert am 09.09.2013)

 IngeWrobel schrieb daraufhin am 09.09.13:
Hallo Caracaira,
ich freue mich über Dein bewusstes Lesen!
Zu Deinem letzten Satz: Im Moment der Trennung hat man dieses Bewusstsein wohl nicht, da ist nur Trauer und vielleicht sogar Verzweiflung. Aber im Rückblick nach Jahren gibt es wirklich die Erkenntnis, dass es eine gute Zeit war. Nicht bei jedem - aber ich kenne es selbst.
Zum Verständnis: Ich bin ohnehin der Überzeugung, dass JEDE Beziehung ein "Ablaufdatum" hat. Ein Bestand über Jahre ist nur möglich, wenn sich die Gefühle verändern dürfen, sozusagen "Luft haben".
Soviel zum Hintergrund meiner Texte.
Liebe Grüße
Inge

 Caracaira äußerte darauf am 09.09.13:
So schätze ich das auch ein.
Der praktische Rahmen der Beziehung verändert sich entweder mit den Menschen oder bricht wegen Überholt sein auseinander, sobald Lektionen gelernt sind.
Und zwar passt hierzu ganz hervorragend Pablo Picassos Zitat zum nicht Suchen, sondern Finden-Gedanke.
Offenheit und im Ungeborgenen sich geborgen fühlen.
Heute will ich über seine Äußerung ein Gedicht schreiben.

Zu deinem Gedanken eingangs - wieso sollte man das Bewusstsein denn nicht auch im Moment der Trennung haben?
Entweder jemand liebt oder nicht. Liebe bleibt bestehen, ist meine Überzeugung.
(Antwort korrigiert am 09.09.2013)
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